Am Leibe des Pfalzgrafen

In der Sammlung des Historischen Vereins hat sich eine schlichte Strickweste erhalten, die der Überlieferung nach dem Pfalzgrafen Ottheinrich (1502-1559, reg. ab 1522) gehörte. Die Weste ist aus beigefarbigem Seidengarn gestrickt und besteht aus zwei Vorder- und Rückenteilen. Die einzelnen Fäden sind S-gedreht, das fortlaufende Dreiecksmuster in vertikalen Reihen beruht auf dem Wechsel von rechten und linken Maschen. Sie bilden so vertikale Streifen und Dreiecke. In die Rückennaht ist unten eine fächerförmige Falte eingesetzt, während schmale Streifen die Ränder und Schulternähte säumen.

Für die Herkunft aus Ottheinrichs Kleiderschrank sprechen die Maße der Weste. Vor allem die Breite sticht ins Auge. Der Pfalzgraf soll schon im mittleren Alter "schweren Leibs" gewesen sein, wofür der beachtliche Brustumfang von rund 200 bis 235 Zentimeter spricht. Ihre enormen Ausmaße dürften zur Bewahrung der Weste beigetragen haben.

Die Leibesfülle des Pfalzgrafen war wahrscheinlich auch der Grund, warum ein Buckelkratzer ihm zur Wohltat diente. Der leicht gebogene Kratzer aus Elfenbein mündet in einem muschelförmigen Abschluss. Am Griff angebracht sind Schildpattplatten, die aus den flachen Hornschuppen des Rückenschildes von Schildkröten gefertigt wurden.