Echter von Mespelbrunn, Adelsfamilie

Beschreibung

Seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert nachweisbare Niederadelsfamilie aus der Odenwald-Region. Im Spätmittelalter und im 16. Jahrhundert standen die Echter vor allem im Dienst der Mainzer Erzbischöfe. Von diesen erhielten sie den Besitz im Spessart, beginnend 1412 mit dem späteren Stammsitz Mespelbrunn (Lkr. Aschaffenburg). Die Echter gehörten in der Frühen Neuzeit der Reichsritterschaft im Kanton Odenwald an, im 17. Jahrhundert auch im Kanton Steigerwald. Der Reformation standen sie ablehnend gegenüber. Im ausgehenden 16. Jahrhundert orientierte sich die einige Familienzweige auch am Hochstift Würzburg. Bedeutendster Vertreter der Familie wurde der Würzburger Bischof Julius Echter (reg. 1573-1617). 1623 wurde die Familie in den Reichsfreiherrenstand erhoben.

Herkunft

Die Herkunft der Familie >> liegt im Dunkeln. Vor dem ausgehenden 13. Jahrhundert sind keine gesicherten Zeugnisse zu gewinnen. Die glaubhaftesten Hinweise deuten auf eine Herkunft aus niederem Adel des Odenwaldes als Lehensleute der Schenken von Erbach, die wohl auch früh schon in Diensten des Mainzer Erzbischofs standen.

Die gesicherte Ahnenreihe beginnt mit >> , der 1353 als in Erbach (Odenwaldkreis, Hessen) beheimateter Lehnsmann des Schenken >> (gest. 1363) und als kurmainzischer Wald- und Bachförster in (Gde. Dammbach, Lkr. Aschaffenburg) Zehnten zu Beerfurth (Gde. Reichelheim, Odenwaldkreis, Hessen) erwarb. Seine Nachkommen erwarben weiteren Besitz in (Lkr. Aschaffenburg) als Lehen der Grafen von Rieneck und besaßen Burglehen in Bickenbach (Lkr. Darmstadt-Dieburg, Hessen) und Erbach. Aus dem Jahr 1375 stammt das erste belegte Siegel der Echter: Das Siegelbild zeigt die drei Ringe, die auch später das Echter-Wappen bestimmen.

Während des gesamten Spätmittelalters orientierte sich die Familie am Mainzer Erzstift. Mehrere Familienmitglieder besaßen Kanonikate am Mainzer Domstift bzw. am Stift St. Peter und Alexander. >> erlangte als Protonotar des Mainzer Erzbischofs ab 1417 sogar eine hohe Position am Mainzer Hof. Nur ein Familienmitglied ist dagegen während des Mittelalters für kurze Zeit als Domherr in Würzburg nachzuweisen.

Stammsitz Mespelbrunn

Mit der Schenkung der "wostenung und hoffstede genant der espelborn" (StA , Würzburger Urkunden 94/225) im Jahr 1412 durch den Mainzer Erzbischof >> (reg. 1397-1419) begann die nachweisliche Niederlassung der Familie im . Das in der Folgezeit erbaute feste Schloss musste jedoch unter Erzbischof >> (reg. 1419-1434) 1426 wieder in ein Mainzer Lehen umgewandelt werden. Die heutige Gestalt erhielt der Echtersche Stammsitz (Lkr. Aschaffenburg) erst durch den Ausbau zu einem Renaissance-Wasserschloss unter >> (1520-1576) sowie durch An- und Umbauten im 19. Jahrhundert. Bekannt wurde die Anlage als einer der Drehorte des Films "Das Wirtshaus im Spessart" (1958). In der Schlosskapelle sind zahlreiche Familienmitglieder bestattet.

Mit dem Erwerb Mespelbrunns begann die Ausdehnung der Familie im Spessart, obwohl der Odenwälder Besitz nie aufgegeben wurde. >> (gest. 1427) erhielt von >> (reg. 1459-1461, 1475-1482) im Jahr 1459 das Amt des Vizedoms in Aschaffenburg und des Forstmeisters im Spessart. Dies kann als Ausgleich für das Engagement Hammans zugunsten Dieters in der Mainzer Stiftsfehde und der daraus resultierenden Bedrohung der Pfälzer Lehen der Echter betrachtet werden. Zugleich wurde damit ein Gegengewicht zu den Grafen von Rieneck geschaffen, die einer Expansion des Erzstifts am Ostrand des Spessarts im Weg standen. Zugleich waren die Echter wahrscheinlich schon im frühen 14. Jahrhundert Vasallen der Grafen von Rieneck (vor allem Teile von Mömbris). Nach deren Erlöschen 1559 fiel der Rienecksche Lehensbesitz an Mainz zurück, das die Belehnung der Echter fortsetzte. Der Familienbesitz um Mespelbrunn konnte seit dem 14. Jahrhundert deutlich vergrößert werden. Das Wasserschloss Mole unterhalb (Lkr. Aschaffenburg) ging in Echterschen Besitz über.

1439 begann der Ausbau der Wallfahrtskirche in (Gde. Mespelbrunn, Lkr. Aschaffenburg), die seit der Bestattung Hammanns II. 1480 neben Mespelbrunn und Aschaffenburg zur Familiengrablege wurde.

An der Wende zur Neuzeit

Mit dem Beginn des 16. Jahrhunderts waren Mitglieder der Familie Echter neben der fortbestehenden Bindung an Mainz auch im Dienst des Kurfürsten >> (1490-1545, Markgraf, Erzbischof von Mainz seit 1514, Kardinal) und des Pfalzgrafen bei Rhein zu finden.

Von größerer Bedeutung für die Entwicklung der Familie wurde Peter III. Er stand 36 Jahre im Dienst der Kurfürsten von Mainz, fungierte als Diplomat in zahlreichen Missionen sowie auf Reichs- und Kurfürstentagen und stieg bis zum Geheimen Rat auf. Reiche Bautätigkeit zeigt sich am Ausbau des Stammsitzes in Mespelbrunn (Bauinschrift mit Portrait Peters und seiner Gemahlin >> über dem Portal zur Wendeltreppe im Schlosshof von 1569) und des Echterhofes in Aschaffenburg. Der Pflege der Familienmemoria diente ein von ihm in Auftrag gegebener Gobelin, der neben Wappen Abbildungen seiner Kinder und Vertreter seiner Dienerschaft präsentiert. Zu seinen Lebzeiten erfolgten auch zahlreiche Eintragungen in das sog. Echtersche Andachtsbuch, das eine Generation früher begonnen wurde, und nun Ansätze einer Dynastiegeschichtsschreibung zeigt (Ingelheimsches Archiv, Schloss Mespelbrunn). Den Familienbesitz konnte er noch einmal bedeutend erweitern. Das am Ende des 16. Jahrhunderts entstandene Echtersche Lehenbuch zeigt den Lehensbesitz unter Peter III. (StA Würzburg, Aschaffenburger Archivreste 342/I, Lehen Nr. 2). Die Familie besaß Lehen von sieben Herrschaften: Erzstift Mainz, Hochstift Speyer, Stift St. Peter und Alexander zu Aschaffenburg, Kurpfalz, Landgrafschaft Hessen, Grafschaften Erbach und Rieneck. Hinzu kam noch weniger bedeutender Würzburger Lehensbesitz (StA Würzburg, Lehensachen 6869/244). Der Besitz war weit gestreut von Bergstraße und Odenwald (vorwiegend von Kurpfalz, Erbach und Hessen) bis in den Spessart (vorwiegend Mainzer Lehen). Mit insgesamt neun Kindern sorgte Peter III. auch für eine Stabilisierung des Geschlechts, nachdem er selbst wegen Kinderlosigkeit seiner älteren Brüder eine geistliche Karriere hatte abbrechen müssen. Seine Söhne führten das Geschlecht in mehreren Linien fort, die neue Stammsitze in Aschaffenburg, (bei Arnstein) oder samt Familiengrablegen entwickelten. Sie erlangten hohe Positionen im Dienst der Kurfürsten von Mainz.

Mit >> (1545-1617) und >> (1550-1624) begann eine Umorientierung eines Teils der Familie auf das Hochstift Würzburg. Letzterer wurde fürstlich würzburgischer Rat, Amtmann zu Waldaschach, und , kaiserlicher Reichshofrat und erlangte schließlich 1623 von Kaiser >> (reg. 1619-1637) die Standeserhebung der Familie in den Frei- und Bannerherrenstand des Heiligen Römischen Reiches. In dieser Zeit sind auch weitere Familienmitglieder in das Würzburger Domstift eingetreten. Zugleich beginnt der Erwerb kleinerer Besitzungen im .

Julius Echter

Der zweifellos bedeutendste Vertreter der Familie war Julius Echter. Der zweite Sohn Peters III. war für eine geistliche Laufbahn vorgesehen. Nach Stationen als Kapitelherr zu Aschaffenburg und Domkanoniker zu Mainz wurde er 1559 auch Domkanoniker zu Würzburg. Nach langen Studienjahren in Köln, Douai, Paris, Angers, Pavia und Rom wurde er 1570 zugleich in Mainz und Würzburg in das Domkapitel aufgenommen. Am 1. Dezember 1573 wurde er 28-jährig zum Bischof von Würzburg gewählt. Sein über 40-jähriges Wirken auf dem Bischofsstuhl kann als Blütezeit des Hochstifts betrachtet werden. Er sorgte nicht nur für eine fortschreitende Territorialisierung und eine verdichtete Verwaltung, sondern trieb vor allem die Gegenreformation konsequent voran. Die rigiden Formen konfessioneller Homogenisierung zusammen mit sozialdisziplinierenden Maßnahmen, die nahezu alle Lebensbereiche der Stiftsuntertanen regelten, schufen freilich auch die Voraussetzungen für die Vertreibung der Juden sowie für die beginnende Hexenverfolgung.

Zu Julius Echters bleibenden Leistungen ist die Gründung des Juliusspitals zu zählen. 1576 erwarb er den jüdischen Friedhof außerhalb der Stadt und errichtete dort ein 1579 reich dotiertes Spital für Kranken- und Altenpflege. Landwirtschaftliche Güter, Forsten und ein z. T. noch auf Weinbergen aus der Gründungsdotation wirtschaftendes renommiertes Weingut werfen noch heute die Mittel für den Betrieb eines Krankenhauses sowie eines Senioren-, Pflege- und Pfründestiftes mit Berufsfachschule für Kranken- und Altenpflege ab. Ebenso langlebig war seine Wiedergründung der 1402 bereits einmal für wenige Jahre bestehenden Würzburger Universität im Jahr 1582. Sie trägt noch heute den Namen ihres Neubegründers.

Nach seinem Tod 1617 wurde, abweichend vom bisher geübten Brauch der Würzburger Bischöfe, ihr Herz im Zisterzienserkloster bestatten zu lassen, nach testamentarischer Verfügung eine Herzsepultur in der Kirche der Würzburger Universität vorgenommen. Mit ca. 300 Kirchenneu- und Umbauten während seiner Sedenz prägte er auch die Sakrallandschaft des Bistums.

Aussterben in männlicher Linie und Fortleben von Namen und Wappen

Mit >> (1647-1665) erlosch das Geschlecht in männlicher Linie; der Echtersche Lehnsbesitz fiel zum größten Teil an das Hochstift Würzburg. Sein Grabstein im Dom zu Würzburg zeigt das gestürzte Familienwappen. Die letzte noch lebende Erbtochter >> (1629-1701), eine Enkelin Peters III. aus der Valentinschen Linie, heiratete 1658 den kurmainzischen Rittmeister, Rat und Oberamtmann zu >> (1627-1662). Trotz verhältnismäßig kurzer Ehe, aus der nur ein einziger Sohn ( >> , 1659-1742) hervorging, führte die Generation der insgesamt 24 Enkel den ehemals Echterschen Familienbesitz zu neuer Blüte. Die neu begründete Linie wurde 1680 in den Reichsfreiherrenstand und 1737 in den Reichsgrafenstand erhoben. Seit der Bewilligung durch Kaiser >> (1640-1705) im Jahr 1698 zeigt sich die Verbindung Echter-Ingelheim durch die Führung beider Bestandteile in Namen und Wappen. Die noch blühende Familie Ingelheim, die auch das Echtersche Stammschloss weiterführt, nennt sich bis heute mit vollem Titel Reichsgrafen von Ingelheim genannt Echter von und zu Mespelbrunn.

Quellen und Forschungslage

Die Quellenlage zur Geschichte der Echter ist disparat. Akten, Korrespondenzen und Lehnssachen sind in den verschiedenen Archiven ihrer Lehnsherrn aufzusuchen, wobei der Verlust des historischen Archivs der Grafschaft Erbach im Zweiten Weltkrieg eine Aufklärung der Frühgeschichte erschwert. Neben Archivalien des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt sind vor allem Mainzer Archivalien ausschlaggebend (Mainzer Regierungsarchiv, Ingrossaturbücher, Lehenbücher, Urkunden), die heute im Staatsarchiv Würzburg aufbewahrt werden. Dort befinden sich die von Peter III. angelegten Lehenbücher (Staatsarchiv Würzburg, Aschaffenburger Archivreste 342/I, Lehen Nr. 2 und ebd., Lehensachen 6869/224). Neben dem dort gut dokumentierten Wirken des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter ist für diesen auch das Archiv des Juliusspitals in Staatsarchiv Würzburg heranzuziehen. Über den Umfang des Ingelheimschen Familienarchivs auf Schloss Mespelbrunn ist nur wenig bekannt. Nach Martin (1990) sind jedoch noch immer bis in das 14. Jahrhundert zurückgehende Urkundenbestände vorhanden.

Die Forschung zur Familiengeschichte der Echter konzentriert sich weitgehend auf genealogische Aspekte. Nach zum Teil bis heute nachwirkenden haltlosen Konstruktionen zur Frühgeschichte durch die Tafeln Biedermanns (1748) setzte mit Kittel (1882) eine ernsthaftere Forschung ein. Die Frühgeschichte des Geschlechts bleibt bis in den Beginn des 14. Jahrhunderts dennoch im Dunkeln. Trotz gelegentlicher Beschränkung auf Wappenähnlichkeiten gilt seit den Arbeiten von Steinmetz, Becher und Kempf die Odenwälder Herkunft als gesichert. Kempf (1999) liefert zugleich den vollständigsten und zuverlässigsten genealogischen Überblick von den Anfängen bis zum Austerben der Familie, obgleich er wie auch andere die Echter lediglich als Vorläufer der (eigentlich älteren) Ingelheim darstellt. Der Lehensbesitz ist durch die Studie von Kallfelz (1975) für die Zeit Peters III., jedoch mit Einbeziehung der Historischen Atlasforschung sowie mit Rückblicken auf die Anfänge und Ausblicken bis zum Absterben der Echter mustergültig analysiert. Mit Studien zu Einzelpersönlichkeiten wurde bislang lediglich Bischof Julius Echter bedacht. Hier liegen dafür gleich mehrere Biographien vor.

Bayerische Staatsbibliothek