KulturErben. Tradition der hochalpinen Alpwirtschaft im Allgäu

Älplerinnen und Älpler des Hindelanger Tales bewirtschaften jährlich etwa von Juni bis September die meist zwischen 1.000 und 2.000 Meter Höhe gelegenen Sommerweideflächen. Sie hüten Vieh, stellen Milcherzeugnisse her und bewirten mitunter auch Tagesgäste. Ihre Tätigkeit spiegelt ein umfassendes Wissen um die Natur wider. Neben der Nahrungsmittelproduktion, die im Zentrum der Wirtschaftsform steht, ist auch die Pflege der Naturlandschaft ein bedeutender Teil der Alpwirtschaft. So sorgt sie für den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und schützt durch das Verhindern von Bodenerosion vor Hochwasser- oder Lawinengefahren.

Diese Wirtschaftsform ist im Allgäu seit dem Hochmittelalter belegt und passte sich im Laufe der Zeit jeweils an die sich wandelnden wirtschaftlichen Anforderungen an. Im 16. und 17.Jahrhundert spielte etwa das Alpen von Pferden eine bedeutende Rolle. Lange war auch die Aufzucht von Jungvieh das zentrale Element der Alpwirtschaft, bis man im 19. Jahrhundert, als man "Emmentaler" Käse herzustellen begann, auf den Weiden vor allem Milchkühe hielt. Dies änderte sich Mitte des 20. Jahrhunderts und man konzentrierte sich wieder vermehrt auf Jungvieh. Im frühen 20. Jahrhundert waren mehr als 2.000 Personen in der Allgäuer Alpwirtschaft beschäftigt, 1980 nur noch etwa 470 und heute wieder etwa 1.000.

Im Bereich der Gemeinde Bad Hindelang, der alpflächenreichsten Kommune Deutschlands, arbeiten gegenwärtig über die Sommermonate etwa 70 Älperinnen und Älpler und zusätzliche Helfer auf 41 Alpen (davon 5 Sennalpen). Die Gemeindeverwaltung Bad Hindelang engagiert sich zusammen mit allen bäuerlichen Betrieben für den Erhalt der Alpwirtschaft und kann damit exemplarisch für andere Orte stehen.

Weil praktisch alle etwa 70 bäuerlichen Betriebe in der Gemeinde heute ökologische Landwirtschaft betreiben, in die auch das tradierte Wissen aus der Alpwirtschaft einfloss, ist es gelungen, den Rückgang der Alpwirtschaft aufzuhalten und sie erneut zu beleben. Im "Ökomodell Hindelang" verbinden sich wirtschaftliche Aspekte mit Naturschutz und Kulturlandschaftspflege, die wiederum Grundlage einer nachhaltigen Tourismuswirtschaft geworden sind. Im Herbst wird der Alpabtrieb mit der Viehscheid, zu der einzelne Tiere bekränzt und alle wieder ihren Besitzern übergeben werden, mit vielen Besucherinnen und Besuchern groß mit Musik, Festzelt und einem Markt gefeiert.

Zur Ausstellungseinheit: KulturErben. UNESCO-Übereinkommen und kulturelle Vielfalt

Weitere Informationen: https://www.ike.bayern.de/verzeichnis/000214/index.html

>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Institut für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften"