Zeugnisse jüdischen Lebens aus Altenstadt (Schwaben)

Altenstadt, ein Markt im schwäbischen Landkreis Neu-Ulm, beherbergte seit der Mitte des 17. Jahrhunderts eine große jüdische Gemeinde. Erstmals gestattete 1650 Graf Kaspar Bernhard von Rechberg im Doppelort Altenstadt-Illereichen die Ansiedelung jüdischer Familien, die sich unter der Herrschaft der Grafen von Limburg-Styrum (1677-1772) fortsetzte. Mit dem Schutzbrief vom 1. März 1719 durch Max Wilhelm von Limburg-Styrum (um 1653-1728) erhielt die Judenschaft die Genehmigung zum Bau einer Synagoge und ein Grundstück zur Errichtung eines Friedhofs an der Strasse nach Illereichen. Im Jahre 1789 erfolgte durch Fürst Schwarzenberg (1771-1820) der Verkauf der jüdischen Häuser und Wohnungen an die israelitische Kultusgemeinde. 1802/03 wurde die Holzsynagoge durch einen repräsentativen Neubau aus Stein ersetzt. 1804 errichtete man ein Armen- und Gemeindehaus mit einem rituellen Bad (Mikwe). 1824 wurde dieses durch eine neue jüdische Volksschule abgelöst und die Mikwe in den Garten ausgelagert. Hinter dem Schulhaus entstand ein Armenhaus. Im 19. Jahrhundert lebte die jüdische Gemeinde von Altenstadt in guten wirtschaftlichen Verhältnissen. 1807 stellte sie mit 355 Mitgliedern über die Hälfte der Ortsbevölkerung. Als 1861 der Matrikelparagraph aufgehoben wurde und Juden ihren Wohnort frei wählen durften, führte dies zur Abwanderung in Städte. 1869 wurde das Rabbinat Altenstadt aufgelöst und die Gemeinde dem Augsburger Rabbinat unterstellt. 1880 zählte die Gemeinde nur noch 140 Mitglieder. Die Beschädigung der Synagoge 1922 war Ausdruck des wachsenden Antisemitismus. Unter der NS-Herrschaft lebten noch 50 Juden in Altenstadt. Im Zuge der Reichspogromnacht (9./10. November 1938) wurden jüdische Einwohner verhaftet, das Innere der Synagoge zertrümmert sowie jüdische Geschäfte und Wohnungen besetzt. 1942 folgte die Deportation aller in Altenstadt verbliebenen Jüdinnen und Juden in Vernichtungslager. Der Abbruch der in der Reichsprogromnacht beschädigten Synagoge erfolgte im September 1955. An jüdisches Leben in Altenstadt erinnern heute der jüdische Friedhof, frühere Wohn- und Geschäftshäuser, das ehemalige jüdische Schulhaus, das Schächterhaus sowie Gedenktafeln.
Die Sammlung präsentiert ausgewählte Zeugnisse jüdischen Lebens in Altenstadt: Dokumente, historische und neu erstellte Fotografien ehemaliger jüdischer Einrichtungen und Gebäude (Synagoge, Mikwe, Geschäfts- und Wohnhäuser), von Gedenktafeln sowie Kult-, Ritual- und Alltagsgegenständen.
Text: Dr. Ingvild Richardsen (Universität Augsburg)
>> Diese Sammlung ist ein Teil der Sammlung "Das jüdische Erbe Bayerisch-Schwabens. Kultur und Alltag des Landjudentums von 1560-1945" unter Beteiligung folgender Partner: