KulturErben. Kirwa im Amberg-Sulzbacher Land

In etwa 100 Ortschaften im Landkreis Amberg-Sulzbach wird jährlich Kirwa (Kirchweih) als lokales Fest gefeiert, das sich am jeweiligen Patronat oder dem Tag der tatsächlichen Kirchenweihe orientiert. Die öffentlichen Feste dauern üblicherweise drei Tage von Samstag bis Montag. Im Zentrum der Organisation stehen meist lokale Gruppen von unverheirateten Jugendlichen und jungen Erwachsenen vorwiegend im Alter zwischen 16 und 30 Jahren. Die Hauptelemente der Kirchweihfeste sind ähnlich, doch gibt es an jedem Ort besondere Praktiken, Figuren und Gepflogenheiten. Der nahezu obligate Kirwabaum wird gemeinsam ausgewählt, gefällt, geschmückt und aufgestellt.

Um die religiösen Feiern der Kirchenweihe entstanden seit dem Hochmittelalter Feste, zu denen es auch Märkte, Vergnügungen und üppiges Essen und Trinken gab. Die in Bayern im 19. Jahrhundert eingeführte „Allerweltskirchweih“ mit einem einheitlichen Termin im Oktober setzte sich im Amberg-Sulzberger Land allerdings nicht durch. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden viele Kirchweihfeste ideologisch vereinnahmt und u.a. antisemitische Vierzeiler (Sprüche und Liedtexte) vorgetragen. Organisierten vor dem Zweiten Weltkrieg vorwiegend Dorfwirte und Brauereien die Kirchweihfeste, sind es seit den 1980er Jahren meist junge Leute vor Ort. Einem Boom der Kirchweihen ab den 2000er Jahren mit einem Hang zu immer größeren Veranstaltungen folgt aktuell der Trend zu kleineren, als "ursprünglicher" wahrgenommen Festen.

Bei der Kirwa an je eigenem Termin sind um die Grundelemente des Feierns eine Vielzahl örtlicher Sonderformen entstanden. Oft gibt es am Samstagabend eine Tanzveranstaltung, am Sonntag besuchen die Kirwapaare den Gottesdienst und eröffnen den Tanz um den Kirwabaum, für den Lieder und Tänze vorher eingeübt werden. Auch zum Abschluss der Kirwa gehören je eigene Rituale.

Eine besondere Rolle für das Revival der Kirwan nach dem Zweiten Weltkrieg spielten einzelne Persönlichkeiten, die zum Teil als Heimatpfleger fest institutionalisiert wurden. Diese Strukturen sind ursächlich für die neue Konjunktur an Festen; die anfänglich zentral geleiteten Impulse werden mittlerweile gerne von den Organisatoren vor Ort weitergeführt. Nach wie vor unterstützt der Heimatpfleger die Kirwan mit Wissen und Ratschlägen, gerade in heiklen Fragen. Als problematisch werden etwa einige Liedtexte mit teils derben Inhalten sowie der hohe Alkoholkonsum genannt. Hierzu gibt es verschiedene Maßnahmen zu deren Bewusstmachung und Vermeidung, die vom Kreisheimatpfleger Kirwa und Volkstanz angeregt werden.

Weitere Informationen in der Landesliste des immateriellen Kulturerbes Bayern

>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Instituts für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften".