KulturErben. Spitzenklöppeln im Oberpfälzer Wald

Das Klöppeln ist eine seit dem 16. Jahrhundert in Italien, im Erzgebirge und in anderen Regionen Europas belegte textile Technik zur Herstellung von Spitzen, die sich als Hausindustrie etabliert hat. Die Klöppel sind kleine, meist aus Holz geformte Spulen, um die die zu verarbeitenden Fäden gewickelt sind. Die Klöppel sind an einem Klöppelkissen befestigt. Beim Klöppeln werden die Fäden durch Kreuzen und Drehen der Klöppel miteinander verflochten. Abhängig von der gewünschten Form der Spitze können bis zu 100 Klöppel verwendet werden. Die Muster für die Spitzen sind in Klöppelbriefen festgehalten, die auf den Klöppelkissen befestigt werden. Es kann aber auch ohne eine solche Vorlage frei geklöppelt werden.
Um den Menschen in der im 19. Jahrhundert industriefernen Mittelgebirgsregion des bayerischen Grenzlandes zu Böhmen eine Erwerbsmöglichkeit zu erschließen, gründete der Bayerische Staat gezielt Spitzenklöppelschulen in Stadlern (1901), Schönsee (1906) und Tiefenbach (1907). Sie existierten bis in die 1970er Jahre. Die Erzeugung handgefertigter Spitzen diente über Generationen hinweg primär dem Lebensunterhalt, mittlerweile hat sich das Klöppeln zu einer kreativen Freizeitbeschäftigung gewandelt.
Getragen wird die Praxis im Oberpfälzer Wald heute hauptsächlich durch sogenannte "Klöppelkreise", lose Zusammenschlüsse von meist Frauen und einigen Männern. Das zentrale Wissen um das Klöppeln und Erfahrungen mit ihm haben heute vor allem Expertinnen, meist ältere Frauen. Sie halten die Klöppelkreise am Leben, auch wenn es jüngere Personen gibt, die an Klöppelrunden teilnehmen. Während das Klöppeln in einigen Regionen (beispelsweise im Erzgebirge) immer noch in Schulen vermittelt wird, geschieht dies in der Oberpfalz heutzutage in kleinen Gemeinschaften. Der "Klöppelkreis Schönsee – Tiefenbach – Stadlern" veranstaltet für sie Lehrgänge, Workshops und Ausstellungen. Alle Aktivitäten tragen zur Bekanntheit des Klöppelns bei.
Neben den überlieferten Klöppelbriefen mit ihren traditionellen Mustern werden immer häufiger auch neue Motive in den Gruppen gemeinsam erarbeitet und verbreitet. Der Austausch erfolgt etwa bei den jährlich stattfindenden Klöppeltagen. Dabei kommt es auch zu größeren Projekten, bei denen in einzelnen Gruppen erarbeiteten Teile schließlich zu einem großen Ganzen zusammengefügt werden: Beim 2018 von der Europäischen Union geförderten, grenzüberschreitenden Projekt einer gemeinsam geklöppelten Blumenwiese war dies der Fall.
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Zur Ausstellungseinheit: KulturErben gemeinschaftlich gestalten
Weitere Informationen in der Landesliste des immateriellen Kulturerbes Bayerns
>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Instituts für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften".