Der Weg zur Kaiserkrönung

Bereits zu Beginn seiner Regierungszeit als König (1002) gelang es dem pragmatisch denkenden Heinrich II., seine Herrschaft im Reich nördlich der Alpen zu festigen und in Oberitalien wiederzuerlangen. Anders als sein Vorgänger Otto III., war er jedoch nicht an der Erneuerung des römischen Weltreichs, sondern der Wiederherstellung der Königsherrschaft der Franken (lat. Renovatio regni Francorum) interessiert – nicht zuletzt mit Hilfe der Kirche. Heinrich bezog sein Königtum in alttestamentarischer Tradition auf die Herrschaft über sein Reich als "Haus Gottes", das er mit der Hilfe der Bischöfe lenkte. Italien und damit die Aussicht auf eine Kaiserkrone spielten für ihn vorerst eine untergeordnete Rolle.

Erst knapp zehn Jahre nach seiner Erhebung zum König wandte sich Heinrich Rom zu. Seit 1012 war es dort zu Auseinandersetzungen um die Papstwürde gekommen. Ein Bündnis mit Papst Benedikt VIII. (1012-1024) eröffnete die Voraussetzung für eine Kaiserkrönung. Heinrich und Kunigunde zogen nach Rom. Am 14. Februar 1014 wurde das Königspaar in der Petruskirche zu Kaiser und Kaiserin gesalbt und gekrönt. Heinrich stiftete seine alte Krone demonstrativ als Opfergabe dem Heiligen Petrus (heute als "Reichskrone" in der Weltlichen Schatzkammer Wien zu besichtigen). Der Papst übergab ihm einen goldenen, edelsteinbesetzten Globus, der mit einem Kreuz bekrönt war, als Zeichen der Weltherrschaft. Dieser sog. Reichsapfel wurde später fester Bestandteil der Reichskleinodien. Heinrich stiftete ihn dem Kloster Cluny.

Ein Bildnis des Krönungsaktes findet sich im Perikopenbuch Heinrichs II. (geschaffen ca. 1007 -1012, Insel Reichenau). Hier krönt nicht der Papst, sondern Christus selbst das Herrscherpaar, das die Huldigung der untergebenen Nationen empfängt. Die Apostelfürsten von Rom, Petrus und Paulus, geleiten das Paar zur Krönung.

Das Herrschaftsverständnis Heinrichs II.

In der Zeit um 1000 erreichte die katholische Kirche einen Höhepunkt ihrer politischen Macht. Dabei herrschte eine theoretische "Einheit" der kirchlichen und der weltlichen Gewalt. Im göttlichen Auftrag waren Herrscher der Jahrtausendwende Mittler zwischen Volk und Klerus. Heinrich II. nahm seinen Auftrag sehr ernst und setzte auf enge Zusammenarbeit mit der von ihm geschaffenen Reichskirche. Er leitete Synoden, klärte kirchliche Streitfragen und unterstützte den Papst. Bischofssitze besetzte er mit Vertrauten aus seinem Umfeld. So band er Bischöfe eng an sich, stärkte ihre Stellung und vermehrte den kirchlichen Besitz. Nach seiner Kaiserkrönung begann Heinrich, sein Herrschaftsverständnis auf die gesamte Christenheit auszudehnen.

Heinrich II. sah das Vorbild für seine Herrschaft im Alten Testament: Sein Volk sei - gleich dem auserwählten Volk Gottes - dazu bestimmt, dessen Gebote und Ordnung zu befolgen. Das "Recht der Bayern" (Lex Baiuvariorum, um 800-825) benennt Moses als ersten, die göttlichen Gesetze in Worten dargelegt zu haben. Der Text muss Heinrich bekannt gewesen sein. Die Vorstellung, als Herrscher um die Jahrtausendwende wie ein zweiter Moses zu regieren, kommt im Krönungsbild des Regensburger Sakramentars zu Ausdruck.

Krönungsbild im Regensburger Sakramentar

Das Krönungsbild des Regensburger Sakramentars zeigt eine figürliche Darstellung Heinrichs II. mit kurzem Bart. Im Zentrum stehend, wird er von Christus gesegnet und gekrönt. Haupt und Schultern ragen in die Mandorla Christi, die heilige Sphäre, hinein. Wie Moses erhebt er die Arme, die von zwei Bischöfen gestützt werden.

Krönungsbild, in: Regensburger Sakramentar:
Sakramentar Heinrichs II., Bayerische Staatsbibliothek, Clm 4456, fol. IIv

Thronbild im Regensburger Sakramentar

Das dem Krönungsbild nachfolgende Herrscherbild zeigt Heinrich II. unter einem Ziborium (Altaraufbau, Baldachin) auf einem prächtigen Thron sitzend, mit Zepter und Reichsapfel. Über ihm erscheint die segnende Hand Gottes. Er wird von Waffenträgern flankiert, die Schwert und Schild tragen. Gekrönte, Füllhörner tragende Frauen bringen als Personifikationen der Völker Gaben dar. Beide Bilder stellen eine "Verbindung zwischen profaner und sakraler Welt her und dokumentieren die Heiligkeit des Kaisertums" (Elisabeth Klemm).

Thronbild, in: Regensburger Sakramentar:
Sakramentar Heinrichs II., Bayerische Staatsbibliothek, Clm 4456, fol. IIr

Prachteinband in 3D - Vorderseite

Hier können Sie den prächtigen Einband des Sakramentars als 3D-Objekt von allen Seiten betrachten. Auf der Vorderseite befindet sich ein Elfenbeinrelief, das die Kreuzigung Christi und den Ostermorgen zeigt. Die Rückseite ziert eine Silberplatte mit der Darstellung Papst Gregors des Großen (590-604).

3D-Objekt, Prachteinband des Regensburger Sakramentars:
Sakramentar Heinrichs II., Bayerische Staatsbibliothek, Clm 4456

Prachteinband in 3D - Rückseite

Die Rückseite des Sakramentars ziert eine Silberplatte mit der Darstellung Papst Gregors des Großen (590-604).

3D-Objekt, Prachteinband des Regensburger Sakramentars:
Sakramentar Heinrichs II., Bayerische Staatsbibliothek, Clm 4456

Pontifikale

"Nach dem Verständnis ottonischer Zeit herrschte der Kaiser mithilfe der Kirche als Stellvertreter Christi auf Erden", so der Historiker Stefan Weinfurter. Das Pontifikale Heinrichs II. zeigt die feierliche Ankunft (lat. "adventus") des gekrönten Herrschers, der von zwei Erzbischöfen in die Kirche geführt wird. Der Codex wurde für Bamberg angefertigt und entstand laut neuesten Forschungen im Kloster Seeon. Die Miniatur wird um 1020 datiert und nach Salzburg verortet. Die Miniatur zeigt den bärtigen Heinrich mit der Bügelkrone, die der Heinrichskrone im Bamberger Evangeliar gleicht. Auch der Reichsapfel ist sichtbar, während das Zepter nur umrisshaft zu erkennen ist.

"Herrscher zwischen zwei Bischöfen", in: Pontifikale. Benediktionale, sogenanntes Pontifikale Heinrichs II., Staatsbibliothek Bamberg Msc.Lit.53, fol. 2v

Portraitdenar Kaiser Heinrichs II.

Als Zeichen herrscherlicher Autorität ließ Heinrich II. sein Bildnis oder ein stilisiertes Königs- oder Kaiserporträt auf Münzen prägen. Sieben Jahre nach seiner Wahl zum König, im Jahr 1009, übernahm Heinrich II. wieder die Herrschaft über das Herzogtum Baiern. Direkt danach begann er mit der Ausprägung eines neuen Denartyps, der statt der bisher eingesetzten Kirchendarstellung nun das Königsbild zeigte. Der Porträtdenar wurde nicht nur in Regensburg, sondern auch in den weiteren bayerischen Prägestätten hergestellt.

Portraitdenar Kaiser Heinrichs II. aus Regensburg, Staatliche Münzsammlung München

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