KulturErben. Nürnberger Epitaphienkultur

Als Nürnberger Epitaphienkultur bezeichnet man die Herstellung künstlerisch gestalteter, in Bronze und Messing gegossener Gedenktafeln für Verstorbene, die auf liegenden, die Gräber bedeckenden Sandsteinquadern angebracht sind. Auf den Nürnberger Friedhöfen "St. Johannis" und "St. Rochus" sind tausende dieser gegossenen und kunsthandwerklich bearbeiteten Epitaphien erhalten, die Angaben zu Biographien der Verstorbenen enthalten und Hauszeichen, Handwerksgeräte oder christliche Symbole zeigen.

Die Friedhöfe St. Johannis und St. Rochus sind nach einem Beschluss des Rates der Stadt Nürnberg im frühen 16. Jahrhundert vor den damaligen Stadttoren neu angelegt worden. Die protestantischen Grablegen sollten - um persönlichem Prunk entgegen zu wirken - einfach gestaltet sein und aus Bronze oder Messing bestehen. Die dennoch oft sehr aufwändige Gestaltung der metallenen Relieftafeln auf den liegenden Grabsteinen verleiht den Friedhöfen ihre spezifische Prägung. Heutige Formen der künstlerischen, stark individuellen Gestaltung von Epitaphien orientieren sich an historischen Arbeitstechniken und Vorbildern. Sie stehen in einer Entwicklungslinie mit Neuschöpfungen und Neuinterpretationen zu früheren Zeiten.

Die Nürnberger Epitaphienkultur wird von unterschiedlichen Gruppen getragen. Zum einen sind es Bürgerinnen und Bürger, die auf den beiden Friedhöfen Grabstellen erwerben und dafür dann Epitaphien in Auftrag geben. Zum anderen bemühen sich Vereine wie der "Bürgerverein St. Johannis-Schniegling-Wetzendorf" und der "Förderverein Nürnberger Epitaphienkunst und -kultur e.V." um die Instandhaltung der vorhandenen historischen Epitaphien. Außerdem sind Handwerkerinnen und Handwerker beteiligt, die durch ihre Arbeiten die Nürnberger Epitaphienkultur prägen. Die Friedhöfe besitzen für die Bürgerschaft der Stadt einen starken identitätsstiftenden Charakter.

Das Wissen und Können um die Herstellung der Epitaphien ist heute im Berufsbild der Metallbildnerin und des Metallbildners verankert, die schließlich zu Kunstgießern ausgebildet werden. Die Nürnberger Epitaphien-Stiftung fördert eine solche handwerkliche Ausbildung, weil Herstellung und Pflege von Epitaphien auch für die Zukunft gesichert werden sollen.

Zur Ausstellungseinheit: KulturErben lernen, können, vermitteln

Weitere Informationen: https://www.ike.bayern.de/verzeichnis/000238/index.html

>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Institut für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften"