KulturErben. Münchner Marionettentheater

Das Münchner Marionettentheater kann auf eine über 160-jährige Geschichte zurückblicken. Es war das erste feste Puppentheater in Deutschland und beeinflusste andere Marionettentheater, z.B. das Salzburger Marionettentheater. Berühmt geworden sind die spezifische Figur des Kaspers Larifari und die extra für das Theater geschriebenen Stücke von Franz Graf von Pocci (1807-1876). Bis zum Jahre 2000 wurden für das Spiel ausschließlich Marionetten verwendet, seither werden auch weitere Formen des Figurentheaters aufgegriffen.

1858 gründete Josef Leonhard Schmid (1822-1912) – später bekannt als "Papa Schmid" – das Münchner Marionettentheater für Kinder. Damit grenzte er sich vom primär an Erwachsene gerichteten Puppentheater auf Jahrmärkten und öffentlichen Plätzen mit dessen oft derben "Hanswurstiaden" ab. Unterstützung erfuhr er durch Franz Graf von Pocci, der 45 Stücke speziell für das Münchner Marionettentheater schrieb. Nach wechselnden Spielorten bekam es 1900 ein festes Domizil im klassizistischen Stil in der Blumenstraße. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Münchner Marionettentheater von einem linientreuen Intendanten mit einem entsprechenden Programm geführt. Diese Stücke wurden nach Kriegsende abgesetzt, eine vertiefte Aufarbeitung dieser problematischen Zeit erfolgte in den 1990er Jahren.

Durch Renovierungen und Umbauten verbesserten sich wiederholt die spielerischen Möglichkeiten. Das Münchner Marionettentheater verfügt aktuell über ein breites Spektrum an Spielformen und -techniken: Benützt werden neben den klassischen, an Fäden geführten Marionetten weiterhin unterschiedliche Stab- und Handpuppen bis hin zu Mensch-Puppen-Mischformen sowie Figuren für Schattentheater. Die Puppenspielerinnen und -spieler sind auch an der Herstellung der Puppen und des Bühnenbildes beteiligt. Das Repertoire umfasst klassische ebenso wie zeitgenössische Stücke und Kindermusicals. Ältere Stücke von Franz Graf von Pocci werden gelegentlich wiederaufgeführt, wobei Wert darauf gelegt wird, aus heutiger Sicht problematische Inhalte (etwa rassistische oder kolonialistische Figuren und Handlungselemente) zu vermeiden und diese neu zu gestalten.

Besucht wird das privat geführte und von der Stadt München subventionierte Theater, das einen festen Platz im städtischen Kulturleben einnimmt, von jährlich ca. 25.000 Besuchern. Neben dem Spielbetrieb werden Führungen, Workshops und Seminare für Studierende der Theaterwissenschaft angeboten. Seit 2010 gibt es auf der historisierenden "Oidn Wiesn" des Oktoberfestes eine weitere Bühne des Münchner Marionettentheaters.

Weitere Informationen in der Landesliste des immateriellen Kulturerbes Bayerns

>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Instituts für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften".