Kaiser- und Königsurkunden nach Ludwig dem Bayern

Die Herrschaftszeit Ludwigs IV. (geb. 1282/86, reg. 1314-1347) brachte einen Umbruch im Urkundenwesen der Herrscher des Alten Reichs. Latein wurde in dem Maße, in dem Urkunden zu alltäglichen Medien des Rechts wurden, durch die Volkssprache verdrängt. Großformatige Diplome mit komplexer Ausgestaltung und aufwendigem Formular wurden kaum mehr ausgestellt. Die Königsurkunde näherte sich äußerlich der Privaturkunde an. Indem sich das Urkundenwesen von den strikten Formalia des Hochmittelalters loslöste, öffnete es sich für neue, vielfältige Formen der Ausgestaltung. Obwohl einfach gehaltene Diplome nun die große Mehrzahl aller Ausstellungen darstellten, konnten die Kanzleien weiterhin prunkvolle Urkunden auf Wunsch oder zu besonderen Anlässen ausfertigen.

Die beispielhaft ausgewählten Urkunden Karls IV. (geb. 1316, reg. 1346-1378), Sigismunds (geb. 1368, reg. 1411-1437) und Maximilians I. (geb. 1459, reg. 1486-1519) sind allesamt Privilegien in deutscher Sprache. In ihrer äußeren Gestaltung unterscheiden sie sich indes stark voneinander. Auffällig ist die Repräsentation des Textes. Während Karls Privileg im Verhältnis gestaucht wirkt, erscheinen die beiden jüngeren durch viel ungenutzten Platz und die Anbringung der Siegel an Schnur größer. Wie aufwendig gestaltet ein spätmittelalterliches Diplom sein konnte, zeigt der illuminierte Wappenbrief Maximilians. Dessen repräsentative Wirkung und Prunk stehen optisch in keinem Verhältnis zu dem Privileg Karls. Wie lässt sich diese Diskrepanz erklären? Es lag wohl im Interesse der Empfänger, ein möglichst aufwendiges und in seiner Materialität und Ausführung teures Diplom für den Erhalt eines neuen und dauerhaften Rechts zu erlangen. Karls Privileg war zeitlich befristet. Eine prachtvolle Ausgestaltung war daher nicht notwendig. Ähnliches gilt für die Urkunde Sigismunds: Die turnusmäßige Bestätigung althergebrachter Rechte war zum Tagesgeschäft der Königskanzleien geworden.

Johannes Kroh