KulturErben. Holzkirchener Kerzenwallfahrt zum Bogenberg

Die Holzkirchener Kerzenwallfahrt ist eine jährlich an Pfingsten stattfindende, durch Laien praktizierte zweitägige Fußwallfahrt, an der heute 300 bis 400 Personen teilnehmen. Sie führt von der Ortschaft Holzkirchen (Gemeinde Ortenburg, Landkreis Passau) zur etwa 75 km entfernten Wallfahrtskirche "Maria Himmelfahrt" auf den Bogenberg (Gemeinde Bogen, Landkreis Straubing-Bogen).
Wahrzeichen der seit über 500 Jahren durchgeführten Wallfahrt ist ein 13 Meter langer, mit roten Wachsschnüren umwickelter Fichtenstamm, "Lange Stang" genannt, der als Kerze an der Spitze des Zuges getragen wird. In den Orten, die die Wallfahrenden innerhalb der zwei Tage passieren, existieren verschiedene Rituale (Beten, Andachten, Rasten). Die lokale Bevölkerung steht den Pilgern offen gegenüber und unterstützt diese.
Zum Ursprung der Wallfahrt wird angenommen, dass sie auf ein legendenhaftes Gelöbnis aus den 1470er Jahren zurückgeht. Als mögliche Ursachen für ihre Entstehung werden Trockenheit, schlechte Ernte, Verwüstungen durch Unwetter oder eine Borkenkäferplage genannt. In ihrer Not soll sich die Holzkirchener Bevölkerung an die Mutter Gottes vom Bogenberg gewandt und ihr eine Wallfahrt versprochen haben – zunächst ohne Kerze.
Das älteste schriftliche Zeugnis für die Wallfahrt findet sich 1518 in einer Handschrift aus dem Kloster Oberalteich. Eine Opfergabe von riesigen Kerzen war im Spätmittelalter an mehreren Orten verbreitet, die Wachskerze als Bestandteil der Holzkirchener Wallfahrt wurde erstmals 1575 in Urkunden der Grafschaft Ortenburg erwähnt. Die Geschichte der Wallfahrt ist nur bruchstückhaft überliefert, ältere Dokumente wurden durch ein Feuer 1838 zerstört. Zur Zeit des Nationalsozialismus fand der Brauch weiterhin statt, allerdings mit kleinerer Kerze und mit geringerer Teilnehmerzahl. 1945 fiel die Wallfahrt aufgrund von Vorschriften der US-Militärregierung aus.
Die Vorbereitungen für die Wallfahrt beginnen bereits am Freitag vor Pfingsten mit der Kerzenherstellung nach überlieferten Techniken ohne den Einsatz von Maschinen. Die etwa 50 kg schwere Kerze wird auf der Strecke abwechselnd von mehreren Wallfahrern, meist liegend, an manchen Abschnitten auch stehend getragen. Die Wallfahrtskirche in Bogen wird mit aufrechter Kerze umrundet, anschließend wird die Kerze umgelegt und in die Kirche zum Altar hineingetragen, wo sie für zwei Jahre verbleibt. Das Wissen um die Herstellung der Kerze und die Praktiken des Tragens sowie der Ablauf der Wallfahrt werden an die nachfolgende Generation innerhalb der Wallfahrerfamilien weitergegeben.
Weitere Informationen in der Landesliste des immateriellen Kulturerbes Bayerns
>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Instituts für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften".