Münzrecht (Mittelalter/Frühe Neuzeit)
Beschreibung
Münzrecht ist die Befugnis, Münzen zu prägen und das Geldwesen im eigenen Herrschaftsbereich zu regeln. Während dieses Recht unter den Karolingern fast vollständig ein königliches Monopol war, begann noch im 9. Jahrhundert seine Zersplitterung auf andere geistliche und weltliche Herrschaftsträger als Teil von deren Landesherrschaft. Auch im Raum des heutigen Bayern war zuerst das Reich im 10. Jahrhundert als Münzherr tätig; noch im 10. Jahrhundert traten aber die bayerischen Herzöge und dann die meisten Bischöfe dazu, schließlich weitere weltliche und geistliche Münzherren und im Spätmittelalter auch Städte. Während das Reich bereits im 16. Jahrhundert in diesem Raum aus dem Kreis der Münzherren ausschied, prägten die wichtigeren der weltlichen Fürsten, die Mehrzahl der geistlichen Fürsten und die Städte vielfach bis zum Ende des Alten Reichs. Das Münzrecht Bayerns erlosch erst 1871/1919.
Altbayern
Am Anfang der Münzprägung in Bayern steht die Münzstätte mit einer Prägung unter Kaiser >> (reg. 814-840), die wohl um 820 zu datieren ist. Diese Prägung des Reichs wurde erst unter den späten Karolingern fortgesetzt. Mit deren Aussterben und dem gleichzeitigen Erstarken des bayerischen Herzogtums ging die Münzstätte Regensburg an den Herzog über. Durch die Erhebung Herzog >> (reg. 995-1004, 1009-1017/1018) zum König (Heinrich II., reg. 1002-1024, Kaiser ab 1014) wurde Regensburg wieder zu einer Münzstätte des Reichs und blieb es für das ganze 11. Jahrhundert. Im 12. Jahrhundert könnte allenfalls noch eine sporadische Prägung im Namen des Reichs in Regensburg stattgefunden haben; dann schied das Reich aus der Reihe der Münzherren in Bayern auf Dauer aus.
Bereits Herzog >> (reg. 907-937) konnte die Regensburger Münzstätte wohl nach dem Tod König >> (reg. 900-911) an sich bringen und sicherte damit den bayerischen Herzögen die Münzprägung für das ganze 10. Jahrhundert, in dessen Verlauf sie auf weitere Münzstätten (Salzburg, , , , , und das eigentlich Schwaben zuzurechnende ) ausgeweitet wurde. Zur Zeit der königlichen Prägung im 11. Jahrhundert, die auch die weiteren Münzstätten einbeziehen konnte, verfügten die Herzöge nur ganz sporadisch über das Münzrecht. Erst um 1100 konnten sie es wieder vom Reich zurückerwerben, mussten es in ihrer Hauptmünzstätte Regensburg aber zunächst mit dem Regensburger Bischof teilen. Zur Zeit der bayerischen Landesteilungen (13.-15. Jahrhundert) verfügten alle Linien über das Münzrecht und über eigene Münzstätten. Ungewöhnlich ist allerdings die Verleihung des Goldmünzrechts durch Kaiser >> (reg. 1440-1493, Kaiser ab 1452) an den Landshuter Herzog >> (reg. 1450-1479) im Jahr 1464, das ungenutzt blieb. Ab 1506 war die Hauptmünzstätte des wiedervereinigten Bayern, das bis 1919 das Münzrecht hatte, auch wenn freilich seit 1871 die Münzgesetzgebung beim Deutschen Reich lag.
Nur wenige weitere weltliche Münzherren spielten neben den bayerischen Herzögen eine Rolle in Bayern. Graf >> (980-1017) brachte es im Laufe seiner Empörung gegen König Heinrich II. 1003 zu einer kurzen Münzprägung in Nabburg. In der Oberpfalz münzten die Pfälzer Kurfürsten bzw. die Nebenlinien Neumarkt-Neunburg und später Mosbach. Kraft ihres böhmischen Münzrechts prägten die böhmischen Könige >> (reg. 1347-1378) und >> (reg. 1363/1378-1419) in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts auch in ihren westlichen Besitzungen, dem sog. Neuböhmen (Münzstätten , , ). Die Landgrafen von Leuchtenberg erhielten 1361 vom Kaiser das Münzrecht, das sie zunächst offenbar in mehreren Orten in der Oberpfalz, in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts aber insbesondere in ihrer Stadt Hals (heute: Stadt ) ausübten; dann wurde (Lkr. Schwandorf) bis ins 16. Jahrhundert ihre Hauptmünzstätte. Das Herzogtum Pfalz-Neuburg weist ab seiner Gründung 1505 eine bis ins späte 17. Jahrhundert reichende Münzprägung in mehreren Münzstätten auf; die Sulzbacher Linie dagegen gab nur im späten 17. Jahrhundert einige goldene Gedenkprägungen heraus. Zwischen 1545 und 1549 ließ Graf >> (reg. 1522-1566), der 1541 eine Münzrechtsbestätigung erhalten hatte, einige repräsentative Großsilbermünzen prägen.
Im 10. Jahrhundert erwarben fast alle bayerischen Bistümer das Münzrecht. Vier Münzprivilegien für die Bischöfe von Eichstätt (908), Freising (996), Salzburg (996) und Passau (999) sind überliefert – die vorliegenden Münzen stimmen damit aber nicht völlig überein. In Eichstätt, Freising und Salzburg steht am Anfang eine herzogliche (und dann teilweise königliche) Münzprägung, bis dann die Münzstätte jeweils an den Bischof überging. Nach Ausweis der Münzen geschah das im ersten Viertel des 11. Jahrhunderts. Der Regensburger Bischof konnte angesichts der herzoglichen Präsenz in seiner Stadt erst in der Mitte des 11. Jahrhunderts das Münzrecht erwerben – hier liegt jedoch keine Urkunde vor. Bischof >> (reg. 1036-1060) dürfte nach dem Tod Herzog >> (reg. 1042-1047) den herzoglichen Anteil der Regensburger Münzstätte bekommen haben, während die gleichzeitige Reichsprägung in der Stadt weitgehend kontinuierlich weiter lief. Alle diese Bistümer behielten ihr Münzrecht bis zum Ende des Alten Reichs, auch wenn sie es – mit Ausnahme Salzburgs – nur sporadisch ausübten. Erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts trat das Bistum Chiemsee unter >> (reg. 1558-1589) kurz als Münzstand in Erscheinung.
Als erste bayerische Stadt erhielt , das schon im 12. und 13. Jahrhundert eine Münzstätte beherbergt hatte (siehe unten), im Jahr 1331 durch Kaiser >> (reg. 1314/1328-1347) das Münzrecht verliehen – ob eine Prägung folgte, ist unklar. Ansonsten setzten städtische Prägungen erst im 16. Jahrhundert ein: 1508 begann die Reichsstadt Regensburg zu prägen, die zudem 1512 ein Goldmünzprivileg erwarb. Im Österreichischen Erbfolgekrieg kam es 1743 zu einer kurzfristigen Notprägung in der von den Österreichern belagerten Stadt Braunau unter dem Kommandanten Herzog >> (1710-1759).
Franken
Die Münzstätte im fränkischen trat in der Karolingerzeit erstmals mit einer königlichen Prägung Ludwigs IV. des Kindes hervor und blieb für das Reich wohl bis ins frühe 11. Jahrhundert aktiv. Unter König >> (reg. 1056-1106, Kaiser ab 1084) arbeitete sie noch einmal für das Reich. Auch im 1007 zum Bistum erhobenen wurde – auch wenn am Anfang der dortigen Prägung vielleicht schon ein bischöflicher Pfennig steht – für die Kaiser Heinrich II. und >> (reg. 1039-1056, Kaiser ab 1046) geprägt. Die wichtigste Münzstätte des Reichs in Franken war , wo die Prägung wohl etwa zur Zeit der Ersterwähnung im Reichsbesitz um 1050 einsetzte und bis 1424 andauerte. Hier entstanden nicht nur Pfennige, sondern zuletzt auch Goldgulden. Auf eine Münzstätte des Reichs in verzichtete König >> (reg. 1220-1235) im Jahr 1234. In den darauf folgenden Jahrzehnten war sie gemeinsamer Besitz des Würzburger Bischofs und der Grafen von Henneberg. Diesen urkundlichen Belegen steht bisher keine zuverlässige Münzreihe gegenüber.
Die hohenzollerschenBurggrafen in Nürnberg erhielten 1361 von Kaiser >> (reg. 1346-1378) das Münzrecht, das sie in ihren späteren Markgraftümern Brandenburg-Ansbach und -Kulmbach (Bayreuth) bis zum Ende des Alten Reichs ausübten. In (Lkr. Main-Spessart) prägten die Grafen von Rieneck, die 1398 mit dem Münzrecht ausgestattet wurden. Im gleichen Jahr erhielten die Grafen Castell das Münzrecht in (Lkr. Kitzingen). Beide dürften nur für kurze Zeit geprägt haben. Eine Münzprägung der Andechs-Meranier in Franken gilt heute als nicht wahrscheinlich. Besonderheiten sind die Münzprägung des Heinrich Herrmann Schutzbar gen. Milchling (reg. 1591-1656) als Inhaber der reichsritterschaftlichen Herrschaft (Lkr. Fürth) (Herrschaft Burgmilchling) in den Jahren 1605 bis 1611 sowie mehrere kurzfristige Prägungen im Namen des Fränkischen Reichskreises im 17. und 18. Jahrhundert.
Für die Würzburger Bischöfe liegt nur eine Münzrechtsbestätigung von 1030 vor; eine Gruppe anonymer Denare mit der Nennung des Hl. >> jedoch gehört ins erste Viertel des 11. Jahrhunderts. Sie bietet sich als erster Beleg der bischöflichen Münztätigkeit an, welche die Prägung des Reichs in der Stadt ablöste, von einer solchen aber in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts noch einmal unterbrochen wurde. Die Bamberger Münzreihe setzte nach der Bistumsgründung 1007 wohl noch unter Bischof >> (reg. 1007-1040) ein. Sie scheint sich zunächst mit einer königlichen Prägung abzuwechseln oder mit dieser parallel zu laufen. Von Bischof Hartwig (reg. 1047-1053) scheint ein Denar vorzuliegen, der auch Kaiser Heinrich III. nennt. Ab der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts war die Bamberger Münzstätte fest in bischöflicher Hand. Nach der Säkularisierung des Ordenslandes in Preußen (1525) verlegte die Leitung des Deutsches Ordens die Residenz nach Mergentheim in Franken. Der Orden hatte ebenfalls das Münzrecht, das aber – in Abhängigkeit vom jeweiligen Großmeister – in verschiedenen Münzstätten innerhalb und außerhalb Frankens ausgeübt wurde.
Als die Reichsmünzstätte in Nürnberg 1424 an die Reichsstadt Nürnberg verkauft wurde, lag die Verleihung des Münzrechts an die Stadt von 1422 bereits zwei Jahre zurück. Der Kauf der Reichsmünzstätte durch die Stadt hatte also wohl vor allem das Ziel, eine unliebsame Konkurrenz in der Stadt loszuwerden. Die Stadt weist bis 1807 eine umfangreiche Münzprägung auf. Zu kurzfristigen Prägungen in der Kipperzeit 1622 kam es in den Reichsstädten Schweinfurt und Weißenburg; in Schweinfurt tritt noch eine Gedenkprägung zum Reformationsjubiläum im Jahr 1717 hinzu.
Im 15. Jahrhundert verbanden sich die Bischöfe von Würzburg und Bamberg, die Hohenzollern und die Pfalzgrafen der Oberpfalz in Münzvereinen, in denen sie ihre Münzpolitik aufeinander abstimmten und insbesondere ab 1434 die gemeinsame Prägung von Groschennominalen vereinbarten. Auch die Reichsstadt Nürnberg war daran gelegentlich beteiligt.
Schwaben
Das Reich trat im Augsburger Währungsgebiet mit den Münzstätten (Lkr. Donau-Ries) und Schongau seit dem späten 12. Jahrhundert als Münzherr auf. Ob es wirklich in (Gde. Oy-Mittelberg, Lkr. Oberallgäu) und im 13. (und 14.?) Jahrhundert münzte, wie vermutet wurde, bleibt offen. In (Lkr. Donau-Ries) eröffnete das Reich 1418 eine Münzstätte zur Guldenprägung, 1509/1515 verlegte es die Basler Münzstätte nach Augsburg. 1535 kamen die beiden Reichsmünzstätten Nördlingen und Augsburg an das Haus Stolberg, das sie bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts weiterführte. Damit gab es im Raum des heutigen Bayern keine Prägung im Namen des Reichs mehr.
Herrschaftsschwerpunkt und Münzstätten der Herzöge von Schwaben lagen außerhalb des heutigen Bayern. Die Bestätigung einer älteren Münzrechtsverleihung >> (reg. 983-1002, Kaiser ab 996) durch >> (reg. 1024-1039, Kaiser ab 1027) im Jahr 1030 an den Edlen Mangold von Werd für Donauwörth ist bisher nicht durch das Vorliegen entsprechender Pfennige bestätigt. In Isny (Lkr. Ravensburg, Baden-Württemberg) könnten die Grafen von Veringen im 12. Jahrhundert gemünzt haben. Die Münzstätten Donauwörth und Schongau, letzteres 1191 aus welfischem Besitz an das Reich gekommen und vielleicht schon unter dieser Familie als Münzstätte tätig, gingen 1268 an den bayerischen Herzog über, unter dem sie wohl noch gewisse Zeit arbeiteten. Für die Welfen ist auch Memmingen als ungesicherte Münzstätte in der Diskussion. 1393 wurden die Grafen von Oettingen von König Wenzel mit dem Münzrecht ausgestattet, das sie in ihren Münzstätten und (beide Lkr. Donau-Ries) ausübten. 1534 erhielten die Fugger das Münzrecht von Kaiser >> (reg. 1519-1556). Ihre Prägung setzte wenige Jahre später ein.
Die bischöfliche Münzprägung in Augsburg, dessen Münzstätte im 10. Jahrhundert zeitweise vom bayerischen Herzog und im 11. Jahrhundert vom Reich genutzt wurde, setzte bereits unter Bischof >> (reg. 923-973) wohl einige Jahre vor der Ungarnschlacht von 955 ein. Eine Münzrechtsverleihung ist nicht überliefert. Ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts hatten die Abtei Kempten und das Damenstift im Rahmen des Konstanzer Währungsgebietes das Münzrecht. In Lindau war später offenbar auch das Reich an der Prägung beteiligt.
Im 16. Jahrhundert begann eine Reihe von Reichsstädten ihre Münzprägung. Nur ein Teil davon war dabei durch formale Münzrechtsverleihungen abgesichert: Lindau (Erwerbung des Münzrechts 1417, Prägebeginn erst 1661), Isny (Münzrecht 1507, Prägebeginn 1508), Kempten (Münzrecht und Prägebeginn 1510), Augsburg (Münzrecht 1521, Prägebeginn 1522), Kaufbeuren (Münzrecht 1530, Prägebeginn 1540), Donauwörth (Münzrecht 1532, Prägebeginn 1543) und Memmingen (Prägung ab 1622).
>> (reg. 1740-1780) eröffnete 1764 in der Markgrafschaft Burgau, die zum Österreichischen Reichskreis gehörte, eine Münzstätte in , die bis 1805 tätig war.
Österreich
Der Raum des Herzogtums Österreich war bis 1156 Teil Bayerns und noch darüber hinaus auch Teil des bayerischen Währungsraums. Die babenbergischen Markgrafen prägten in Krems wohl etwa ab den 1120er Jahren Pfennige bayerischer Art. Eine Verleihung des Münzrechts an sie ist nicht bekannt. Für die Grafen von Formbach und ihr Kloster Formbach (heute [Gde. Neuhaus am Inn, Lkr. Passau]) liegen Münzrechtsverleihungen bzw. -bestätigungen der 1130er und 1140er Jahre vor, die aber teilweise verunechtet sind. Ihre Münzstätte war Neunkirchen (Bezirk Neunkirchen, Niederösterreich). Um die Mitte des 12. Jahrhunderts werden auch die Markgrafen der Steiermark in ihrer Münzstätte Enns eine Münzprägung begonnen haben, ohne dass darüber ein Privileg vorliegen würde. Fischau (heute Bad Fischau-Brunn, Bezirk Wiener Neustadt, Niederösterreich) war dann ihre zweite Münzstätte in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts.
Ausblick
Die Vielfalt der verschiedenen Münzstände verschwand infolge von Säkularisation und Mediatisierung am Ende des Alten Reichs. Im frühen 19. Jahrhundert hob Bayern die noch bestehenden Münzstätten in seinem Territorium auf - außer München, das fortan die einzige Prägestätte blieb.