Nachlässe bayerischer Schriftstellerinnen in der Monacensia im Hildebrandhaus

Die bürgerliche Frauenbewegung in Bayern von 1886 trug mit der Gründung der Vereine für Frauen in München ab 1890 erste Früchte. Schon bald zogen ihre literarischen Vertreterinnen nach, indem sie sich kritisch mit den traditionellen bürgerlichen Rollenmustern auseinandersetzten. Die Sammlung stellt ihre Werke, Schriften, Dokumente und Briefe vor.

Lyrik
Die Lyrik umfasst u.a. Gedichte von Franziska zu Reventlow (1871-1918) und Maria Luise Weissmann (1899-1929). Frieda Port (1854-1926) ist mit antiken Liedern, Elegien und Epigrammen in Übersetzungen vertreten. Von Anna Croissant-Rust (1860-1943) stammt ein Gedichtentwurf für den bekannten Simplicissimus-Dichter Hans Erich Blaich (1873-1945).

Romane
Von Helene Böhlau (1856-1940) stammt "Die Geschichte einer zärtlichen Seele" über die bedingungslose Empfindung von Liebe, von Maria Luise Weissmann das Fragment "Der Sieg des Lebens". Lena Christs (1881-1920) Bauerngeschichte "Die Rumplhanni" (1916) zeichnet den Weg zu einem selbstbestimmten Leben als Frau. Anna Croissant-Rusts "Die Nann" ist ein Volks-Roman vom entbehrungsreichen Bergbauernleben um 1900.

Erzählungen
Mit "Unsere Bayern anno 14" gewährt Lena Christ einen Einblick in das Leben in Bayern zum Ersten Weltkrieg. "Die Hure" und "Der Alte" von Anna Croissant-Rust sind Geschichten aus dem Zyklus "Der Tod" (1913). Von Maria Luise Weissmann stammen Novellen- und Skizzensammlungen, von Frieda Port Einzelnovellen. Kürzere Prosa von Franziska zu Reventlow, Helene Raff (1865-1942) und Maria Janitschek (1859-1927) ergänzt die Sammlung.

Kulturgeschichtliche Schriften
Im Aufsatz "Viragines oder Hetären?" kritisiert Reventlow die auf Egalität ausgerichtete Frauenbewegung. In "Erziehung und Sittlichkeit" wendet sie sich gegen die "Lex Heinze", dem Gesetzentwurf zum Verbot von Darstellungen von Nacktheit in der Kunst. Helene Raffs "Über das Haberfeldtreiben" ist das Fragment einer volkskundlichen Abhandlung, während Lena Christ den bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nachweisbaren 'Rügebrauch' im Voralpenraum dramatisch fasst.

Biographische Dokumente
Maria Luise Weismann behandelt die Dichtung Rudolf Alexander Schröders (1878-1962), Frieda Port verfasst Biographien ihrer Förderer Paul Heyse und Hermann Lingg (1820-1905), Anna Croissant-Rust gedenkt Otto Julius Bierbaums (1865-1910), des Mitschöpfers des literarischen Kabaretts. Von Böhlau, Croissant-Rust und Port sind "Selbstbiographien" erhalten. Lena Christs Poesiealbum, gerahmte Bleistiftzeichnung, Testament sowie Geburts- und Sterbeurkunden sind einmalige Zeugnisse.

Briefe
Die schriftliche Korrespondenz umfasst 85 Briefe von Anna Croissant-Rust, 73 von Frieda Port, 9 von Helene Raff, je 7 von Carry Brachvogel (1864-1942) und Helene Böhlau, 6 von Eva von Baudissin (1869-1943), 5 von Emmy von Egidy (1872-1946), je 4 von Anna Mayer-Bergwald (1852-1935), Gabriele Reuter (1859-1941), Lena Christ und Maria Janitschek, 2 von Franziska zu Reventlow sowie 4 des Münchner Literaturhistorikers Franz Muncker (1855-1926) an Port.

>> Diese Sammlung ist ein Bestand der Monacensia im Hildebrandhaus.