Mit Kaltblütigkeit zur Königskrone
Als treuer Gefolgsmann begleitet Heinrich IV. in den Jahren um 1000 Kaiser Otto III. auf dessen Italien-Feldzügen. Nichts kann den jungen Herzog bislang auf einen Aufstieg hoffen lassen. Als der kinderlose Kaiser jedoch völlig unerwartet 1002 in Italien stirbt, handelt Heinrich. Und zwar so, als ob er sein Leben lang auf diesen Augenblick gewartet hätte.
Heinrich erlangt die Reichsinsignien
In einem ersten Schritt bemächtigt er sich der Zeichen der Macht, der Reichsinsignien. Diese bestehen in jener Zeit aus Reichskrone, Kreuzpartikeln und der ehrwürdigen Heiligen Lanze. Nur wer diesen Reichsschatz besitzt, darf herrschen, das weiß Heinrich. Und er plant eine spektakuläre Offensive, um ihn zu erlangen. Bis zum Augsburger Bischofshof Polling (bei Weilheim) reitet er mit seinem Gefolge dem Leichenzug Kaiser Ottos III. entgegen und fordert die Herausgabe des Leichnams sowie der Reichskleinodien. Als er merkt, dass ausgerechnet die Heilige Lanze fehlt, lässt er kaltblütig Bischof Heinrich I. von Würzburg so lange in Geiselhaft nehmen, bis sie ihm ausgehändigt wird.
Die Heilige Lanze, in deren Spitze ein Nagel vom Kreuz Christi eingelassen ist, gilt im Mittelalter als "Zeichen für den Sieg Christi" (Weinfurter). König Heinrich I. (919-936), der Urgroßvater Herzog Heinrichs IV., empfing diese einst vom burgundischen König. Die Lanze versinnbildlicht für den jungen Herzog die direkte Verbindung zum Königtum seines prominenten Ahnen. Da sie sich nun in seinem Besitz befindet, beruft er sich auf seine illustre Abstammung und proklamiert, von Gott selbst zur Herrschaft bestimmt zu sein.
Die Eingeweide des verstorbenen Kaisers Otto III. lässt Heinrich unverzüglich in der Augsburger St. Ulrichs-Kapelle beisetzen. Damit demonstriert er seinen Status als legitimer Nachfolger.
Im "Heiltum zu Nürnberg" (15. Jahrhundert) sind die Reichskleinodien, darunter die Heilige Lanze (Lancea domini), abgebildet.
Königskrönung

Mit jedem dieser Schachzüge sichert sich Heinrich seine Herrschaftsansprüche. Er sticht seine Konkurrenten zielstrebig aus. Als wichtigsten und entscheidenden Schritt bringt er Erzbischof Willigis von Mainz (975-1011) auf seine Seite. Mit seiner Armee zieht der junge Herzog nach Mainz und lässt sich dort - 29-jährig - am 7. Juni 1002 im Dom salben und als Heinrich II. zum ostfränkisch-deutschen König erheben. Am 10. August wird seine Gemahlin Kunigunde in Paderborn gekrönt.
Als früheste Darstellung Heinrichs II. finden wir ein Krönungsbild im Regensburger Sakramentar. Der liturgische Codex entstand wohl bald nach der Erhebung Heinrichs II. zum König. Angefertigt wurde es im Regensburger Kloster St. Emmeram.
Das Krönungsbild zeigt eine figürliche Darstellung des Herrschers mit kurzem Bart. Im Zentrum stehend, wird er von Christus gesegnet und gekrönt. Hier begegnen uns die Heilige Lanze sowie die Insignien, die ihm von zwei vom Himmel herabschwebenden Engeln überreicht werden. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Figur Heinrichs bis über seine Schultern in die heilige Sphäre der Christus umgebenden Mandorla (mandelförmiger Heiligenschein) hineinragt. Dies zeigt die göttliche Gnade und Beauftragung für sein Herrscheramt.
Auch in der Bamberger Apokalypse (datierbar vermutlich um 1010) wird eine Krönungszeremonie dargestellt. Ob es sich dabei um Heinrich II. oder seinen Vorgänger, Otto III., handelt, ist in der Forschung umstritten. Für eine Identifizierung mit Heinrich II. spricht die stilistische Nähe zur Herrscherdarstellung in seinem Perikopenbuch.

Das Bildnis zeigt einen jugendlichen, bartlosen Herrscher mit kurzem Haar. Prächtig gekleidet, thront er zwischen den Aposteln Petrus und Paulus. In der Rechten hält er ein Stabzepter mit Kugelbekrönung - das Zeichen der Weltherrschaft -, in der Linken eine weiße Weltkugel mit goldenem, eingeschriebenem Kreuz ("Sphaira"). Darunter bringen vier weibliche Gestalten als Allegorien von Völkerschaften ihre Gaben dar. Dargestellt wird außerdem der Triumph der Tugenden über die Laster. Die Bamberger Apokalypse gilt heute als wertvollste Handschrift der Staatsbibliothek Bamberg.
Reisekönigtum
Nach der Krönung unternimmt Heinrich II. einen Umritt durch die Pfalzen und Bistümer des Landes, um seine Herrschaft zu etablieren. Das Reisekönigtum bildet im Früh- und Hochmittelalter die Grundlage der erfolgreichen Regierung. Der neue König präsentiert sich seinem Volk höchstpersönlich, er verteilt Ämter und Lehen. Heinrich sichert sich dadurch die Anerkennung der restlichen Erzbischöfe, der Fürsten und Stämme.
Leicht ist ein solches Nomadenleben für den jungen König nicht, denn er leidet unter einer chronisch wiederkehrenden Krankheit. Bereits kurz vor Regierungsantritt wird er von Nieren- oder Gallensteinen geplagt, die ihm das Reisen in seinem weiteren Leben deutlich erschweren. Trotzdem verbringt er die meiste Zeit seiner Regierung im Sattel.