KulturErben. Schafhaltung in Bayern

Die Schafhaltung, in Bayern vor allem in Franken und Schwaben, umfasst Formen der Tierhaltung, der Hut und von Handwerkstechniken. Egal ob in Hüte-, Wander- oder Koppel-Schäferei gehalten, sind Schafe als Lieferanten von Wolle, Milch und Fleisch wichtig. Durch die jahrhundertelang praktizierte Hüteschäferei entstanden einzigartige Kulturlandschaften (z.B. Wachholderheiden). Über die Schafhaltung sind Gedichte und Lieder, ebenso Brauch- und Festformen wie Schäferläufe, Hütewettbewerbe oder Schäfertänze überliefert, die teils seit dem 17. Jahrhundert bekannt sind.

Schafe als Nutztiere spielten für die Selbstversorgung der Menschen eine große Rolle. Mit ihnen lassen sich trockene, steile oder flachgründige Böden bewirtschaften. Mit der Wanderschäferei konnten ab dem späten Mittelalter einst aufgegebene Agrarflächen wieder genutzt werden und manche Wanderrouten führten über weite Gebiete. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verschlechterten sich die wirtschaftlichen Bedingungen für die Schafhaltung (z. B. Importe von billiger Wolle). Die Wanderschäferei ging zurück, die Koppelhaltung nahm zu.

Die heutigen Schäfervereinigungen haben ihre historischen Vorläufer in Schäferzünften seit dem 15. Jahrhundert. Der Landesverband Bayerischer Schafhalter e. V., gegründet 1918 als Selbsthilfeorganisation, hat heute rund 1.500 Mitglieder in 26 regionalen Vereinen. Sie dienen der gemeinsamen Zucht und Vermarktung von Wolle oder Fleisch, einzelne Betriebe arbeiten mit Direktvermarktung. Schafhalterinnen und Schafhalter kümmern sich um gefährdete Schafrassen. Die Schäferei trägt zudem zum Erhalt der Artenvielfalt, zum Hochwasser- und Klimaschutz bei: Kalkmagerrasen beheimaten sehr artenreiche Pflanzengesellschaften; Schafe verbreiten auf ihren Wanderungen Samen oder Insekten; ihre Tritte stabilisieren Deiche und das Verbeißen der Pflanzen beim Grasen sorgt für ein dichtes Wurzelsystem und eine geschlossene Grasnarbe; immergrüne Weiden können auch im Winter Kohlendioxid binden.

Trotz der hohen gesellschaftlichen und ökologischen Bedeutung der Schäferei ist die wirtschaftliche Situation ungünstig: Schäfer haben eine hohe Arbeitsbelastung und ein geringes Einkommen; ihre Waren stehen in Konkurrenz zu Importen und die intensive Landwirtschaft steht der extensiven Schafhaltung entgegen. Schafhaltung ist vielfach nur noch Nebenerwerb. Der Schafbestand in Bayern ist seit Jahren rückläufig und mit ihm nimmt auch das Wissen um Tierhaltung und Beweidung zur Landschaftspflege ab.

Zur Ausstellungseinheit: KulturErben erneuern

Weitere Informationen: https://www.ike.bayern.de/verzeichnis/000242/index.html

>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Institut für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften"