Zeugnisse jüdischen Lebens aus Hainsfarth

Schon im frühen 15. Jahrhundert gibt es Hinweise auf jüdisches Leben in Hainsfarth. Vom 16. Jahrhundert bis in die NS-Zeit war der Ort Sitz einer bedeutenden jüdischen Kultusgemeinde. Der Herrschaftsraum der Oettinger Grafen wurde nach der Vertreibung der Juden aus den Reichsstädten zu einem der wichtigsten Siedlungsgebiete der Juden in Schwaben. Hainsfarth war zwischen zwei Linien der Grafschaft Oettingen aufgeteilt, die die Ansiedelung von Juden förderten. Ab 1741 unterstand die jüdische Gemeinde nur noch der Herrschaft Oettingen-Spielberg, die ihnen zahlreiche Abgaben erließ. 1776 lebten in Hainsfarth 44 jüdische Familien. Der Schutzbrief von 1785 erlaubte ihnen Ackerbau und die Gründung von Manufakturen. Nach 1800 verlagerte sich ihr Tätigkeitsfeld vom Vieh- und Immobilienhandel zum Textil-, Gemischtwaren- und Getreidehandel. Um 1830 wurde eine Mikwe errichtet, 1855 ein Begräbnisplatz. 1860 wurde die noch heute erhaltende Synagoge mit neomaurischen Stilelementen erbaut. Daneben stand das jüdische Schulhaus. 1864 lebten in Hainsfarth unter 1366 Einwohnern 532 Juden. Ab 1861 kam es zur Abwanderung in die Städte. Die jüdischen Einwohner Hainsfarths unterstanden seit den 1890er-Jahren dem Rabbinatsbezirk Schwabach. In der Reichspogromnacht (1938) wurde die Synagoge verwüstet. 1939 mussten die etwa 20 jüdischen Bewohner, die nicht emigriert waren, in zwei "Judenhäusern" leben. Mindestens 10 jüdische Einwohner wurden 1942 deportiert.
Heute erhalten sind die ehemalige restaurierte Synagoge (Kulturzentrum und Gedenkstätte), das jüdische Schulhaus, frühere jüdische Wohn- und Geschäftshäuser sowie der jüdische Friedhof.
Die Sammlung präsentiert Objekte zu jüdischem Lebens in Hainsfarth: Dokumente, Urkunden sowie Fotografien ehemaliger jüdischer Gebäude, Einrichtungen, Wohn- und Geschäftshäuser, Gedenktafeln, Kult-, Ritual- und Alltagsgegenstände. Hervorzuheben ist die gemeinsame Ansicht von ehemaliger Synagoge, jüdischem Schul- und Armenhaus und Mikwe-Denkmal. Auch der frühere Synagogenschlüssel und ein Ritualwaschbecken sind erhalten. Zu sehen sind außerdem eine alte Ofenplatte und ein jüdischer Ehevertrag.
Text: Dr. Ingvild Richardsen (Universität Augsburg)
>> Diese Sammlung ist ein Teil der Sammlung "Das jüdische Erbe Bayerisch-Schwabens. Kultur und Alltag des Landjudentums von 1560-1945" unter Beteiligung folgender Partner: