Erstes Landesschießen der bayerischen Einwohnerwehren, 1920

Beschreibung

Veranstaltung der bayerischen Einwohnerwehren in München vom 26. September bis zum 2. Oktober 1920. Mit rund 40.000 anwesenden Wehrmännern demonstrierten die Einwohnerwehren nochmals ihre Macht und erregten internationales Aufsehen. Die Allierten verstärkten ihren Druck auf das Reich, sodass die bayerische Wehrorganisation im Juni 1921 aufgelöst wurde.

Der Hintergrund: die Auseinandersetzungen um die Auflösung der Einwohnerwehren

Entsprechend der Bedeutung des Wehrwesens hatten die bayerischen Einwohnerwehren bereits seit Beginn ihres Bestehens 1919 – nicht zuletzt zu Werbezwecken – zahlreiche lokale und regionale Preisschießen veranstaltet. Auch das große "Erste Landesschießen" der Einwohnerwehren anlässlich des Oktoberfestes 1920 sollte vornehmlich der Werbung und Präsentation der Wehrbewegung dienen. Dies galt umso mehr, als sich die Debatte um die Auflösung der Wehren seit dem Ultimatum der Entente vom 9. Juli 1920 merklich verschärft hatte. Der Landeshauptmann der Einwohnerwehren >> (1870-1941) hatte daraufhin im Einvernehmen mit Ministerpräsident >> (1862-1934) eine Propagandaoffensive gestartet, für die er nun auch das Landesschießen nutzen wollte. Warnende Stimmen aus der Organisation selbst, dass gerade das massierte Auftreten bewaffneter Zivilisten die Entente veranlassen könnte, ihre Forderungen zu forcieren, wurden ignoriert.

Die Veranstaltungen

So marschierten am 26. September 1920 rund 40.000 Wehrmänner aus ganz Bayern in einem Meer aus weiß-blauen und schwarz-weiß-roten Fahnen durch – das Schwarz-Rot-Gold der Republik war nirgends zu sehen. Die Eröffnungsveranstaltung auf dem Königsplatz geriet zu einer machtvollen Demonstration der vaterländischen Wehrbewegung. Kahr fand in seiner Begrüßungsansprache äußerst lobende Worte für den staatstragenden Geist der Wehren. Neben den Landeshauptleuten der Einwohnerwehr, Georg Escherich und >> (1873-1956), war praktisch die gesamte Prominenz der Münchner Rechten anwesend. Unter den Ehrengästen befanden sich >> (1868-1947), >> (1865-1937) und Justizminister >> (Mittelpartei, 1873-1934), aber auch der liberale Handelsminister >> (DDP, 1879-1944). Für die eigentlichen Wettbewerbe, die auf dem Schießplatz Neufreimann stattfanden, hatte die bayerische Staatsregierung Ehrenpreise gestiftet.

Die Reaktion der Alliierten

Die Reaktion der Entente auf die bis zum 2. Oktober dauernden öffentlichen Wehrsportveranstaltungen konnte nicht ausbleiben. Nach einer Welle aufgebrachter Pressekommentare vor allem in Frankreich ließ die Interalliierte Entwaffnungskommission für Deutschland am 12. Oktober 1920 bei der Reichsregierung anfragen, was diese zur Auflösung der Wehren zu tun gedenke. Ab Januar 1921 verstärkten die Alliierten ihren Druck auf Deutschland dann bis hin zur Besetzung territorialer Faustpfänder im Ruhrgebiet. Im Juni des Jahres mussten selbst Kahr und Escherich nachgeben und die bayerische Wehrorganisation – offiziell – auflösen. Nachfolger der Einwohnerwehren wurde der Bund "Bayern und Reich".

Das Landesschießen als Mythos

Das Landesschießen von 1920 jedoch blieb weiten Teilen der Bevölkerung als augenfällige Demonstration einer angeblich "organischen", bodenständigen Gemeinschaft des "Volkes in Waffen" in positiver Erinnerung. Nicht zuletzt spätere Wehrbewegungen wie der "Bayerische Heimatschutz", aber auch die Nationalsozialisten konnten an diesen Mythos anknüpfen.

Bayerische Staatsbibliothek