Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland
Beschreibung
Die auf Joseph von Görres (1776-1848) zurückgehenden Historisch-politischen Blätter zählten zum konservativ-katholischen Spektrum des Pressewesens im 19. und 20. Jahrhundert. Sie erschienen von April 1838 bis 1923 in München und waren die einflussreichste Zeitschrift des deutschen Katholizismus, wegen der Umschlagfarbe auch "Gelbe Hefte" genannt.
Sprachrohr des Görreskreises
Die Juristen >> (1801-1852) und >> (1804-1872) gründeten die Historisch-politischen Blätter im Februar 1838 als Sprachrohr des Görreskreises; das erste Heft erschien am 1. April 1838. Beide hatten maßgeblichen Anteil an der Ausbildung des politischen Katholizismus innerhalb des Deutschen Bundes. Zunächst stand die Zeitschrift im gemeinsamen Besitz der Familien Phillips und Görres, seit 1859/60 war sie alleiniges Eigentum der Familie Görres.
Herausgeber und prominente Mitarbeiter
Nach >> und >> fungierte der Archivar, Publizist und Politiker >> (1819-1901), zeitweilig Vorsitzender der Bayerischen Patriotenpartei im Landtag, von 1852 bis 1901 als Herausgeber. Er bekämpfte den Beitritt Bayerns zum kleindeutschen Kaiserreich. Seit 1903 war der Urenkel von Görres, der Archivar >> (1860-1923, seit 1916 Direktor des Bayerischen Allgemeinen Reichsarchivs, seit 1920 Generaldirektor der Staatlichen Archive Bayerns), Mit-, ab 1914 alleiniger Herausgeber. Die politische Richtung der Hefte wurde von den Herausgeberpersönlichkeiten geprägt.
Zu den Mitarbeitern zählte auch eine Reihe herausragender Persönlichkeiten des deutschen Katholizismus, darunter >> (1776-1848), >> (1799-1890), >> (1843-1919), >> (1875-1921) oder >> (1885-1968).
HerausgeberZeitraumBemerkungen >> (1804-1872) und >> (1805-1852)1838-1849bis 1849 gemeinsam >> 1838-1852 >> (1819-1901)1852-1901seit 1858 zusammen mit >> >> (1828-1914)1901-1914seit 1903 zusammen mit >> >> (1860-1923)1914-1923
Inhaltliche Schwerpunkte
Die Zeitschrift war großdeutsch, föderalistisch, monarchisch und katholisch ausgerichtet; die Dominanz des protestantischen Preußen und später das kleindeutsche Reich wurden abgelehnt. Enge Verbindungslinien liefen zur Bayerischen Patriotenpartei bzw. (ab 1887) zum Zentrum in Bayern. Die Artikel umspannten ein weites Spektrum mit einem deutlichen Schwerpunkt im Bereich der Geschichte, der Kultur und daraus resultierend auch der Politik.
Publikation und Verbreitung
Die Historisch-politischen Blätter erschienen vierzehntägig in Commission bei der literarisch-artistischen Anstalt beziehungsweise später in Theodor Riedels Buchhandlung in . Zwölf Hefte bildeten einen Band, so dass pro Jahr zwei Bände vorlagen. Vom ersten Halbband des Jahrganges 1838 bis zum ersten Halbband 1923 erschienen 171 Bände. Ein Band konnte dabei über 900 Seiten umfassen.
Die Zeitschrift verfügte über wesentlich mehr Leser als die Auflagenhöhe von allenfalls 2.000 suggeriert, weil sie in Bibliotheken, Priesterseminaren und katholischen Verbindungshäusern gehalten wurde.
Das Ende
Wegen ihrer streng katholischen Ausrichtung deutete sich bereits vor der Wende des Zentrums von 1917 eine Lösung von dieser Partei an, die nach Auffassung der Blätter die katholische Weltanschauung mittlerweile zu gering achtete. Die Zeitschrift behielt ihre hochkonservative Grundausrichtung auch nach 1918 bei, während gleichzeitig ihr politischer Einfluss schwand. Revolution und demokratische Regierungsform lehnten die Blätter ab, da die Rousseausche Volkssouveränität nicht vereinbar sei mit der katholischen Vorstellung, dass alle Staatsgewalt von Gott ausgehe, das Volk daher nur Träger derselben sein könne. Nun geriet auch die 1918 neu gegründete Bayerische Volkspartei (BVP) in die Kritik, insoweit sich ihre Vertreter mit Revolution und Republik arrangierten. Mit dem Tode von >> am 3. Mai 1923 stellten die Historisch-politischen Blätter ihr Erscheinen ein.
Nur bedingt können die "Gelben Hefte", die der Münchner Historiker >> (1881-1941) 1924 gründete, als Nachfolgeorgan gelten. Ihre politische Grundtendenz lässt sich als die eines betont nationalen Katholizismus mit der Orientierung am Hohenzollern-Reich charakterisieren. Obwohl sich die Zeitschrift über den in ihr vertretenen Nationalkatholizismus ab 1933 zeitweilig nationalsozialistischen Vorstellungen öffnete, musste sie zum Jahresende 1941 ihr Erscheinen einstellen.