Der weiße Kunigundenmantel. Zwischen Reliquienkult und Reparatur: das Spätmittelalter

Die Kaiserelemente und Schriftriegel waren im Verlauf des Mittelalters aus ihrem rechteckigen Ursprungstextil ausgeschnitten und auf ein rotes Gewand übertragen worden. Nicht ganz klar ist, ob die Stickereien des 11. Jahrhunderts bereits mit dem seit 1380 erwähnten roten Kunigundenmantel verbunden waren.

Eventuell könnte damit auch das rote Rationale gemeint sein, das aus der Einfassung des Rückenschilds und den beiden Medaillons mit Christusmonogramm zu rekonstruieren ist. Genauso gut können die verschiedenen Elemente aber bereits damals zu einem Gewand verbunden gewesen sein.

Spätestens 1478/1479 wurden die einzelnen Elemente dann von dem Bamberger Sticker Jörg Spiß auf den lachsroten Damast mit Granatapfelmuster übertragen, der bei der Restaurierung 1956-1962 entfernt wurde.

Zwischen dem Damast mit Granatapfelmuster und dem Futter von 1722 fand sich bei den aktuellen Untersuchungen ein Leinengewebe, dessen Pfauenfedermuster nur in entsprechendem Blickwinkel zu erkennen ist. Nach derzeitigem Forschungsstand ist diese Form des Ton-in-Ton-Drucks eines erhaltenen Leinengewebes für das Spätmittelalter singulär.

Aus der Mitte des 15. Jahrhunderts haben sich zwar schriftliche Nachweise für den Zeugdruck Weiß auf Weiß erhalten. Aufgrund der gummiartigen Konsistenz der musterbildenden Masse kann es sich aber auch um das Vorbereitungsstadium eines Reservedruckverfahrens handeln, bei dem das anschließende Färbebad nicht durchgeführt wurde.

Da Reste blauer Leinenfäden zeigen, dass die Kaiserelemente durch den Damast und dieses Leinen fixiert wurden, muss es zeitgleich mit dem Damast vermutlich als stabilisierende Unterlage eingebracht worden sein.

Tanja Kohwagner-Nikolai