Festhallen
Der Nürnberger Festwirt Georg Lang (1866-1904) ließ im Jahr 1898 das erste große Bierzelt auf der Theresienwiese errichten. Mithilfe von Strohleuten gelang es ihm, anstelle von fünf einzelnen Budenplätzen außerhalb des Wirtsbudenrings seine "1. Bayerische Riesenhalle" zu eröffnen. Der Bau hatte eine Gesamtfläche von 2000 Quadratmetern. Mit seinen 6.000 Plätzen übertraf er die Schottenhamel-Festhalle bei weitem.
Im Jahr 1901 veranlasste die Pschorrbrauerei nach den Plänen des Hofbaurates Eugen Drollinger (1858-1930) den Bau der Bräurosl-Festhalle. Die historische Aufnahme aus dem Jahr 1907 zeigt das im neubarocken, ländlichen Stil gehaltenen Gebäude. Da die 750 Quadratmeter große Zeltkonstruktion innerhalb des starren Wirtsbudenrondells nicht realisierbar war, musste sie außerhalb aufgebaut werden. Vor der Festhalle war ein Prunkbau positioniert, die Fassade der Halle wurde mit hunderten von Glühbirnen zum Leuchten gebracht. An der linken Seite des Gebäudes (auf dem Foto nicht zu sehen) befand sich ein sechseckiger Turm, von dem aus eine Blaskapelle musizierte. Die "Bräurosl" kann auch den Titel des größten Wiesn-Zeltes überhaupt für sich beanspruchen: Unglaubliche 12.000 Besucher fanden darin ihren Platz. 1913 errichtet, verbrannte es während des Ersten Weltkriegs.
Im Jahr 1907 veränderte sich das Erscheinungsbild der Wiesn erheblich. Der Wirtsbudenring wurde in diesem Jahr in sechs ungefähr 1.800 Quadratmeter große Grundstücke aufgeteilt. Anstelle der 18 Bierbuden platzierten Münchner Großbrauereien in diesem Bereich daraufhin sechs Festhallen. Jede der Bauten stand auf einer Grundfläche von knapp 1000 Quadratmetern und galt als Bravourstück der dekorativen zeitgenössischen Baukunst. Die historische Aufnahme in der Mitte zeigt die von dem Münchner Architekturbüro Hessemer und Schmidt entworfene Festhalle Hackerbräu. Der prominente Architekt Emanuel von Seidl (1856-1919) wurde mit der Festhalle Spatenbräu beauftragt. Die beiden Hallen boten je Platz für knapp 1000 bis 1200 Besucherinnen und Besucher. In der Gestaltung der Hallen finden sich Elemente, die sowohl die Barock- als auch die Biedermeierzeit aufgreifen.
Vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg wurden – und werden bis heute – die Fassaden vieler Bierzelte in Anlehnung an die Bauernhof-Architektur des bayerischen Alpenvorlandes ausgeführt, oft kombiniert mit "Lüftlmalerei". Als Markenzeichen des Oktoberfests transportier(t)en sie klischeehafte Bayernbilder in alle Welt.
Matthias Bader, Julia Misamer