KulturErben. Traditionelle Karpfenteichwirtschaft in Bayern

Die Karpfenteichwirtschaft in Bayern, vor allem in Franken und der Oberpfalz, kann auf eine viele Jahrhunderte alte Tradition zurückblicken. Zu ihr gehören Wissen und Können um den Teichbau, das Füllen der Teiche und deren Pflege, das Vermehren des Fischbestandes, das Füttern sowie das Abfischen. Die meisten Tätigkeiten sind Handarbeit. Sie setzen Erfahrungswissen über die komplexen Zusammenhänge von Boden, Wasser und Fischarten voraus, das in den Teichwirtsfamilien weitergegeben wird. In jedem Teich entwickeln sich eigene Lebensbedingungen für die Fische, daher muss jeder individuell bewirtschaftet werden. Günstige geologische Voraussetzungen für die traditionelle Karpfenteichwirtschaft herrschen etwa entlang der fränkischen Aisch und ihrer Zuflüsse oder in der oberpfälzischen Tirschenreuther Teichpfanne.

Ab dem Hochmittelalter wurden viele Teiche von Klöstern, Bürgern und Bauern angelegt. Nach der Säkularisation im 19. Jahrhundert traten zum Teil neu gegründete bäuerliche Weihergemeinschaften an die Stelle der klösterlichen Fischzuchten. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Teichwirtschaft in die Strategien der "Erzeugerschlacht" eingebunden. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden moderne Teichgenossenschaften und Fischerzeugerringe.

Heute bewirtschaften in Bayern etwa 8.500 Aktive meist im Nebenerwerb rund 30.000 Teiche. Sie orientieren sich dabei an Nachhaltigkeit und tradierten Methoden. Die Teiche werden fast durchweg aus Quell- und Regenwasser gespeist. In den oft stufenartig angelegten Teichlandschaften wird beim Abfischen das Wasser des "Oberliegers" in den jeweils darunterliegenden, bereits geleerten Teich geleitet, um Wasser zu sparen. Beim arbeitsintensiven Abfischen, das traditionell zwischen Mitte September bis Mitte November und zwischen Mitte März bis Ende April stattfindet, helfen meist Familienangehörige, Freunde oder Leute aus der Dorfgemeinschaft mit – zum Abschluss wird oft gemeinsam gefeiert. In Bayern werden zurzeit etwa 6.000 Tonnen Speisekarpfen pro Jahr erzeugt, mit sinkender Tendenz. Risiken für die Fortsetzung der traditionellen Karpfenteichwirtschaft resultieren aus der Klimaerwärmung oder der Konkurrenz mit fischfressenden Tieren, auf die mit nachhaltigen und ökologischen Strategien reagiert werden kann.

Zur Ausstellungseinheit: KulturErben gestalten Landschaften

Weitere Informationen in der Landesliste des immateriellen Kulturerbes Bayerns

>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Instituts für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften".