Der Sternenmantel Heinrichs II.

Heute ist der Sternenmantel Heinrichs II. (DMB Inv.Nr. 3.3.0001) das wohl berühmteste der Bamberger Kaisergewänder, obwohl er in der Vormoderne nicht zu den Heinrichsreliquien gezählt und auch nicht bei den Heiltumsweisungen gezeigt wurde.

Erst seit dem 18. Jahrhundert gilt der Sternenmantel als Kaisermantel und wurde zur Legitimation des jungen Deutschen Kaiserreiches instrumentalisiert, das sich in die Tradition der mittelalterlichen Kaiser stellen wollte.

Die späte Verbindung zu Heinrich II. (973-1024, reg. 1014-1024) ist erstaunlich, weil zwei Inschriften zweifelsfrei auf den Kaiser zu beziehen sind: Die Saumumschrift preist ihn als Zierde Europas. Eine andere Inschrift bezeichnet den Mantel als kaiserliches Geschenk an Gott.

Vor dem 18. Jahrhundert wurde der Mantel stets als Mantel Ismaels bezeichnet, da eine weitere Inschrift Ismael als Auftraggeber nennt. Ismael von Bari (gest. 1020) führte in Süditalien den Aufstand gegen die Byzantiner an. Nach einer Niederlage 1018 bei Cannae wandte er sich hilfesuchend an Heinrich II. Die Beiden trafen 1020 an Ostern in Bamberg zusammen, wobei der Sternenmantel wohl als diplomatisches Geschenk diente.

Alle drei Inschriften sind mit demselben Material gearbeitet, doch gerade die Auftraggeberinschrift erfuhr vielfache Veränderungen. Aber auch die beiden anderen Inschriften mit Kaiserbezug haben unterschiedliche Autoren- und Adressatenperspektiven. Deshalb ist von tiefgreifenden Veränderungen bzw. großen Verlusten im Programm des Mantels auszugehen.

Vermutlich griff die spätmittelalterliche Übertragung der Goldstickereien auf ein neues Trägergewand 1452-1454 massiv in sein äußeres Erscheinungsbild ein, indem beispielsweise Sternbilder mithilfe von neu zusammengestellten Beischriften zu christlichen Darstellungen umgedeutet wurden.

Bei der Restaurierung 1950-1951 wurden Spuren früherer Reparaturen entfernt. Daher lassen sich die Widersprüche nicht mehr klären. Aber ein Erklärvideo zeigt, dass dennoch viele Erkenntnisse gewonnen werden können.

Tanja Kohwagner-Nikolai