Allegorien und Menschen

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Kolonialausstellungen weltweit immer beliebter. Nicht nur Artefakte, koloniale Produkte und Fotographien wurden auf Ausstellungen gezeigt, sondern auch Menschen in Gefangenschaft präsentiert. In Deutschland veranstaltete Carl Hagenbeck (1844-1913) viele solcher Völkerschauen. In einer zooartigen Inszenierung wurden Menschen aus den Herkunftsgesellschaften angeblich mit Anspruch auf Authentizität präsentiert. Tatsächlich wurden rassistische Stereotype verstärkt, die an bereits vorhandene Vorstellungen anknüpften und diese bestätigten. So wurden etwa Afrikaner und Afrikanerinnen als Kämpfende dargestellt, die mit wilden Tieren verglichen wurden, während Menschen aus der Südsee ein Leben im Paradies führten und nur feierten. Die Ausstellungen betonten, dass es sich bei den ausgestellten Menschen um "Wilde" und "Barbaren" handelte, um die Völkerschauen aber auch koloniale Ambitionen und Gewalt zu legitimieren. Zudem suggerierten Werbeplakate, dass es sich bei den ausgestellten Menschen um Kannibalen und vom Aussterben bedrohte Zivilisationen handelt.

Diese angeblichen Lebenswelten wurden als Gegenentwurf zur europäischen Zivilisation inszeniert, der das europäische Überlegenheitsgefühl bekräftigen sollte. Sie dienten damit auch der Rechtfertigung der kolonialen Herrschaft. Nicht zuletzt waren sie auch ein lukratives Geschäft.

Auch Geldscheine der Kolonien transportierten diese Stereotype und Rassismen. In manchen Fällen werden Menschen halbnackt bei der Jagd mit verzerrten Körperformen dargestellt. Dagegen zeigen Geldscheine aus den Kolonien Algerien oder Niederländisch-Indien Porträts von (wahrscheinlich) fiktiven Menschen mit vorgeblich traditionellem Kopfschmuck oder anderen Kleidungsstücken. Fraglich ist, welche Vorlagen dafür verwendet wurden. Die Herstellung und damit das Design der Geldscheine erfolgte hauptsächlich in Europa oder Nordamerika. Die Vorlagen für die Motive müssen also Bildquellen gewesen sein, die dort verbreitet und verfügbar waren.

Als Gegenentwurf und Bestätigung der vermeintlichen Höherwertigkeit der europäischen Kultur wurden Allegorien als Motive verwendet. Das hier gezeigte Beispiel aus der Kolonie Angola verdeutlicht dies. Zu sehen ist eine weibliche Figur beim Pflügen, die eine phrygische Mütze, das Symbol der Freiheit, trägt. Im Hintergrund sind Schiffe zu sehen. Auf der Rückseite sind weitere Symbole der Landwirtschaft sowie des Handwerks und der Industrie zu erkennen. Eisenbahn und Fabrikanlagen verstärken die Botschaft, die auf dieser Banknote transportiert wird: Europa als hochentwickelte Kultur, die Freiheit und wirtschaftliche Entwicklung und technischen Fortschritt bringt.

Ob Allegorien oder Menschen, eines ist beiden Motivgruppen gemein: Sie spiegeln koloniales Denken wider. Geldscheine mit kolonialem Kontext sind damit ein sensibles Sammlungsgut und eine historische Quelle für die Geschichte des Kolonialismus.

Belgisch-Kongo, 50 Francs, 1945

Angola, 50 Centavos, 1921

De Javasche Bank, 25 Gulden, 1939

Banque de l'Indochine, 20 Piastres, 1917

Banque de l'Algérie, 100 Francs, 1945