KulturErben. Historisches Festspiel „Der Meistertrunk“ zu Rothenburg ob der Tauber

Das Festspiel "Der Meistertrunk" wird jährlich am Pfingstwochenende in Rothenburg ob der Tauber aufgeführt. Es erinnert an die Rettung der Stadt im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Das auf einer Sage des 18. Jahrhunderts beruhende Stück verbindet historische Quellen und Narrative der Frühen Neuzeit mit Erzählungen des 19. Jahrhunderts, die stark im Historismus verankert sind. Demnach eroberten 1631 katholische Truppen die auf protestantischer Seite stehende Stadt Rothenburg und in Folge sollen alle Ratsherren zum Tode verurteilt worden sein. Ihre Frauen flehten beim kaiserlichen General Johann T’Serclaes von Tilly (1559-1632) um Begnadigung, die er unter einer Bedingung gewähren wollte: Einer der Ratsherren musste Wein aus einem mehr als 3 Liter fassenden Gefäß in einem Zug austrinken. Dies gelang dem damaligen Altbürgermeister Georg Nusch, woraufhin der gesamte Rat der Stadt begnadigt wurde.

Die lokale Suche nach historischen Ereignissen, die für eine Stadt identitätsstiftend sein könnten, war im 19. Jahrhundert weit verbreitet. In Rothenburg ob der Tauber führte dies zur intensiven Auseinandersetzung mit dem aus dem Dreißigjährigen Krieg überlieferten Ereignis. 1881 gründete sich der Verein Historisches Festspiel "Der Meistertrunk". Noch im selben Jahr brachte er das vom Rothenburger Dichter und Glasermeister Adam Hörber (1827-1905) verfasste Stück zur Aufführung, das seitdem im Kaisersaal des Rathauses aufgeführt wird. Sein Text wird mit Beteiligung von Verein und Regie immer wieder überarbeitet und an eine zeitgemäße Sprache angepasst.

Auch heute ist der Festspielverein für die Aufführung verantwortlich. Über 100 Laiendarsteller bringen den "Meistertrunk" unter professioneller Regie auf die Bühne. Im Jahr 1999 übernahm der Theaterregisseur Reiyk Bergemann die Inszenierung des Festspiels, das er bis heute leitet. Begleitend hat sich ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Festumzügen, Markttreiben, Lagerleben und anderen Attraktionen in der Stadt entwickelt. Zahlreiche ehrenamtliche Helferinnen und Helfer unterstützen den Verein in Organisation und Durchführung der vielen Veranstaltungen.

Für den Erhalt und die Weitergabe des Historienspiels sorgen die etwa 1.000 Mitglieder des Festspielvereins. Wichtig ist hierfür die sehr aktive Jugendarbeit, zu der es gehört, dass Kinder ab dem 13. Lebensjahr im Spielmannszug oder in der Jungen Schar teilnehmen dürfen. Der Verein beschäftigt ganzjährig zwei Schneiderinnen und zwei Zeugmeister für Pflege und Erhalt der Ausstattungsstücke. Für die historische Rahmung des Festspiels unterhält der Verein ein Museum zur Stadtgeschichte Rothenburgs im Dreißigjährigen Krieg.

Zur Ausstellungseinheit: KulturErben lernen, können, vermitteln

Weitere Informationen in der Landesliste des immateriellen Kulturerbes Bayerns

>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Instituts für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften".