KulturErben. Innerstädtischer Erwerbsgartenbau in Bamberg

Der "innerstädtische Erwerbsgartenbau" bezieht sich auf die Gärtnerstadt in Bamberg mit den Menschen, die dort leben und arbeiten. Dazu gehören nicht nur deren Tätigkeiten im Gartenbau, sondern alle kulturellen Traditionen und gärtnerischen Bräuche samt ihren religiösen Dimensionen, zudem Kleidung und Sprache, Bau- und Wohnformen. Der urbane Erwerbsgartenbau entstand in der fruchtbaren Bamberger Regnitz-Aue im 14. Jahrhundert, nachdem es durch Pest und schlechte Wetterlagen zum Einbruch der landwirtschaftlichen Produktion gekommen war. Die Gärtner hatten jeweils eine Hofstelle mit angrenzenden Anbauflächen. Neben der lokalen und regionalen Vermarktung frischen Wurzel-, Kohl- und Blattgemüses spezialisierten sich die Bamberger Gärtner vom 15. bis 19. Jahrhundert auf die Produktion von Gemüsesaatgut und Süßholz (als Gewürz-, Genuss- und Heilpflanze), das sie europaweit exportierten.

Rationalisierte Anbau- und Erntetechniken sicherten den Gärtnerfamilien bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts ein gutes Auskommen. Seit den 1970er Jahren mussten zahlreiche Betriebe schließen und das Wissen über den Anbau und die Pflege des Süßholzes ging seitdem teilweise verloren. Seit 2010 versucht die Bamberger Süßholz-Gesellschaft im Rahmen des Modellprojekts "Urbaner Gartenbau" dieses zu revitalisieren. Sie pachtet brachliegende Flächen in der Bamberger Gärtnerstadt und bewirtschaftet sie mit ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern.

Die Bamberger Gärtnerinnen und Gärtner prägen das kulturelle Leben der Stadt: mit ihrer spezifischen Kleidung, ihren Vereinen, ihren Festen und Bräuchen. Die innerstädtischen Gartenbauflächen sind mit ihren freien Räumen "grüne Inseln" im immer dichter bebauten Stadtensemble. Die Flächen sind nur über die Innenhöfe der Gärtnerhäuser zugänglich, auf ihnen wird noch in traditioneller Weise gearbeitet. Kaufen kann man die Produkte auf dem Grünen Markt, in Hofläden und Lebensmittelgeschäften, auch Restaurants verwenden sie.

1979 eröffnete das Gärtner- und Häckermuseum, 2012 wurde es im Rahmen der Landesgartenschau neu konzipiert. Seitdem gibt es einen Gärtnerstadt-Rundweg und den Sortengarten mit etwa 30 teils seltenen Nutzpflanzenarten aus Bamberg und Umgebung. Zur Interessengemeinschaft Bamberger Gärtner gehören heute 19 Familien, die ihre Produkte unter der Marke "Gutes aus der Gärtnerstadt Bamberg" vermarkten. Domstadt, bürgerliche Inselstadt und Gartenstadt sind die drei Säulen des UNESCO-Welterbes in Bamberg – hier werden auch die Verschränkungen von materiellem und immateriellem Kulturerbe augenfällig.

Zur Ausstellungseinheit: KulturErben weiterdenken

Weitere Informationen: https://www.ike.bayern.de/verzeichnis/000233/index.html

>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Institut für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften"