Friedensbund Deutscher Katholiken, 1919-1933

Beschreibung

1919 bis 1933 bestehende Friedensorganisation deutscher Katholiken, deren Gründung nicht zuletzt durch den Friedensappell von Papst Benedikt XV. (1854-1922, reg. 1914-1922) angeregt worden war. Der Friedensbund, für dessen Arbeit Pater Franziskus Maria Stratmann OP (1883-1971) die theoretische Fundierung lieferte, fand in der kirchlichen Hierarchie nur bedingt Rückhalt, unter anderem beim Münchner Erzbischof Michael Faulhaber (1869-1952, Erzbischof 1917-1952), der 1932 Protektor des Bundes wurde.

Gründung nach dem Friedensappell Papst Benedikts XV. vom 1. August 1917

In seinem Friedensappell an die Mittelmächte und die Entente forderte Papst >> (1854-1922, reg. 1914-1922) zur Beendigung des Krieges auf. Er sprach sich für die moralische Macht des Rechts und gegen die Gewalt der Waffen aus, für die Einrichtung der obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit und eine kontrollierte Abrüstung.

Noch im August 1917 rief >> (1868-1950, Pfarrer in ) im Rahmen des bereits 1916 von Pfarrer >> (1887-1944, Priester des Erzbistums Freiburg) in Graz gegründeten "Weltfriedenswerks vom Weißen Kreuz" (1917: "Weltfriedensbund vom Weißen Kreuz") zur Gründung eines Friedensbundes katholischer Geistlicher auf. Kaplan >> (1886–1923), Rottenburger Diözesanpriester, veröffentlichte 1917 die Schrift "Wir Christen und das päpstliche Friedensprogramm", durch die >> (1875-1921) auf den Friedensbund aufmerksam wurde.

Erster Vorsitzender war bis Oktober 1919 >> (1887-1965), langjähriger Herausgeber der "Katholischen Weltkorrespondenz" und Autor des Buches "Der christliche Sozialismus" (1919). Er gründete 1920 mit >> (1882-1956) die "Christlich-Soziale Partei Bayerns" (Bayerisches Zentrum), die sich 1925 als unabhängige Christlich-Soziale Reichspartei konstituierte.

Nachfolger Krals war für kurze Zeit Matthias Erzberger. Am 2. Oktober 1919 wurde auf der "Konferenz katholischer Pazifisten" in beschlossen, den Friedensbund auf eine breitere Grundlage zu stellen: Nachfolger Erzbergers wurde Magnus Jocham, der von Heufelden bei Ehingen aus die Verantwortung für Süddeutschland sowie die Geschäftsführung übernahm, während Pater Stratmann von Berlin aus für Norddeutschland zuständig war. Nach dem Tod Jochams amtierte Dr. Miller und ab 1929 Dr. Gunst als Vorsitzender des Bundes. Die eigentliche Leitfigur aber war Pater >> OP (1883-1971), von 1924 bis 1933 zweiter Vorsitzender. Im Jahr 1921 zählte der Friedensbund 1.200 Mitglieder.

Organisatorische Entwicklung

Größere Resonanz fand der Friedensbund mit dem "Congrès démocratique international pour la paix" (Freiburg/Breisgau 1923) des pazifistischen Politikers >> (1874-1950), auf dem dieser seine Landsleute aufrief, die Besetzung des Ruhrgebiets zu beenden. Die überzeugende Grundlegung katholischen Friedenshandelns lieferte Pater Stratmann mit dem 1924 erschienenen Buch "Weltkirche und Weltfrieden", durch das er der "heimliche Führer" des Friedensbundes wurde. Auf der ersten Reichstagung in Hildesheim (1924) wurden die "Richtlinien des Friedensbundes Deutscher Katholiken" verabschiedet und eine eigene Zeitschrift gegründet, die "Katholische Friedenswarte" (ab 1926 "Der Friedenskämpfer").

Eine Gruppe junger intellektueller Redakteure der von Professor >> (1881–1963) herausgegebenen "Rhein-Mainischen Volkszeitung" (Frankfurt) setzte sich mit Nachdruck für den Friedensbund ein, darunter >> (1901-1991), >> (1889-1964) und >> (1894-1947). Die Geschäftsstelle des Bundes wurde von Berlin in die Räume der Rhein-Mainischen Volkszeitung verlegt. Mit etwa 8.000 aktiven und 40.000 korporativen Mitgliedern war der Friedensbund die zweitgrößte pazifistische Organisation. Übertroffen wurde er nur noch von der 1892 gegründeten Deutschen Friedensgesellschaft.

Argumentation gegen den Krieg

Im Zentrum der religiös begründeten Ablehnung des Krieges standen das Liebesgebot und das Tötungsverbot >> . Stratmann griff zwar die neoscholastische und einflussreiche Lehre vom gerechten Krieg auf, dessen grundsätzliche Berechtigung er akzeptierte, den er aber unter den Bedingungen der modernen Waffentechnik (Giftgas!) für nicht mehr erlaubt hielt. Diese moraltheologische Begründung sollte eher konservativen Katholiken entgegenkommen.

Ab 1926 wandte sich der Friedensbund stärker politischen Fragen zu. Vor allem warb er für die deutsch-französische und die deutsch-polnische Verständigung; wie Benedikt XV. trat er für den Völkerbund, für Schiedsgerichtsbarkeit und Abrüstung ein.

Im September 1928 hielt der Friedensbund in seine fünfte Reichstagung ab; in der Silvesterpredigt vom gleichen Jahr nahm Kardinal >> (1869-1952, Erzbischof 1917-1952) Stellung zum modernen Krieg, den er – in Übereinstimmung mit Pater Stratmann – für "nicht mehr menschlich" hielt (Die Friedensbotschaft des Kardinals Faulhaber, in: Der Friedenskämpfer 5/1929, Nr. 4, S. 11-12).

Ablehnung und Zustimmung

Der Friedensbund wollte als "Sauerteig" in der Kirche, den katholischen Organisationen und im Zentrum wirken. Diese Strategie erwies sich jedoch als wenig erfolgreich; die Bischöfe verhielten sich zurückhaltend oder ablehnend. Ausnahmen waren Bischof >> (1870-1949) von Rottenburg, der 1938 aus seiner Diözese vertrieben wurde, und der Münchner Erzbischof Faulhaber, der im Februar 1932 anlässlich der Genfer Abrüstungskonferenz in seiner Predigt über Kriegsethik und Friedensrüstung zum Eintritt in den Friedensbund aufforderte; seit 1932 war er offizieller "Protektor" des Friedensbundes.

Zustimmung fand der Bund bei den katholischen Jugendbünden, beim niederen Klerus, bei Teilen der katholischen Lehrer(innen), bei der Zentrumsjugend und bei der Christlich-Sozialen Reichspartei (gegründet 1920) unter Vitus Heller. Die Mehrheit der Mitglieder lebte in Bayern und Württemberg, im Rheinland und in Westfalen.

Verfolgung unter dem Nationalsozialismus

Seit 1930 bekämpfte der Friedensbund den Nationalsozialismus. Im Jahr davor hatte Pater Stratmann die "Arbeitsgemeinschaft der Konfessionen für den Frieden" gegründet, in der auch der jüdische Friedensbund mitarbeitete. Der Vorsitzende erbat noch im März 1933 eine Intervention der Bischöfe zugunsten der Juden - ohne Erfolg. Die Bischöfe verweigerten auch nach dem endgültigen Verbot des Friedensbundes am 1. Juli 1933 gefährdeten Mitgliedern ihren Schutz: Einfache Mitglieder mussten berufliche Nachteile hinnehmen, führende Mitglieder wurden verfolgt. Pater Stratmann überlebte im niederländischen Untergrund, Legationsrat >> (1875-1945) – führendes Mitglied im Solf-Kreis – wurde ebenso wie >> 1944 hingerichtet.

Reichstagungen des Friedensbundes

1924Hildesheim1925Beuron1926Münster1927Essen1928München1929Frankfurt am Main1930Paderborn1931Berlin1932Meißen

Bayerische Staatsbibliothek