Aus alt mach neu: Veränderungen der Neuzeit

Obwohl es keine schriftlichen Belege für eine Nutzung der Kaisergewänder im 18. und 19. Jahrhundert gibt, wurden sie 1722 im Auftrag von Subcustos Johann Graff (1682-1749) neu gefüttert. Die Gebrauchsspuren in diesen neuen Futtern bezeugen ihre Verwendung. Teilweise wurden die Gewänder auch repariert und mit verschiedenen Materialien geflickt.

1803 wurden sie dann im Kontext der Säkularisation nach München gebracht. Dort wurden sie zunächst in der Münze, später im Vorraum der Reichen Kapelle aufbewahrt, wo sie in einem verschlossenen Wandschrank über einander hingen und so der Aufmerksamkeit der Verantwortlichen entgingen.

Der Verlust der Kaisergewänder muss in Bamberg schmerzlich gewirkt haben. Aufgrund seiner persönlichen Kontakte zu König Maximilian II. (reg. 1848-1864) erwirkte der Bamberger Erzbischof Bonifaz Kaspar von Urban (1842-1858) die Rückgabe von fünf Mänteln. In diesem Kontext fertigte der für den Schatz der Reichen Kapelle zuständige Josef Angermayer im März 1851 eine ausführliche Beschreibung der Gewänder an und veranlasste ihre Abzeichnung. Diese Zeichnungen sind oft die einzige Quelle, die ihren Zustand im 19. Jahrhundert zeigt.

1950 wurden die Gewänder erneut nach München gebracht – diesmal zur Restaurierung, durchgeführt vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege unter Leitung von Sigrid Müller-Christensen (1904-1994) in den Werkstätten des Bayerischen Nationalmuseums. Diese Maßnahme gilt zwar als Beginn der modernen Textilrestaurierung, stand aber unter dem Zeichen einer völlig andersartigen Zielsetzung als heutige Restaurierungen. Die Bewahrung des überlieferten Zustandes war weder angestrebt noch Anspruch jener Zeit, sodass teilweise nicht einmal Fotos vom Vorzustand gemacht wurden. In erster Linie galt es, die durch die Jahrhunderte immer wieder veränderten und „reparierten“ Gewänder hübsch zu machen, um dem Anspruch „kaiserlicher Textilien“ gerecht zu werden. Dazu wurde zum Teil massiv in die Gewänder eingegriffen.

Tanja Kohwagner-Nikolai