„Münchener Oktoberfest-Ländler“
Nach dem Einspiel der Ländlerfolge wiederholt der bekannte Zitherspieler Georg Freundorfer (1881-1940), im Gegensatz zur traditionellen Spielweise den ersten 16-taktigen Ländler nicht. Der darauffolgende virtuose zweite Teil beginnt mit der vierten Stufe und folgt dem traditionellen Harmoniewechsel in jedem Takt. Dem hohen Tempo geschuldet sind hier kleine Unsicherheiten in der Melodie festzustellen, die den Hörgenuss aber keineswegs beeinträchtigen – sie sind vielmehr Zeichen einer gekonnten Darbietung, der aufgrund der enormen Schnelligkeit des Spiels großer Respekt gezollt werden muss. Die Begleitung trägt zusätzlich zum Charakter der Aufnahme bei, wenn Ernst Boecker das Piano im Bassgang und der Nebenmelodie spielt. Die sich anschließende zweite 16-taktige Ländlermelodie wird ebenfalls mit Doppelgriffen meist zweistimmig in der Spielweise einer Schlagzither präsentiert, weitere 16-taktige Ländler folgen, teils wieder markant im Bassgang untermalt – im letzten langen Ländler erhält das Instrument gar den Vorzug.
Die Aufnahme von 1927 (bereits in elektrischer Aufnahmetechnik erstellt, deshalb deutlich rauschärmer als akustische Tonaufnahmen) ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie Georg Freundorfer mit traditionellen Melodieelementen verfährt und diese auf eigene Weise interpretiert: Er versucht durch seine typischen Harmonisierungen immer wieder die traditionelle Spielweise der Melodie zu verfremden und schafft dadurch ein Alleinstellungsmerkmal, das ihn als Zithervirtuosen bekannt machte. Zusammen mit dem schnellen Tempo, das nur durch überragende Technik und Fingerfertigkeit möglich ist, fesselt er die Zuhörer seiner Konzerte und Toneinspielungen. Freundorfers Stücke waren und sind vielfach sehr bekannt, so etwa sein "An der schönen grünen Isar" oder "Gruß an Oberbayern" (vormals "Gruß an Obersalzberg"), und haben in vereinfachter Spielweise auch Eingang in das Repertoire manches Zitherspielers gefunden.
Theresia Schusser