Christlich-Soziale Reichspartei (CSRP), 1920-1933

Beschreibung

Gegründet 1920 in Würzburg, zunächst unter dem Namen Christlich-Soziale Partei, 1926 umbenannt in Christlich-Soziale Reichspartei. Initiator war Vitus Heller (1882-1956), der einen "christlichen Sozialismus" als dritte Option einer Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung zwischen Sozialismus und Kapitalismus propagierte. Die Partei gewann lediglich 1924 ein Landtagsmandat in Bayern. Sie wurde im Juli 1933 aufgelöst. Heller wurde politisch verfolgt und zeitweise im KZ Dachau inhaftiert.

Gründung in Unterfranken 1920

Die spätere Christlich-Soziale Reichspartei (CSRP) entstand 1920 als Christlich-Soziale Partei (CSP) in . Ihr Initiator war der seit 1911 dort tätige Sekretär des Volksvereins für das katholische Deutschland, >> (1882-1956). Er war aus dem Ersten Weltkrieg als Pazifist zurückgekehrt und gab in Würzburg ab November 1918 die Wochenschrift "Das neue Volk" heraus. Darin propagierte er radikal-pazifistische Ideen und einen undefinierten "christlichen Sozialismus" als vermeintlich dritte Kraft neben Kapitalismus und Sozialismus. Aus Kontakten unter anderem mit >> (1887-1965), der in einen "Bund christlicher Sozialisten" gegründet hatte, entstand in Würzburg die CSP, die Heller seit 1921 führte. Dabei wurde er anfänglich von Zentrumspolitikern finanziell unterstützt, als Mitkämpfer gegen die in Bayern inzwischen vom Zentrum getrennte Bayerische Volkspartei (BVP). Deswegen nahm die CSP 1921 den Zusatz "Bayerisches Zentrum" an. Sie gewann bei der Landtagswahl 1924 allerdings nur ein Mandat ( >> , 1888-1964), und dieses auch nur für eine Wahlperiode.

Reichsweite Ausdehnung ab 1925

1925 dehnte Heller seine kleinbürgerlich strukturierte Partei, nunmehr in betonter Frontstellung gegen die "Rechtsschwenkung" des Zentrums, auf das Reichsgebiet aus. Seit 1926 trug sie die Bezeichnung Christlich-Soziale Reichspartei (CSRP). Ihr schloss sich 1926 vorübergehend die von Franz Hüskes geführte Christlich-Soziale Volksgemeinschaft an. Diese Splittergruppe mit Anhängern aus der Arbeiterschaft im nördlichen Rheinland und in Westfalen hatte sich 1922 vom Zentrum abgespalten, in das Hüskes allerdings bald zurückkehrte. Die CSRP mit geschätzten 5.000 Mitgliedern gewann bei den Reichstagswahlen 1928, trotz eines Wahlabkommens mit der Reichspartei für Volksrechte und Aufwertung (Volksrecht-Partei), mit 110.704 Wählerstimmen (0,4 %) keinen Abgeordneten. Sie nahm damit allerdings dem Zentrum, das insgesamt acht Sitze verloren hatte, ein Mandat ab. Auch die bei der Reichstagswahl von 1930 von der CSRP erzielten 271.291 Stimmen (0,8 %) reichten nicht für einen Einzug in den Reichstag.

Inhaltliche Hinwendung zum Kommunismus

Bei ihrem Einsatz für eine neue Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung blieb die Splittergruppe "Heller-Bewegung" von ethischem Rigorismus bestimmt. Dabei übernahm sie zunehmend auch kommunistisches Gedankengut, vor allem in der Eigentumsfrage. Die seit Anfang 1931 in Arbeiter- und Bauernpartei Deutschlands (ABPD) umbenannte Gruppierung erschien nurmehr als KPD-Annex, Heller selbst als "katholischer Kommunist". Der führende Zentrumspolitiker >> (1878-1965) bezeichnete ihn 1930 als eine "Mischung von Lenin und Franz von Assisi" (Focke, Sozialismus, 123). Trotz betonter Ablehnung seiner christlich-fundamentalistischen Ideen durch alle westdeutschen Bischöfe, die 1929 auch ihren Geistlichen eine Mitarbeit am "Neuen Volk" untersagten, blieb der politische Außenseiter Heller seiner Kirche treu.

Verbot der CSRP 1933 und Wirken Hellers nach 1945

Ende März 1933 wurden Hellers Wochenschrift verboten, im Juli die ABPD aufgelöst und er selbst für drei Monate im KZ inhaftiert. Auch einige seiner Anhänger wurden politisch verfolgt. Heller war den folgenden Jahren in Würzburg zeitweise auf Wohlfahrtsunterstützung angewiesen. 1945 zählte er dort, zusammen mit dem früheren christlichen Gewerkschafter und Reichsminister >> (1874-1945), zu den Mitgründern der CSU in Unterfranken. 1948-1951 war der ehrenamtliche Stadtrat als Flüchtlingskommissar in Würzburg tätig.

Bayerische Staatsbibliothek