Der Architekt

Zell ist ein Architekt des Historismus und des Heimatstils.

Er studierte an der Technischen Universität in München, die 1868 als "Polytechnische Schule München" unter König Ludwig II. (1845-1886) gegründet wurde. Durch sein Studium, auch bei Friedrich von Thiersch (1852-1921), beherrschte er das historistische Stilrepertoire seiner Zeit. Darüber hinaus entdeckte er für sich die regionale Volkskunst als eine weitere Stilform des Historismus. Seine Dokumentation der heimischen Volkskunst in Skizzenbüchern und Fotografien wurde ihm zur Vorlage. In gelungener Weise entwickelte Zell seine Architektursprache im Heimatstil.

"Daß die in den letzten Jahrzehnten gepflegte Bauart nicht befriedigen kann und wir, bei aller Berücksichtigung unserer modernen Fortschritte im Bauwesen, doch auch unsere heimische Bauart berücksichtigen und uns an diese bei Neuanschaffungen halten müssen;" forderte Zell 1902 in einem Artikel der Süddeutschen Bauzeitung.

Der Heimatstil ist ein Anknüpfen an das ortsgebundene, ländliche und bürgerliche Bauen des 18. und 19. Jahrhunderts. Er ist ein traditionsgebundener, eher konservativer Architekturstil, der in München nach 1900 hoch im Kurs stand.

In seiner Architektur zeigt Zell die gelungene Verbindung regionaler und historistischer Bauformen, mit zeitgenössischen Entwicklungen und technischen Neuerungen. Er selbst schreibt in seinen Aufzeichnungen, ab 1908 war "[…] mein Architekturbüro eines der bestbeschäftigsten in München." Von 1901 bis 1912 unterrichtet Zell an der Königlichen Baugewerkschule München (ein Vorläufer der heutigen Fachhochschule) in "volkstümlicher Bauweise".

Zell entwarf Hotels, Gast- und Landhäuser, Schulen, Kirchen, Schlösser und Verwaltungsbauten vor allem im ländlichen Raum. Noch mit über 80 Jahren war er in München, Augsburg und Salzburg für den Wiederaufbau verantwortlich. Die Münchner Presse feierte Zell 1956, anlässlich seines 90. Geburtstages als „einen der vielseitigsten Architekten unserer Stadt“.

Michaela Thomas