Katholische Zeitschriften (19./20. Jahrhundert)

Beschreibung

Die reiche katholische Presselandschaft Bayerns entstand seit Anfang des 19. Jahrhunderts zunächst in Gestalt pastoraler oder theologischer Zeitschriften, zu denen rasch auch Organe für das Kirchenvolk traten. Nach der endgültigen Einführung der Pressefreiheit in Bayern 1859 stieg die Zahl der verlegten Periodika deutlich an. Besondere Bedeutung besaßen die in München ansässigen Kulturzeitschriften der "Historisch-politischen Blätter" (1838-1922), "Hochland" (1903-1941), "Allgemeine Rundschau" (1904-1933) und "Stimmen der Zeit" (seit 1914). Seit der nationalsozialistischen "Machtergreifung" 1933 bereits massiv unter Druck gesetzt, wurden 1941 alle konfessionellen Zeitschriften verboten. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte an die vormalige Vielfalt nicht wieder angeknüpft werden.

Gelehrte Anfänge

Katholische Zeitschriften sind in Bayern zunächst als theologische oder pastorale Organe entstanden wie die von >> (1751-1832) beeinflusste, seit 1810 in verlegte "Litteraturzeitung für katholische Religionslehrer" von >> (1766-1818) oder der von >> (1790-1859) in 1822-1847 herausgebrachte "Religionsfreund für Katholiken" (ab 1828 "Allgemeiner Religions- und Kirchenfreund und Kirchencorrespondent. Eine theologische und kirchenhistorische Zeitschrift") und die "im Verein mit mehreren katholischen Gelehrten" 1830-1840 in von >> (1799-1878) verantwortete "Kirchen-Zeitung für das katholische Deutschland".

Die beiden letztgenannten Periodika boten neben längeren Abhandlungen auch Gedichte und kirchliche Nachrichten, der "Allgemeine Religions- und Kirchenfreund" führte sogar eine regelmäßige Beilage "Kirchenhistorischer Bemerker", der u. a. Informationen aus der katholischen Presse Frankreichs wie dem >> (1782-1854) nahe stehenden "Memorial catholique" lieferte.

Theologie und Zeitkritik

Ihnen an die Seite zu stellen ist die seit 1830 in (1829 in Offenbach a.M.) erscheinende "Katholische Kirchenzeitung" (1829-1837, Nachfolger: Herold des Glaubens 1837-1843), die wesentlich von dem bedeutenden Publizisten >> (1793-1874) gestaltet wurde. Durch die Mitarbeit von >> (1765-1841), >> (1779-1855), >> (1776-1848), >> (1794-1887), >> (1800-1856) und anderen herausragenden Autoren der Zeit besaß diese Zeitschriftengruppe hohen wissenschaftlichen Rang.

Übertroffen wurden die freilich nach Rang und Zahl hervorragender Mitarbeiter von der bereits 1821 in Mainz gegründeten Zeitschrift mit dem programmatischen Titel "Der Katholik. Eine religiöse Zeitschrift zur Belehrung und Warnung", an der Joseph Görres, als dieses Blatt 1823-1827 vor der Zensur nach Straßburg ausgewichen war, als Schriftleiter wirkte. Weil "Der Katholik" 1827-1844 seine Redaktion nach Speyer verlegte, darf er für diese Zeit als bayerische Zeitschrift geführt werden.

Blätter für das Kirchenvolk

Mit den "Palmblätter. Zeitschrift für christliche Familien und alle Freunde des Wahren, Guten und Schönen", Würzburg 1826-1834 begann für Bayern die Epoche der für das Kirchenvolk konzipierten Organe, unter denen der "Sion. Eine Stimme der Kirche in unserer Zeit. Eine religiöse Zeitschrift, zugleich auch eine Hausbibliothek für fromme katholische Familien", (ab 1844 München) 1832-1875 wegen seiner hohen Auflage von 2.500 (1845) hervorragt. Seine Konkurrenz, der "Neue Sion. Eine Zeitschrift für katholisches Leben und Wissen", an der viele bekannte Theologen mitarbeiteten, kam 1847 nur auf 1.500 Exemplare.

Wendung zu Gesellschaft und Politik

Einen Schritt in Richtung auf eine politische Zeitschrift, ermöglicht durch die vergleichsweise milde Zensurpraxis in Bayern, bedeutete die Übernahme der 1818 als Organ gebildeter Unterhaltung gegründeten Zeitschrift "Eos. Münchner Blätter für Literatur und Kunst" durch Joseph Görres und seine Freunde im Jahre 1828, um den "zersetzenden Kräften der Zeit" entgegenzutreten. Da solche im ganzen Bereich des öffentlichen Lebens wirksam waren, wurde dieses konsequent zum Aufgabenfeld der Zeitschrift. Politische Schwierigkeiten führten 1832 zur Aufgabe des Unternehmens.

Nachfolger wurde mit ungleich größerem Erfolge 1838 die Halbmonatsschrift "Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland", als durch die willkürliche Verhaftung des Kölner Erzbischofs >> (1773-1845) 1837 die katholische Bewegung nachhaltigen Auftrieb gewann. In den ersten Jahren wesentlich durch Görres und seine Freunde als Organ christlich-restaurativer Abwehr der Revolution gestaltet, wurde es unter Redaktion von >> (1819-1901) zum Vorkämpfer christlich-konservativer Forderungen, auch auf dem Gebiete der Sozialpolitik. Das Blatt wurde 1923 eingestellt. Ein von dem Historiker >> (1881-1941) 1924 gegründetes Nachfolgeorgan, das die umgangssprachliche Bezeichnung seines Vorbilds als "Gelbe Hefte" (nach der Farbe des Umschlags) zum Titel nahm, konnte sich bis 1942 halten, ohne je die Bedeutung seines Vorgängers zu erlangen.

Breitenwachstum

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, vornehmlich nach der endgültigen Sicherung der Pressefreiheit im Jahre 1859, gewann die Tagespresse den Zeitschriften gegenüber zunehmende Bedeutung.

Neben den zahlreicher werdenden Kirchenblättern, Ordens- und Missionszeitschriften ("Annalen der Glaubensverbreitung" Einsiedeln 1832-1847, München 1848-1917) wirkten vor allem die Publikationen der "Pädagogischen Stiftung Cassianeum" >> (1839-1914) in ("Monika" für Mütter 1869-2000, "Schutzengel" für Kinder 1875-1984, "Notburga" für Mädchen 1877-1941, "Raphael" für junge Männer 1879-1938) in die Breite. Sie stellten den Versuch dar, die Idee Auers von einem seiner Zeit aufgeschlossenen, pädagogischen Katholizismus zu konkretisieren.

Kulturzeitschriften

Überragenden Einfluss erreichte unter den katholischen Zeitschriften, weit über Bayern hinaus, die 1903 von >> (1867-1944) gegründete Kulturzeitschrift "Hochland". Dem Programm ihres Gründers entsprechend verfolgte sie das Ziel der "Wiederbegegnung von Kirche und Kultur", einer vorurteilsfreien Teilnahme der deutschen Katholiken am literarischen Leben der Zeit. Anfänglich des Modernismus verdächtigt und darum kirchlich beargwöhnt, wandte sie sich seit dem Ersten Weltkrieg auch sozialen und tagespolitischen Fragestellungen zu. Dem Nationalsozialismus leistete sie bis zum Entzug des Papiers im Jahre 1941 literarischen Widerstand mit den Mitteln der historischen Analogie, des Zitats und der Satire. 1946 wieder ins Leben getreten, wurde sie den geistigen Umbrüchen der 1960er Jahre entsprechend 1972 umgewandelt in "Neues Hochland", das sich freilich nur bis 1974 halten konnte.

Als ähnlich bedeutsam, wenn auch stärker theologisch orientiert, ist die Zeitschrift der deutschen Jesuiten, "Stimmen der Zeit", zu nennen. 1871 als Monatsschrift mit dem Titel "Stimmen aus Maria Laach" gegründet kehrte sie 1914 nach langem, durch das Jesuitengesetz bedingten Exil nach Deutschland zurück. Die Redaktion nahm ihren Sitz in München; die Zeitschrift nannte sich fortan "Stimmen der Zeit. Monatsschrift für das Geistesleben der Gegenwart". Die Wirkung in ihrer Zielgruppe, den gebildeten Katholiken, wurde vermehrt, als von 1928 an auch Geistliche, die nicht dem Orden angehörten, und Laien als Autoren herangezogen wurden. 1941 von den Nationalsozialisten verboten, entstand sie 1946 neu.

Einen beachtlichen Platz unter den katholischen Zeitschriften Bayerns nahm auch die von >> (1859-1913) 1904 begründete "Allgemeine Rundschau. Wochenschrift für Politik und Kultur" ein, die 1928 der Bamberger Diözesanpriester >> (1890-1953) übernahm. Seine persönliche Eigenart – aus Sympathie für "romanitas" dem italienischen Faschismus gegenüber unkritisch, aber den Nationalsozialismus schroff ablehnend, pazifistisch und offen für die Zusammenarbeit mit Nichtkatholiken – schuf ein Organ von unverwechselbarem Gesicht. Mit dem Exil ihres Inhabers und Leiters im Jahre 1933 verlor die Zeitschrift ihre Existenzgrundlage.

Ende und Neuanfang

Mit dem Hinweis auf die angebliche Notwendigkeit der Kriegführung, die zur Einsparung von Papier zwinge, machte das nationalsozialistische Regime im Jahre 1941 dem bereits durch Kontrollmaßnahmen und Erscheinungsverbote seit langem bedrängten katholischen Zeitschriftenwesen ein Ende. Es ist nie wieder in der früheren Vielfalt erstanden. An die Stelle der zahlreichen lokal oder regional begrenzten Kirchenblätter traten die von den Diözesen herausgebrachten Bistumsorgane.

Bayerische Staatsbibliothek