Regensburger Abkommen, 28. November 1927

Beschreibung

Abkommen zwischen Bayerischer Volkspartei und Zentrumspartei vom 28. November 1927, dessen Inhalt am 19./20. November 1927 in Regenburg vereinbart wurde. Es beendete die seit 1918 bestehende Konkurrenzsituation in den bayerischen Wahlkreisen.

Zum Inhalt des Abkommens

Am 19. und 20. November 1927 trafen sich in die zu diesem Zweck seit Frühjahr 1927 eingerichteten Kommissionen der Bayerischen Volkspartei (BVP) (Mitglieder: Vorsitzender der BVP-Reichstagsfraktion >> [1868-1940], der führende Kopf der Trennung des bayerischen Zentrums vom Reichszentrum im November 1918 >> [1865-1938], der Landtagsfraktionsvorsitzende >> [1865-1952], Generalsekretär >> [1888-1957] sowie der Präses der süddeutschen Katholischen Arbeitervereine >> [1870-1952]) und der Deutschen Zentrumspartei (Mitglieder: geschäftsführende Vorsitzende der Reichstagsfraktion >> [1863-1943] und >> [1874-1945], Mitglieder des Parteivorstands >> [1878-1965] und >> [1881-1962] sowie Generalsekretär >> [1892-1968]), um ihre seit Beginn der Weimarer Republik schwelende Rivalität beizulegen. Das von den beiden Parteivorsitzenden am 21. ( >> [1862-1942]) bzw. 28. November ( >> [1863-1946]) unterzeichnete Abkommen (Druck: Germania 555 / 29. 11. 1927) sah für die beiden Reichstagsfraktionen gelegentliche gemeinsame Sitzungen vor und opferte die wenigen Zentrumsverbände im rechtsrheinischen Bayern. In der Pfalz blieben Organisation und Presse beider Parteien selbständig; sie wurden aber in ein enges Kompromisskorsett gezwängt: Bei Landtagswahlen durften Zentrumskandidaten nur noch auf der BVP-Liste nominiert werden; bei Reichstagswahlen hatte der Kandidat der BVP auf der gemeinsamen Liste den einzigen aussichtsreichen Platz inne; der Kandidat des Zentrums sollte auf dessen Reichsliste abgesichert werden. Die Zusammenarbeit in den Kommunen blieb den Entscheidungen vor Ort vorbehalten. Die Zentrumspartei hatte die größeren Konzessionen gemacht, da sie diese als Vorleistungen für die von der BVP nicht gewollte und bis zum Untergang der Weimarer Republik nicht mehr erreichte Vereinigung begriff.

Hintergrund: die Spaltung des politischen Katholizismus 1918

Damit war ein Streit innerhalb des politischen Katholizismus in Deutschland bereinigt worden, der seit dem 12. November 1918 schwelte. Damals hatten unmittelbar nach dem Zusammenbruch der Monarchie in Bayern und im Reich Agrarier, Föderalisten und Monarchisten, vorwiegend aus Altbayern, auf einer Konferenz in Regensburg die Trennung des bayerischen Zentrums von der Reichspartei proklamiert. Die gleichzeitige Gründung der Bayerischen Volkspartei (BVP) wurzelte in der Abneigung gegen den Zentralismus und Linkskurs des Zentrums während des Ersten Weltkriegs. Da Teile der Arbeiterschaft, des Bürgertums und des Klerus aber diesen Bruch nur schwer akzeptierten, bildete die neue Partei zunächst mit der Deutschen Zentrumspartei in der Nationalversammlung eine Fraktionsgemeinschaft, die aber schon 1920 zerfiel.

Vergebliche Ausgleichsversuche 1920 bis 1927

Obwohl die BVP sogleich den Rückzug des Zentrums aus ganz Bayern forderte, bestanden in der Pfalz, also im linksrheinischen Bayern, Verbände beider Parteien fort - ein Zustand, der durch die Gründung eines Zentrumsverbands für die Pfalz am 13. April 1924 gefestigt wurde. Im rechtsrheinischen Bayern förderte das Reichszentrum die Zusammenarbeit seiner wenigen Verbände mit der Christlich-Sozialen Partei bis zur Neugründung der Bayerischen Zentrumspartei am 1. Februar 1925. Die fortdauernde Rivalität erreichte ihren Höhepunkt, als sich beide Parteien während der Reichspräsidentenwahlen von 1925 bekämpften (die BVP unterstützte den protestantischen Kandidaten der Rechtsparteien, >> [1847-1934], während die Schwesterpartei Zentrum mit Wilhelm Marx den eigenen Parteivorsitzenden aufgestellt hatte). Dennoch dauerte es noch bis zum Februar 1927, ehe sich beide Parteiführungen um einen Modus vivendi bemühten. Die am 26. Mai 1927 in vereinbarte engere Zusammenarbeit in der Reichspolitik wie in der Pfalz stieß aber in der Zentrumspartei auf so heftige Ablehnung, dass noch zwei weitere Vermittlungsversuche (17. Juli und 1. Oktober 1927) nötig waren, ehe es zur Regensburger Lösung kam.

Bayerische Staatsbibliothek