Die Sammlung des Architekturmuseums der TUM zur mittelalterlichen Baukunst (Zeichnungen und Modell)
Der Sakralbau war die bestimmende Bauaufgabe des Mittelalters. Die Entwurfstätigkeit folgte strengen geometrischen Regeln. Diese entsprachen der von Kirchenvater Augustinus (345-430) in seinem Traktat "De civitate Dei" (Vom Gottesstaat) formulierten Auffassung von Gott als dem "weisesten Schöpfer und gerechtesten Ordner aller natürlichen Dinge".
Im Mittelalter zählte das Bauen zu den artes mecanicae (mechanische Künste), den weniger hoch eingeschätzten körperlichen Tätigkeiten. Es entwickelte sich zu einer Art Geheimwissenschaft, die nur innerhalb der Bauhütten weitergegeben wurde.
Bis ins 13. Jahrhundert erfolgte das Entwerfen weitgehend im Maßstab 1:1. Nach Angabe des Baumeisters wurden Grundrisse, Aufrisse und Details auf dem Reißboden mit Richtscheit, Stift und Zirkel geritzt. Anschließend maß man anhand eines festgelegten Plans die Fundamente und Bauteile mit einer Messschnur ein. Ab Mitte des 13. Jahrhunderts sind maßstäblich verkleinerte Baurisse nachweisbar. Der Entwurf wurde mit einem spitzen Metallstift als Blindrillen-Vorzeichnung auf Pergamentbögen aus dicken Schweine- oder Kuhhäuten geritzt. Die Rillen wurden mit Tusche besser ablesbar und konnten bei Bauplanänderungen entsprechend verändert werden.
1486 erschien mit dem "Büchlein von der Fialen Gerechtigkeit" des Regensburger Dombaumeisters Matthäus Roriczer das erste gedruckte Steinmetzbuch. Es erläutert anhand eines Quadratursystems, der "Vierung über Ort", die Konstruktion und Bemessung gotischer Fialen (Zierelement in Form eines Türmchens). Erst mit der Renaissance etablierte sich im 15. Jahrhundert in Italien eine geometrisch konstruierte Darstellungsmethode, die Grundriss, Aufriss und Schnitt zu einer maßstabsgerechten Zeichnung verband.
Mit einem spätgotischen Turmriss, den spätmittelalterlichen Zeichnungen zur Nürnberger Fleischbrücke sowie dem Modell eines gotischen Netzgewölbes verwahrt die Sammlung des Architekturmuseums äußert seltene und wertvolle Unterlagen zur mittelalterlichen Baukunst.
Besondere Objekte der Sammlung:
- Spätgotischer Turmriss, um 1495
- Fleischbrücke Nürnberg, 1597/98
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Hans Heiß, Lehrbogenmodell eines gotischen Netzgewölbes, 1659
>> Diese Sammlung ist ein Bestand des Architekturmuseums der Technischen Universität München.