Zeugnisse jüdischen Lebens aus Kriegshaber (Augsburg)

In Kriegshaber, heute ein Stadtteil von Augsburg, sind seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts jüdische Einwohner bezeugt. Der Weiler gehörte 500 Jahre lang zur Markgrafschaft Burgau, die 1806 an das Königreich Bayern fiel. Das Haus Habsburg förderte die Ansiedelung jüdischer Familien. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wuchs die jüdische Gemeinde in Kriegshaber stetig. 1653 lebten dort zwölf Familien, die mit Friedhof, Synagoge, Ritualbad und Rabbinat über alle nötigen Einrichtungen verfügten. Um 1740 zählte die jüdische Gemeinde schon etwa 400 Mitglieder, die in mehrgeschossigen Häusern wohnten und mit Vieh und Waren handelten. Im 18. Jahrhundert kam es zum Aufstieg vermögender jüdischer Familien, die im Dienst des bayerischen und des württembergischen Hofes standen, darunter die Familien Mendle, Kaulla und Obermayer. 1803 wurde den Inhabern der Wechselhäuser (Familien Obermayer und Ullmann) dauerhaftes Wohnrecht zugestanden. Um 1830 erreichte die jüdische Gemeinde mit 322 Personen ihren Höchststand. Nach dem Judenedikt von 1813 kam es zu Auswanderungen und ab 1861 zur Landflucht. 1906 wurde die jüdische Gemeinde als "Verein der israelitischen Kultusgemeinde Kriegshaber" geführt und 1917 mit der Augsburger Kultusgemeinde zusammengelegt. In der NS-Zeit wanderten viele Juden ab. Während des Novemberpogroms 1938 wurde die jüdische Bevölkerung enteignet, zwangsweise in der Synagoge einquartiert und teils zur Arbeit in Steinbrüchen verurteilt. 1938/39 gelang es einigen, nach Übersee zu fliehen. Verbliebene wurden 1942 nach Piaski und Auschwitz deportiert und ermordet. An die jüdischen Mitbürger in Kriegshaber erinnern heute die Synagoge, die eine Zweigstelle des Jüdischen Museums Augsburg Schwaben beherbergt, sowie zahlreiche ehemals jüdische Wohnhäuser.
Die Sammlung zeigt ausgewählte Objekte jüdischen Lebens in Kriegshaber: Dokumente, Urkunden, Fotografien, Karten, historische und neu erstellte Fotografien ehemaliger jüdischer Gebäude und Wohnhäuser sowie Kult-, Ritual- und Alltagsgegenstände. Der Schwerpunkt liegt auf der Präsentation der ehemaligen Synagoge und der noch vorhandenen ehemals jüdischen Häuser. Außerdem gezeigt werden Kult- und Ritualgegenstände, darunter zwei Tora-Schilder, ein Kiddusch-Becher, eine Schodertafel, ein Grabbrett sowie verschiedene Dokumente aus dem Besitz der Familie Einstein (Militärpass, Soldbuch, Fotos, Hochzeitsurkunde), eine Karte der Markgrafschaft Burgau, ein Grundriss des Jüdischen Friedhofs Kriegshaber von 1724 sowie ein Waschfass.
Text: Dr. Ingvild Richardsen (Universität Augsburg)
>> Diese Sammlung ist ein Teil der Sammlung "Das jüdische Erbe Bayerisch-Schwabens. Kultur und Alltag des Landjudentums von 1560-1945" unter Beteiligung folgender Partner: