KulturErben. Holzbildhauerschulen in Bayern - Vermittlung von tradiertem Handwerk und dessen Weiterentwicklung

Durch Schnitzen und andere bildhauerische Techniken werden aus Holz dreidimensionale Bildwerke hergestellt. Fünf Fachschulen für Holzschnitzerei und Holzbildhauerei in Bayern vermitteln das Wissen und Können dieser traditionellen Handwerkstechniken. Über betriebliche Ausbildungsanforderungen hinaus befähigt die dortige umfassende theoretische und praktische Ausbildung den Nachwuchs zu kreativem und selbstständigem Arbeiten sowie zur Entwicklung einer eigenständigen Formensprache. Geschichte und Traditionen des Berufes werden ebenso vermittelt wie die sich aktuell verändernden Rahmenbedingungen des Handwerks.

In Bayern wurde 1853 in Bischofsheim (Rhön) die erste Schnitzschule gegründet. Ihr folgten noch im 19. Jahrhundert die Schulen in Berchtesgaden, Oberammergau, Garmisch und 1903 in München. Die Schnitzschulgründungen waren Maßnahmen zur Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur, als eine Reaktion auf damals zunehmende industrielle Herstellungsverfahren und die Verfügbarkeit neuer Materialien. Absicht war es, das traditionelle holzverarbeitende Gewerbe zu professionalisieren und zukunftsfähig zu machen. Ideologische Vereinnahmungen der Fachschulen während der Zeit des Nationalsozialismus werden heute von den Schulen reflektiert und münden nicht selten in erinnerungskulturelle Kunstprojekte.

Die Fachschulen bringen gestalterisch geschulte Gesellinnen und Gesellen bzw. Meisterinnen und Meister hervor. Ihnen werden tradiertes Wissen und Können jahrhundertealter Techniken der Holzbearbeitung zeitgemäß vermittelt. Gearbeitet wird dabei nach historischen Vorlagen oder mit traditionellen Werkzeugen. Schülerinnen und Schüler werden zugleich zum selbstständigen Entwerfen und Arbeiten angeregt, um eigene künstlerische Positionen auszubilden oder um Aufträge z. B. in der Restaurierung ausführen zu können. In der dreijährigen Ausbildung kommen neben Holz auch Materialien wie Ton, Stein oder Metall zum Einsatz.

Zusätzlich zu Schnitz- und Bildhauertechniken werden Zeichnen, Modellieren, Fassmalen, Vergolden oder Drechseln vermittelt, ebenso Kenntnisse in Anatomie, Proportionslehre, Kunstgeschichte und Schriftgestaltungen. Ergänzt wird die Ausbildung durch kaufmännisches Wissen sowie computergestütztes Zeichnen und Gestalten. Da nur noch wenige Ausbildungsbetriebe existieren, sind die Fachschulen mit ihrem starken Praxisbezug zentrale Akteure bei der Weitergabe traditioneller Holzhandwerkstechniken.

Weitere Informationen in der Landesliste des immateriellen Kulturerbes Bayerns

>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Instituts für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften".