Fischer, Hermann (1851-1920): Schwäbisches Wörterbuch
Das Schwäbische Wörterbuch ist eines der großen überregionalen Mundartwörterbücher des deutschen Sprachgebietes. Es umfasst sieben Bände und dokumentiert den dialektalen Wortschatz des zentralen und östlichen Teils Baden-Württembergs, Bayerisch-Schwabens sowie des südfränkischen und mittelalemannischen Raums (südwestlicher Teil Bayerns und einige angrenzende Gebiete Tirols).

Idee und Konzeption stammen von dem deutschen Romanisten und Germanisten Heinrich Adelbert von Keller (1812-1883), der sich das "Bayerische Wörterbuch" des Sprachforschers Johann Andreas Schmeller (1785-1852) zum Vorbild nahm. Keller führte 1854 mithilfe von Fragebögen eine flächendeckende "Sammlung des schwäbischen Sprachschatzes" in Württemberg durch. Seine Schüler Georg Wenker (1852-1911) und Hermann Fischer (1851-1920) erhoben in den 1870er-Jahren weiteres mundartliches Material, sodass um 1883 ein umfangreiches Konvolut von 300.000 bis 400.000 Zetteln, 400 Aufsätzen u. a. vorlag.
Nach Kellers Tod widmete sich dessen Nachfolger Hermann Fischer der Umsetzung des Schwäbischen Wörterbuchs. Als Grundlage dafür erarbeitete er zunächst eine "Geographie der schwäbischen Mundart" (1895), die einen abgeschlossenen Regionalatlas des deutschen Sprachraums darstellt. Daraufhin begann er mit der Auswertung und Vervollständigung des Materials, das bis Publikationsbeginn auf ca. 650.000 Zettel anwuchs.
1904 kam der erste Band des Schwäbischen Wörterbuchs heraus. Das Projekt wurde zu Hermann Fischers Lebenswerk – er betreute es bis zu seinem Tod 1920 als Hauptredaktor. Sein Schüler Wilhelm Pfleiderer (1878-1953) übernahm die Bearbeitung des sechsten Bandes sowie des 1963 erschienenen Nachtragsbandes mit umfangreichem Quellenverzeichnis.
Als Speicher kulturellen Gedächtnisses dokumentiert das Wörterbuch sowohl den schwäbischen Dialekt um 1900 als auch die schwäbische Schreib- und Kanzleisprache der Neuzeit. Darüber hinaus enthält es vielfältige volkskundliche Informationen. Die Anordnung gestaltet sich – anders als in Schmellers "Bayerischem Wörterbuch" – überwiegend alphabetisch. Berücksichtigt werden außerdem die Laut- und Wortgeografie.
Dr. Elisabeth Kuen
Literatur:
Bühler, Rudolf: "Tübingen als Ausgangspunkt der Dialektgeographie im deutschsprachigen Raum", in: Purschke, Christoph/Brigitte Ganswindt (Hrsg.): Variation und Wandel im Blickpunkt. Beiträge aus dem Forum Sprachvariation, S. 59-82, hier: S. 62.
Fischer, Hermann: "Vorwort", in: Ders./Wilhelm Pfleiderer u.a.: Schwäbisches Wörterbuch, Bd. 1, Tübingen 1904, III-XXIV.
Keller-Drescher, Lioba: "Arbeit am Wörterbuch", in: Dies.: Vom Wissen zur Wissenschaft. Ressourcen und Strategien regionaler Ethnografie (1820-1950) (=Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B: Forschungen, Bd. 215). Stuttgart 2017, S. 142-157, vgl. auch S. 125-134.
Moser, Hugo: "Fischer, Hermann von" in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 176 [Online-Version]
>> Diese Sammlung ist ein Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek.