KulturErben. Bäuerliche Gemeinschaftswälder im Steigerwald

Bei der bäuerlichen Bewirtschaftung von Gemeinschaftswäldern werden die Wälder in etwa gleich große oder gleich ertragreiche Parzellen eingeteilt. Rund 100 bäuerliche Gemeinschaftswälder im Steigerwald werden derart auf Basis eines breiten Spektrums an genossenschaftlichen Rechtsformen bewirtschaftet. Es gibt nicht die eine Form des Gemeinschaftswalds: Altrechtliche Waldkörperschaften, rechtsbelastete Kommunalwälder oder Waldgenossenschaften sind unterschiedliche Rechtskonstruktionen im Steigerwald.

Oft werden heute noch jahrhundertealte überlieferte Regelungen zur Verteilung des Holzes unter den etwa 2.600 Waldrechtlerinnen und Waldrechtlern angewandt. Die Holzvergaben oder Holzverlosungen in den einzelnen Gemeinschaftswäldern finden oft im Rahmen von feierlichen Zusammenkünften statt und bilden regional wichtige gesellschaftliche Ereignisse.

Die Entstehung der bäuerlichen Gemeinschaftswälder und die damit verbundene Stockausschlagwirtschaft kann im Steigerwald bereits für das Hoch- und Spätmittelalter angenommen werden. Bei den "Stockausschlagwäldern" werden verschiedene Laubbaumarten wie beispielsweise Eiche, Hainbuche, Linde oder Feldahorn im Abstand von einigen Jahrzehnten "auf den Stock gesetzt" (abgeschlagen). Dabei entsteht eine niedrige, buschartige Vegetation. Dieses Laubholz, das nach der Ernte wieder aus dem Stock ausschlägt, wird vor allem als Brennholz verwendet. Bleiben einzelne Bäume stehen, so entsteht ein Mittelwald. Dieser liefert das sogenannte Oberholz, das als Bauholz geeignet ist.

Im späten 17. und 18. Jahrhundert war die Stockausschlagwirtschaft in weiten Teilen Deutschlands üblich und verlor danach allmählich an Bedeutung. Hochwaldflächen lösten die Stockausschlagwälder ab, weil ihr Holz für Industrialisierung und Urbanisierung gebraucht wurde. Da die Stockausschlagwälder hauptsächlich zur Brennholzgewinnung genutzt werden, verloren sie zuletzt in den 1960er Jahren, zu Zeiten billigen Heizöls, ihren Wert. Dennoch wurde, wie im Steigerwald, auch an einer gemeinschaftlichen Wirtschaftsweise festgehalten. Neben solchen Wandlungsprozessen kommt es auch heute zu einer Vielzahl von Neuerungen in den Praktiken der Waldrechtlerinnen und Waldrechtler: Statt beispielsweise der Axt wird die Motorsäge eingesetzt, aus dem Kronenholz werden keine Reisigbündel mehr hergestellt (das "Wellenmachen"), sondern Hackschnitzel.

Zur Ausstellungseinheit: KulturErben erneuern

Weitere informationen: https://www.ike.bayern.de/verzeichnis/000224/index.html

>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Institut für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften"