Rhein-Main-Donau-Kanal

Beschreibung

Der Rhein-Main-Donau-Kanal ist die künstliche schiffbare Verbindung zwischen den Flüssen Rhein, Main und Donau. Seine Vorläufer gehen auf Karl den Großen bzw. König Ludwig I. zurück. Das Gesamtkonzept der Anlage sah neben dem Kanalbau die Erweiterung des Mains und der Donau zur Großschifffahrtsstraße sowie die Errichtung von Wasserkraftwerken zur Elektrizitätsgewinnung vor. Bauträger war die 1921 gegründete Rhein-Main-Donau AG mit Sitz in München. Der 171 km lange Kanal wurde 1960 begonnen und am 25. September 1992 eröffnet. Vor allem der weitere Donauausbau rief seit den 1970er Jahren massive Proteste von Umweltschützern hervor.

Die Vorläufer: Fossa Carolina und Ludwigskanal

Dort, wo sich die ehemaligen Stammesgebiete von Franken, Bayern und Schwaben berühren, liegen auch die Stromsysteme von Donau und Rhein sehr nah beieinander. Strategisch wie verkehrsgeographisch bildete dieses Gebiet bereits für >> (747-814, Kaiser seit 800) eine ideale Voraussetzung, um nicht nur die Handelswege (Karl der Große reiste v. a. per Schiff) in seinem Reich besser miteinander zu verbinden. Zwischen und (Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen), wo sich eine europäische Wasserscheide befindet, begann man auf seinen Befehl hin, die Flüsse Rezat und Altmühl mit einem Graben "zweitausend Schritte lang und dreihundert Fuß breit" (aus: Annalen "Laurissenses maiores") zu verbinden. Mangelnde technische Voraussetzungen, wie etwa leistungsfähige Schleusen, waren vermutlich einer der Gründe, warum sich die Verbindung nicht lange halten konnte und sie wieder verlandete. Ein Teil dieser Kanalverbindung ist jedoch bis heute erhalten geblieben.

Erst im späten 17. Jahrhundert tauchten erneut Pläne einer Kanalverbindung von Rhein und Donau auf. Graf Wolf von Weikersheim veröffentlichte 1662 eine Schrift, in der er die Idee und die Vorteile einer Wasserstraßenverbindung zwischen Main und Donau erörterte. Sein wichtigstes Argument für den Bau war die dadurch mögliche Umgehung der Meerenge von Gibraltar auf dem Weg ins Mittelmeer. Argumentative Unterstützung fand Weikersheim im Nationalökonomen >> (1635-1682). Doch erst im Verlauf des 18. Jahrhunderts wurden die Pläne breiter diskutiert. Zwar war das Thema immer noch nur in intellektuellen Kreisen auf der Tagesordnung. Doch erreichte die Idee einer Wasserstraße zwischen Main und Donau in den 1780er Jahren den Bayerischen Kurfürsten >> (1724-1799, seit 1777 Kurfürst von Bayern). Ein unter anderem von ihm unterstütztes Bauprojekt einer Verbindung von Rhein und Donau durch den Ausbau des Neckar, bei dem Bayern, Württemberg und Pfalz zusammenarbeiteten, scheiterte insbesondere aus finanziellen Gründen.

Wieder aktuell wurde das Thema Wasserstraße im Jahr 1800 durch ein Ansinnen >> (1769-1821), der die Ingenieure Vallier aus Frankreich und >> (1768-1845) aus Bayern mit einer Machbarkeitsstudie beauftragte. Parallel dazu veröffentlichte 1801 Michael Georg Regnet eine eigene Abhandlung über die seiner Ansicht nach günstigste Streckenführung einer solchen Wasserstraße. Wenig später war es >> (1759-1838), der >> (1762-1842) beauftragte, bisher angedachte Streckenführungen für den Kanalbau auf deren Tauglichkeit hin zu untersuchen. Wiebeking verwarf bis auf die Streckenführung zwischen den Flüssen Altmühl und Roth alle anderen Pläne. Die Napoleonischen Kriege indes verhinderten vorerst weitere Baupläne.

Im Jahr 1818 beauftragte das Finanzministerium erneut einen Sachverständigen. Diesmal war es >> (1774-1861), der mögliche Streckenführungen für den Kanalbau untersuchen sollte. Er empfahl die Strecke über und die Schwarzachverbindung. Auf sein Gutachten hin kam es 1819 im Landtag zu einer Debatte über das Projekt. In diese mischte sich >> (1763-1835) ein, der den Kanalbau ablehnte und vielmehr eine Pferdebahnverbindung bevorzugte, im Fall einer positiven Entscheidung für den Kanalbau für die Pechmannroute plädierte. Im gleichen Jahr schaltete das Finanzministerium einen neuen Gutachter ein, >> (1771-1826). Auf Reichenbachs Vorschlag hin ließ das Ministerium den potentiellen Streckenverlauf zwischen und genau kartographieren. 1832 schaltete sich schließlich König >> (1786-1868, reg. 1825-1848) direkt in die Planung ein und drängte Pechmann dazu, seinen ausgearbeiteten "Entwurf für einen Kanal zur Verbindung der Donau mit dem Maine" zu veröffentlichen. Zwei Jahre später wurde dem Landtag von der Regierung ein erster Gesetzesentwurf zur Umsetzung des Pechmannentwurfs vorgelegt. Vor allem auf Einwirken >> (1763-1840) wurde der Gesetzentwurf in Details geändert und schließlich am 1. Juli 1834 vom Parlament verabschiedet. 1836 machte sich die unter großer Beteiligung des Bankhauses Rothschild gegründete Aktiengesellschaft an die Ausführung des nunmehr als "Ludwigs-Donau-Main-Kanal" benannten Projekts. Die Bauarbeiten schritten trotz zum Teil widriger Umstände und einiger Planänderungen rasch voran. Schon 1843 konnte die Teilstrecke Bamberg-, am 25. August 1845 dann der Kanal auf seiner gesamten Länge freigegeben werden.

Der Ludwigskanal konnte auch aufgrund des beginnenden Eisenbahnzeitalters nie die Bedeutung gewinnen, die ihm zugedacht war. Konnte im Jahr 1856/57 noch ein Überschuss von 166.151 Mark erwirtschaftet werden, rutschte man 1863/64 bereits ins Minus (Defizit: 30.853 Mark). Seitdem sank die beförderte Tonnage stetig, während sich das Defizit weiter vergrößerte. Lange schon hatte der Kanal seine überregionale Bedeutung eingebüßt, als gegen Ende des Zweiten Weltkriegs Bombentreffer auch den Ludwigskanal nicht mehr vollständig benutzbar machten. Am 4. Januar 1950 beendete das Bayerische Innenministerium die Frachtschifffahrt auf dem Ludwigskanal.

Der Neuanstoß durch den "Verein zur Hebung der Kanal- und Flußschiffahrt in Bayern"

Am 6. November 1892 gründete sich in Nürnberg der "Verein zur Hebung der Fluß- und Kanalschiffahrt in Bayern". Die Idee, die Stromgebiete von Rhein und Donau mithilfe eines schiffbaren Kanalsystems zu verbinden, bekam neuen Nährboden. 29 Städte und Gemeinden, 13 Handelskammern und wirtschaftliche Korporationen sowie 286 Firmen und Einzelpersönlichkeiten wurden Mitglieder im Verein. Der Verein wollte eine Großschifffahrtsstraße errichten, die den Rhein über den Main mit der Donau verbinden sollte. Mehrere Unterstützungsgesuche des Vereins bei der bayerischen Staatsregierung scheiterten. Erst nach dem Ersten Weltkrieg und der Revolution von 1918/19 kam es am 13. Juni 1921 zu einem Staatsvertrag zwischen Bayern und dem Deutschen Reich (seit 1919 war das Deutsche Reich aufgrund der Artikel 97 und 171 der Weimarer Verfassung Eigentümer der Donau), in dem sie sich "verpflichten ..., den Plan der Main-Donau-Wasserstraße baldigst zu verwirklichen, soweit die Finanzlage des Reiches und Bayerns dazu die Möglichkeit bietet." (Art. 1 des Vertrags zwischen dem Reiche und Bayern über Ausführung der Main-Donau-Wasserstraße, kurz: "Main-Donau-Staatsvertrag" oder "Main-Donau-Vertrag"). Als gemeinsames Unternehmen wurde am 31. Dezember 1921 die "Rhein-Main-Donau-Aktiengesellschaft" (RMD) mit Sitz in gegründet. Der "Rhein-Main-Donau-Aktiengesellschaft" wurde im Main-Donau-Staatsvertrag die Nutzung der Wasserkraft zur Energieerzeugung mit einer Konzessionslaufzeit bis ins Jahr 2050 zugesichert.

Der Ausbau des Mains und der Donau

Zwischen 1897 und 1900 wurde der Main zwischen Frankfurt und Offenbach, von 1913 bis 1921 zwischen Offenbach und ausgebaut. Von Aschaffenburg ab lag der Ausbau nun im Zuständigkeitsbereich der RMD, die mitten in der Inflation, am 1. Dezember 1922, mit dem Bau der Strecke zwischen Aschaffenburg und Bamberg begann. Das erste RMD-Kraftwerk, die Untere Mainmühle bei , ging bereits 1924 in Betrieb; 1925 folgte die etwas größere Anlage . Während der Inflationszeit konnte man durch die Gründung einer Tochtergesellschaft in England ausländisches Kapital für den Weiterbau der Kraftwerksanlagen und der Kanalstrecke einsammeln. Ab 1927 konnte man den Weiterbau mainaufwärts sukzessive weiterführen. Auch an der Donau baute man weiter. Ebenfalls 1925 wurde das Schleusenwerk Kachlet oberhalb von in Betrieb genommen (1928 folgte das Elektrizitätswerk, nachdem die Donau rund sechs Monate aufgestaut worden war).

Mit dem "Anschluss Österreichs" 1938 übernahm das Deutsche Reich den weiteren Ausbau mit dem am 11. Mai 1938 in Kraft getretenen "Rhein-Main-Donau-Gesetz". Der Zweite Weltkrieg brachte das Unternehmen schließlich 1943 zum Erliegen.

Bereits 1947 setzte man die Bauarbeiten teilweise fort, noch bevor die RMD wieder vollständige Rechtssicherheit hatte. Mit dem sog. Zwischenvertrag erklärten sich die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, der Freistaat Bayern und die RMD am 9. September 1949 mit dem Weiterbau der Main-Donau-Verbindung einverstanden und stellten der RMD die notwendigen Darlehen bereit. 1957 konnte die Mainkanalisierung zwischen und (Lkr. Kitzingen) fertiggestellt werden. 1962 schließlich war mit der feierlichen Eröffnung des Bamberger Hafens am 25. September 1962 die Mainkanalisierung fertiggestellt. Insgesamt 29 Kraftwerke mit 56 Generatoren und einer Leistung von 141.310 kVA wurden entlang der Mainstrecke von der RMD errichtet.

Bau und Eröffnung des Donau-Main-Kanals

1959 wurden parallel zur Mainkanalisierung die Arbeiten am Kanal zwischen Bamberg und Nürnberg begonnen; die in mehreren Etappen freigegebene Strecke (Bamberg-: 1968; Forchheim-: 1968; Erlangen-Hafengelände : 1972; Fürth-Nürnberg: 1972) überwand auf 72 km Länge 81,7 m Höhenunterschied. Doch noch war die Donau nicht erreicht, der Ausbau der Strecke zwischen Nürnberg und Kelheim nicht abgeschlossen. Die gewaltigen Anforderungen dieses Streckenabschnittes an die Ingenieure werden durch die bloßen Zahlen verdeutlicht: Auf 98 km Länge musste die Europäische Wasserscheide bei (Lkr. Roth) mit 406 m über NN überwunden werden (Hafen Nürnberg: 313 m über NN), bevor es bis Kelheim wieder runter auf 338 m über NN ging. Am 26. März 1979 kam es auf der Teilstrecke Nürnberg-, südöstlich von (Stadtteil von Nürnberg), zu einem verheerenden Kanalbruch. In kürzester Zeit ergossen sich rund 800.000 Kubikmeter Wasser aus dem Kanalabschnitt in die tiefer gelegene Ortschaft Katzwang. Zahlreiche Häuser wurden zerstört, ein Kind getötet und acht Menschen verletzt, der finanzielle Schaden enorm. Sogar der Rechts- und Kommunalausschuss des Bayerischen Landtags beschäftigte sich 1982 mit den Ursachen und Lehren der Katastrophe.

Trotz dieses Zwischenfalls gingen die Arbeiten zügig voran. Die Strecke Nürnberg-Roth wurde am 27. September 1985 eröffnet, die Strecken Roth- und - am 15. Juni 1991. Lediglich 20 km fehlten noch zur durchgängigen Befahrbarkeit. Der Abschnitt Kelheim-Riedenburg folgte am 15. Mai 1989. Am 25. September 1992 wurde schließlich - 1.199 Jahre nach der Fossa Carolina, 146 Jahre nach dem Ludwigskanal und 71 Jahre nach Gründung der RMD - die europäische Wasserstraße für den durchgängigen Verkehr freigegeben und verbindet seither Nordsee und Schwarzes Meer auf dem kürzesten Weg.

Der Streit um die Kanalisierung der Donau

Brisanz erhielt der Kanalbau im Zuge einer veränderten gesellschaftlichen Grundhaltung in Bezug auf grobe Eingriffe in die Natur. Insbesondere die Baumaßnahmen im Altmühltal stießen zunehmend auf Widerstand und Unverständnis. Gegner wie Befürworter des Kanalbaus versuchen seither mit jeweils für sie positiven Gutachten und Studien den Ausbau zu stoppen. Auch auf politischer Ebene wurde das Thema zum Zankapfel. Der Bund versuchte sich als Projektpartner und Finanzier spätestens seit den Bundesverkehrsministern >> (geb. 1940, SPD, Bundesminister für Verkehr 1980-1982) und >> (1918-2008, CSU, Bundesminister für Verkehr 1982-1987) aus dem Projekt zurückzuziehen. Hauff diffamierte das Bauprojekt als "ziemlich das dümmste Projekt seit dem Turmbau zu Babel" (Der Spiegel, 7.12.1981) und Dollinger bezweifelte 1982, ob zukünftig der Frachtverkehrsbedarf steigen werde.

Dennoch hielt der Freistaat Bayern am Weiterbau fest und bestand auf die Einhaltung der Verträge seitens der Bundesrepublik, insbesondere auf dem im Jahr 1966 geschlossenen Duisburg-Vertrag und vor allem die weitere Finanzierung der noch unausgebauten Streckenabschnitte, darunter die Strecke -, vereinbart. Gleich nach der Eröffnung des Kanals 1992 begannen daher auch die Planungen für den letzten unausgebauten Streckenabschnitt der Donau zwischen Vilshofen und Straubing. Auch auf diesem 69 km langen Abschnitt stehen sich seit Jahren Befürworter und Gegner unversöhnlich gegenüber und argumentieren in der für die jeweils eigene Sichtweise genehmen Art und Weise. Im Oktober 2012 sorgte Bayerns Umweltminister Marcel Huber (CSU, geb. 1958) für Hoffnungen auf Seiten der Ausbaugegner, als er sich - gestützt auf neue Gutachten - öffentlich gegen Staustufe und Kanal an der Mühlhamer Schleife aussprach. Im Februar 2013 entschied die Bayerische Staatsregierung von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU, geb. 1949, Ministerpräsident seit 2008), dass es auf diesem Teilstück keinen umfassenden Ausbau der Donau mit Staustufen geben werde, sondern naturverträglich den Anforderungen des Schiffsverkehrs angepasst würde.

Bayerische Staatsbibliothek