KulturErben. Betrieb der Mainfähren in Franken

Fährleute bringen auf Zuruf ganzjährig Menschen, Tiere und Fahrzeuge mit der Fähre dort über den Main, wo Brücken fehlen. In Unterfranken sind derzeit noch in Karlstein, Stadtprozelten, Mainstockheim, Dettelbach, Nordheim, Fahr, Obereisenheim, Wipfeld (Reihenfolge flussaufwärts) Fähren in Betrieb, die Einheimische, aber auch Touristinnen und Touristen an das jeweils gegenüberliegende Ufer bringen. Die Nutzung dieser acht "fahrenden Brücken" ist nicht nur mit einem erheblichen Zeit- und Kostenvorteil verbunden, sondern auch nachhaltig.
Fähren entwickelten sich an Furtstellen, an denen sich Flüsse auf natürliche Weise überqueren ließen, und die oftmals nur den Einheimischen bekannt waren. Um trockenen Fußes von einem Ufer ans andere zu gelangen, verwendete man zunächst Einbäume; entsprechende archäologische Funde können in die vorchristliche Zeit datiert werden. Fähren am Main sind seit dem 10. Jahrhundert schriftlich belegt. Die Einbaumfähren wurden im Laufe der Zeit von sogenannten Schelchen (Holzbooten) mit Plattform abgelöst.
Als Fährleute waren häufig Fischer oder Schiffer eingesetzt, die gegen ein Entgelt Personen über den Main beförderten. Sie mussten nicht nur mit dem Fluss bzw. seiner Strömung vertraut sein, sondern waren auch Regelungen unterworfen, die in den Fahrordnungen festgelegt waren. Die Rechte für die Ausübung dieser Fährdienste wurden ihnen in der Regel durch den Adel oder die Kirche verliehen. Die Fähren wurden mit Muskelkraft angetrieben, wofür die Fährleute Ruder oder Stakstangen verwendeten. Man nutzte aber auch die Strömung des Flusses, indem man Seile oder Ketten spannte, mit deren Hilfe eine Fähre übergesetzt werden konnte. Seit dem 19. Jahrhundert sind die Ufergemeinden für den Betrieb der Fähren und die Besoldung der Fährleute verantwortlich. Mit der Ausgestaltung des Mains zur Großschifffahrtsstraße, spätestens aber seit der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, sind Motorfähren in Betrieb. Anfang des 20. Jahrhunderts verloren Fähren vielerorts aufgrund des Aufkommens schnellerer Verkehrsmittel und dem vermehrten Bau von Brücken ihre Bedeutung.
Zur Sicherung der traditionellen Flussquerung haben sich die Kommunen mit Fährbetrieben im Jahr 2021 zur "Interessengemeinschaft Mainfähren" zusammengeschlossen. Ihr Ziel ist es, die alte Handwerkstechnik zu bewahren, zu der das Wissen um den Unterhalt des Schiffskörpers sowie Technik und Betrieb der Fähren ebenso gehören wie das Wissen um den Fluss und sein Verhalten im Jahreslauf, einschließlich der Uferländen.
Weitere Informationen in der Landesliste des immateriellen Kulturerbes Bayerns
>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Instituts für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften".