Hoftage/Reichstage (14./15. Jahrhundert)
Beschreibung
Hoftage, ab 1495 Reichstage, waren vom Reichsoberhaupt einberufene Versammlungen, an denen zunächst nur die Großen des Reichs, später auch Vertreter der Reichsstädte teilnahmen. In unregelmäßigen Abständen und an wechselnden Orten abgehalten, wurden im Rahmen der betreffenden Zusammenkünfte aktuelle politische, legislatorische und judikative Problemstellungen behandelt. Im Verlaufe des späten Mittelalters vollzog sich in diesem Zusammenhang ein grundlegender verfassungsrechtlicher Wandel, der durch den Übergang vom traditionellen hochmittelalterlichen Hoftag als einem Herrschaftsinstrument des Königtums zum frühneuzeitlichen Reichstag als einem Verfassungsorgan des ständisch-korporativ organisierten Reichsverbandes bestimmt war: An die Stelle einer aus älteren Rechtsvorstellungen erwachsenen Verpflichtung der Reichsangehörigen zum Besuch herrscherlicher Hoftage trat im ausgehenden 15. Jahrhundert ein im Reichstag des Alten Reichs institutionalisierter Anspruch der Reichsstände auf reichspolitische Mitbestimmung im Sinne einer Teilhabe an der Reichsgewalt. Schauplätze spätmittelalterlicher Reichsversammlungen waren im heutigen Bayern vor allem Nürnberg, später auch Augsburg und Regensburg, das schließlich seit 1663 den Immerwährenden Reichstag beherbergte.
Allgemeines/Definition
Als "Hoftage" (zeitgenössisch: "colloquium", "concilium", "conventus", "curia", "hove", später auch "tag") bzw. – für die Zeit ab 1495 – als "Reichstage" werden die vom Reichsoberhaupt in unregelmäßigen Abständen und an wechselnden Orten abgehaltenen Versammlungen zunächst der Großen des Reichs, später auch reichsstädtischer Vertreter (erstmalige Einberufung 1255 durch den deutschen [Gegen-]König Wilhelm von Holland [reg. 1248-1254/56]) bezeichnet, die sich aktuellen politischen, legislatorischen und judikativen Problemstellungen widmeten. Die bevorrechtigte Teilnahme der Reichsstände an den politischen Beratungen war dabei zum einen aus der Verpflichtung des Lehnsmannes hervorgegangen, den Lehnsherrn im Rahmen der vasallitischen Hof- und Heerfahrtspflicht mit "Rat und Tat" ("consilium et auxilium") zu unterstützen, zum anderen aus der kommunalen Verpflichtung zu Rat und Hilfe erwachsen, die sich aus dem Treueverhältnis zwischen der Reichsstadt und dem Reichsoberhaupt als unmittelbarem Stadtherrn ableitete.
Mit der Herausbildung eines ständisch-korporativen Reichsverständnisses im Verlaufe des späten Mittelalters sollte dieser konsensual grundierte Handlungsverband von König und Getreuen einen tiefgreifenden Wandel erfahren, der den Übergang vom traditionellen, wesentlich lehnrechtlich begründeten und auf die Person des Herrschers bezogenen Hoftag des hohen Mittelalters zum Drei-Kurien-Reichstag der Frühen Neuzeit (1. Kurfürsten, 2. Reichsfürsten, Grafen und Herren, Prälaten und Äbtissinnen, 3. Freie und Reichsstädte) markierte: An die Stelle einer in älteren Rechtsvorstellungen begründeten Verpflichtung der Reichsangehörigen zu einem durch Ladung eingeforderten Besuch königlicher Tagsatzungen trat im ausgehenden 15. Jahrhundert ein institutionell – im Reichstag des Alten Reichs – verankerter Anspruch der Reichsstände auf eine politisch-rechtliche Teilhabe an der Reichsgewalt (Reichsstandschaft). Nun erst – in Verbindung mit dem Wormser Reformreichstag von 1495 – begegnet auch der ständisch geprägte Begriff des "Reichstags", der sich rasch gegenüber konkurrierenden Ausdrücken durchsetzen sollte.
Zur Forschungslage
Hatte noch die ältere verfassungshistorische Forschung die Reichsversammlungen des späten Mittelalters mit dezidiert institutionellen Zügen ausgestattet und entsprechend bereits als "Reichstage" bezeichnet, so sind diese an den juristisch-positivistischen Vorstellungen des modernen Anstalts- und Obrigkeitsstaates orientierten Argumentationsansätze in den letzten Jahren Auffassungen gewichen, die mit Nachdruck auf die strukturelle Offenheit und die hoftagsähnlichen Züge noch der politischen Tagsatzungen des 14. und 15. Jahrhunderts hinweisen. Zwischenzeitlich ist in der Forschung ein in diesem Zusammenhang vor allem von >> (geb. 1935) entwickeltes Interpretationsmodell weithin anerkannt, das die Herausformung des frühneuzeitlichen Reichstags auf der Grundlage einer agonalen dualistischen Metaphorik als ein "Ringen" der beiden Prinzipien des traditionellen Hoftags als königlichem Herrschaftsinstrument einerseits und des königslosen Tags bzw. Kurfürstentags als Kristallisationskern oppositioneller Tendenzen andererseits beschreibt. Nicht Produkt einer gezielt kanalisierten ständischen Reformpolitik, sondern unvoluntaristisches Ergebnis eines Wechselspiels zwischen aktuellen innen- und außenpolitischen Herausforderungen und zeitgenössischen Problemlösungen, sei der Reichstag des Alten Reichs "praktisch-pragmatisch herangewachsen" (Moraw, Hoftag und Reichstag, 9).
In kritischer Auseinandersetzung mit den Forschungen Peter Moraws, Paul-Joachim Heinigs, Thomas Michael Martins sowie >> hat demgegenüber Gabriele Annas zuletzt (2004) ein wesentlich auf begriffs- und personengeschichtliche Überlegungen gestütztes alternatives Verständnismodell vorgelegt: Die Genese des frühneuzeitlichen Reichstags wird hier als ein organischer Transformationsprozess beschrieben, der vom traditionellen königlichen Hoftag des hohen Mittelalters über den seit den 1420er und 1430er Jahren auch begrifflich dokumentierten Typus des "Gemeinen Tags" zum ständisch-dominierten Reichstag des Alten Reichs führte.
Dass verschiedene Faktoren auf die hier geschilderten verfassungsrechtlichen Entwicklungen Einfluss genommen haben, ist demgegenüber unumstritten:
die seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert wiederholt zu beobachtenden Krisen eines wesentlich auf die jeweilige Hausmacht verwiesenen Königtums (Absetzung König >> [reg. 1378-1400] und Wahl >> [reg. 1400-1410]) und der damit verbundene Bedeutungsverlust des herrscherlichen Hofesdie fortgesetzte Reichsferne der Herrscher aus luxemburgischem und habsburgischem Hause (König >> , Kaiser >> [reg. 1410/11-1437], König >> [reg. 1438/39] und Kaiser >> [reg. 1440-1493])die im Gegenzug, unter dem Druck außenpolitischer Bedrohungen durch Hussiten, Armagnaken, Türken, Burgund und Frankreich, wachsende reichspolitische Bedeutung vor allem der (rheinischen) Kurfürsten der "Gedanke, daß die ausreichend besuchte 'gemeine Versammlung' in Reichsangelegenheiten Beschlüsse fassen konnte, welche die gesamte 'Nation', d. h. alle Reichsstände und die Frei- und Reichsstädte, verpflichteten" (Isenmann, Deutsche Stadt, 118).
(Alt-)Bayern/Franken/Schwaben und die Reichsversammlungen des 14. und 15. Jahrhunderts
Neben dem Mittelelbe-Saale-Gebiet, dem Raum am Mittelrhein/Main sowie Teilen Schwabens (namentlich an der oberen Donau) gehört vor allem das vielgliedrige Franken mit seinen Bistümern, reichsunmittelbaren Herrschaften und Reichsstädten zu jenen Geschichtslandschaften des spätmittelalterlichen Reichs, die in der Forschung verschiedentlich mit der Bezeichnung "königsnah" – sei es im Sinne eines regionalen Eigenprofils (Ernst Schubert), sei es mit Blick auf spezifische Verhaltensmuster einzelner Reichsfürsten, Dynasten und Städte (Peter Moraw) – belegt wurden. Die reichspolitische Ausrichtung der (bayerischen) Wittelsbacher war demgegenüber wesentlich durch ihre Rolle als Dynastie mit Königsambitionen bestimmt ( >> [reg. 1314-1347], >> [reg. 1400-1410] aus der Linie der pfälzischen Wittelsbacher): zeitweise als politischer Widerpart, zeitweise als gewichtiger Partner der konkurrierenden Häuser Luxemburg und Habsburg. Als ein lange Zeit noch weithin vom Königtum dominiertes Herrschaftsinstrument spiegeln die spätmittelalterlichen Hoftage geographisch, thematisch und personell diese reichspolitischen Dispositionen wider, die allerdings im Verlaufe des ausgehenden Mittelalters von regionalen "Ausgleichsprozessen" – unter stärkerer Einbindung auch der königsoffenen und königsfernen Gebiete nördlich des Mains – langsam überlagert wurden.
Orte spätmittelalterlicher Reichsversammlungen
Als Schauplätze spätmittelalterlicher Reichsversammlungen wurden bevorzugt Freie und Reichsstädte – seltener auch Territorialstädte – vor allem des süddeutschen Raumes gewählt. Neben der zentral im (Binnen-)Reich gelegenen Reichsstadt Frankfurt/Main, deren Stellung als Ort der deutschen Königswahl in der Goldenen Bulle Kaiser >> (reg. 1346/49-1378) 1356 reichsrechtlich verankert wurde, ist in diesem Zusammenhang namentlich die alte Kaiserstadt zu nennen, die nicht nur durch eine geopolitisch günstige Lage – mit der Nähe zu den territorialen Machtschwerpunkten der Luxemburger, Wittelsbacher und Habsburger sowie der Kurfürsten – ausgewiesen war, sondern zugleich dynastienübergreifend enge politische Beziehungen zum Königtum pflegte. Verfassungshistorische Bedeutung erlangte der dort im November 1355/Januar 1356 abgehaltene glanzvolle Hoftag Kaiser Karls IV., in dessen Verlauf am 10. Januar 1356 die ersten 23 Kapitel der Goldenen Bulle verkündigt wurden. Das ergänzend auf dem nachfolgenden Metzer Hoftag am 25. Dezember 1356 erlassene 29. Kapitel dieses "kaiserlichen Rechtbuchs" bestimmte zudem Nürnberg als Ort des ersten Hoftags eines neu gewählten und gekrönten Herrschers – eine normative Verfügung, auf deren konsequente Einhaltung in der historischen Praxis jedoch offenkundig nicht geachtet wurde.
Hatte mit seinen repräsentativen Pfalzanlagen noch in der Zeit Kaiser >> (reg. 1152-1190) zu den bevorzugten Hoftagsorten im deutschen Reich gehört, so wurde die bis in die Zeit der Karolinger zurückreichende Tradition Regensburger Reichsversammlungen nach dem Interregnum (1250-1273) zunächst nur noch sporadisch aufgenommen. Erst seit der Mitte des 15. Jahrhunderts rückte die Donaustadt als Tagungsort wieder verstärkt und – im Hinblick auf den dortigen Immerwährenden Reichstag (ab 1663) – zukunftsweisend in das Blickfeld des Königtums. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang beispielhaft auf den ersten der sog. Türkenreichstage der Jahre 1454/55, der nach dem Fall Konstantinopels (1453) dort im April/Mai 1454 abgehalten wurde, sowie auf den Regensburger "Großen Christentag" im Juni/August 1471, der sich in Anwesenheit Kaiser >> und zahlreicher Reichsstände ebenfalls der Organisation eines geplanten Feldzugs gegen die Türken widmen sollte.
Nachdem noch in der Zeit König Rudolfs von Habsburg (reg. 1273-1291) verschiedentlich Hoftage in seinen Mauern beherbergt hatte (1275, 1282 und 1286), erschien die schwäbische Handelsmetropole nach einer längeren Pause erst ab dem letzten Drittel des 15. Jahrhunderts (1473/74) wieder im Kreis spätmittelalterlicher Tagungsorte. Sie sollte später vor allem für die Reichstage der Zeit Kaiser >> (reg. 1493-1519) und >> (reg. 1519-1556) eine gewichtige Rolle spielen.
Themen spätmittelalterlicher Reichsversammlungen
Mit den Reichsversammlungen des späten Mittelalters war ein weitgespanntes Spektrum möglicher Aufgabenstellungen verbunden, die allgemein die politisch-rechtlichen Belange des Reichsverbandes und/oder die Macht- und Herrschaftspolitik des Königtums betrafen. Auf der Ebene der Außenbeziehungen des Reichs gehörten hierzu vor allem "Beschlüsse über Heeresfahrten, Friedensverhandlungen und Friedensverträge, Lehenshuldigungen ausländischer Fürsten und Empfang von Gesandtschaften fremder Herrscher". Für den innenpolitischen Bereich sind demgegenüber die "Zustimmung der Großen zur Designation des Nachfolgers, Anerkennung des neuen Königs, Reichsgesetzgebung, Standesgericht über Fürsten, Ein- und Absetzung von Fürsten und Rangerhöhung von Fürsten" zu benennen (Schmid, Regensburger Reichsversammlungen, 33).
Dieses zunächst genuin weltliche Themenspektrum konnte schließlich auch durch geistliche Materien ergänzt werden, die namentlich in den Jahren des Großen Schismas (1378-1417) sowie der Konzilien von Konstanz (1414-1418) und Basel (1431-1449) wiederholt von entsprechenden Reichsversammlungen aufgenommen wurden. Ob und wenn ja wann die genannten Themen im feierlichen Rahmen eines Hoftags behandelt wurden, war jedoch zunächst noch dem Ermessen des Herrschers vorbehalten. Erst im weiteren Verlaufe des 15. Jahrhunderts – mit der wiederholt von den Reichsständen erhobenen Forderung nach einer grundsätzlichen politischen Beratungspflicht bei Materien, die das Reich in seiner Gesamtheit betrafen – sollten sich erste Konturen eines eigenständigen Handlungs- bzw. Kompetenzbereichs des sich formierenden Reichstags abzeichnen.
Entsprechend dem räumlichen Schwerpunkt spätmittelalterlicher Reichsversammlungen wurden im Rahmen der betreffenden Beratungen wiederholt auch lokale und regionale Materien insbesondere des süddeutschen Raumes aufgenommen. Neben der Vereinbarung jeweils zeitlich befristeter Landfriedensordnungen für Franken, Bayern und Schwaben, dem Abschluss von Bündnissen mit einzelnen Reichsfürsten und Standeserhöhungen (Erhebung der Burggrafen von Nürnberg in den "Reichsfürstenstand", 1363) sind in diesem Zusammenhang vor allem die Bemühungen um eine Beilegung aktueller politischer und militärischer Konflikte nennen:
die Streitigkeiten zwischen den Mitgliedern des 1383 gegründeten Herrenbundes einerseits und dem Rheinischen und Schwäbischen Städtebund andererseits, die schließlich im Süddeutschen Städtekrieg (1387-1389) kulminiertendie Auseinandersetzungen um das Landgericht (Mitte des 15. Jahrhunderts) der Münchner Bruderzwist (1471)
Gleichwohl ist bereits seit der Zeit Kaiser Sigismunds auch in diesem Bereich ein Wandel zu beobachten, der die Regelung selbst größerer regionaler Konflikte (für den süddeutschen Raum: Erster Markgrafenkrieg [1449/50]; Reichskrieg gegen Herzog >> [reg. 1450-1479] 1459-1463) zunehmend auf partikulare Tagsatzungen von begrenztem räumlichen und ständischen Zuschnitt (Fürsten- bzw. Städtetage) verlagerte, während sich die Reichsversammlungen selbst bevorzugt den innen- und außenpolitischen Herausforderungen des gesamten Reichsverbandes widmeten.
Besucher spätmittelalterlicher Reichsversammlungen
Mit Blick auf die lange Zeit enge institutionell-organisatorische Ausrichtung königlicher Tagsatzungen auf das Reichsoberhaupt und den herrscherlichen Hof können strukturell zunächst folgende Besuchergruppen unterschieden werden:
die Angehörigen des königlichen Gefolgesdie (rheinischen) Kurfürstenzumindest zeitweise königsnah agierende Besucherkönigsoffen auftretende Reichsfürsten und Dynasten (im Allgemeinen jeweils in Abhängigkeit von den geplanten Themen der Beratungen)städtische Gesandtschaften (mit einem eigenen Verhaltensspektrum)
Maßgeblich beeinflusst wurde die je individuelle personelle Zusammensetzung einzelner Versammlungen nicht zuletzt durch die geographische Lage des Tagungsortes sowie die potentiellen Themen, die im Allgemeinen durch ein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis eng miteinander verbunden waren und zu einem konkret immer wieder wechselnden Besucherbild führten. Seit der Zeit Kaiser Sigismunds, namentlich seit den 1420er und 1430er Jahren, ist allerdings – zumindest mit Blick auf die königsnah und königsoffen agierenden Reichsstände – eine gewisse Stabilisierung des Besucherfeldes zu beobachten (mit einem personalen Kernbestand verschiedener Reichsfürsten, Grafen, Herren und vor allem städtischer Gesandtschaften), die zugleich auf ein erweitertes, über die Kurfürsten hinausweisendes Verständnis von politischer Mitsprache des "Reichs" (im Sinne von Reichsverband) verweist.
Als Besucher spätmittelalterlicher Reichsversammlungen sind neben den Kurfürsten an prominenter Stelle vor allem Herrschaftsträger aus Altbayern, Franken und Schwaben zu nennen:
die Bischöfe von , , und (zeitweise auch von , und )der Deutschmeister (mit Sitz in Mergentheim)die Burggrafen von (ab 1415/17 auch Markgrafen von Brandenburg)die Herzöge von Bayern-München und Bayern-Landshut (allerdings mit zwischenzeitlichen politischen Eintrübungen) die Herren von Heideck, die Herren von Hohenlohe, die Marschälle von Pappenheim und die Grafen von Wertheim in Frankendie Grafen von Helfenstein, die Grafen von Oettingen und die Herren von Weinsberg in Schwaben
Kommunale Gesandtschaften spielten zwar lange Zeit eine insgesamt nur nachgeordnete politische Rolle im Rahmen spätmittelalterlicher Reichsversammlungen (bis hin zur Weigerung Kaiser Friedrich III. angesichts des notorischen Hintersichbringens der städtischen Boten, diese zu den Versammlungen der Jahre 1485 und 1486 zu laden). Namentlich die Mitglieder des Schwäbischen Städtebundes (mit Augsburg, Ulm und an der Spitze und häufig von diesen vertreten) sowie die fränkischen Reichsstädte (neben Nürnberg auch , , und ) waren jedoch bereits seit der Zeit König >> (reg. 1378-1400) weitgehend regelmäßig bei den betreffenden Zusammenkünften präsent.
Zur Quellenlage
Im Unterschied zu den Reichsversammlungen des frühen und hohen Mittelalters sind die Hoftage/Reichstage des späten Mittelalters im Allgemeinen durch ein gattungsmäßig breit gefächertes Spektrum schriftlicher Quellen dokumentiert, das für die Jahre ab 1376 in der historisch-kritischen Edition der "Deutschen Reichstagsakten" zusammengeführt wird (herausgegeben durch die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, seit 1867). Zu den in diesem Zusammenhang bearbeiteten Schriftquellen gehören beispielsweise Ladungsschreiben, Teilnehmerlisten, herrscherliche Propositionen, protokollarische Aufzeichnungen über den Gang der Verhandlungen, Matrikularlisten (mit Angaben zu den reichsständischen Truppenkontingenten im Falle militärischer Unternehmungen), gesandtschaftliche Korrespondenzen, Rechnungen, Reden und Abschiede (Beschlüsse).
Bereits seit der Mitte des 15. Jahrhunderts wurden zu einzelnen reichspolitischen Tagsatzungen Sammlungen wichtiger Quellenbestände zusammengestellt: zunächst von fürstlicher bzw. reichsstädtischer Seite (darunter namentlich das "kaiserliche Buch" des Markgrafen >> [-Ansbach] [reg. 1440-1486] sowie die Reichstagsaktensammlungen der Reichsstädte Frankfurt am Main und Nürnberg), wenig später auch im kurfürstlichen Kontext des Mainzer Erzkanzlerarchivs (heute im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv). Orientiert an den politisch-rechtlichen Interessen der jeweiligen Auftraggeber, besaßen die betreffenden Aktensammlungen jedoch weder einen offiziell-verbindlichen Charakter noch waren sie auf Vollständigkeit angelegt.
Für die Zeit des 14. und 15. Jahrhunderts kann demnach nicht auf ein festes, klar umrissenes Quellencorpus von "Hof-" bzw. "Reichstagsakten" zurückgegriffen werden, das in einem einzelnen staatlichen oder städtischen Archiv zentral eingelagert oder verzeichnet wurde. Hof-/Reichstagsrelevante Quellenbestände befinden sich vielmehr in zahlreichen, geographisch breit gestreuten Archiven und Bibliotheken des In- und Auslands: in Dresden, Frankfurt, , Nürnberg und Wien ebenso wie in Paris, Cambridge und Oxford, in Mailand, Florenz und Rom ebenso wie in Breslau und Prag oder in Kopenhagen und Strängnäs.
Vor diesem Hintergrund gehört es zu den zentralen Aufgaben der Edition der "Deutschen Reichstagsakten", entsprechende Quellenbestände zu recherchieren, zu sichten, auszuwählen und historisch-kritisch im Voll- oder Teildruck, als Regest oder Aktenreferat zu edieren (für die Jahre 1376 bis 1495 in bislang 24 Bänden mit zum Teil mehreren Teilbänden). Insofern sind denn auch "die Reichstagsakten [...] kein authentischer mittelalterlicher Quellentyp, sondern das Produkt gelehrter Komposition durch das gleichnamige Editionsunternehmen" (Johannes Helmrath, Reichstagsakten, in: Lexikon des Mittelalters 7 [1995], Sp. 643).
Liste spätmittelalterlicher Reichsversammlungen (1314–1495)
Die hier zusammengestellte Liste spätmittelalterlicher Reichsversammlungen ist angesichts der namentlich für das 14. Jahrhundert bisweilen schwierigen Quellenlage einerseits und der strukturellen Offenheit politischer Tagsatzungen des späten Mittelalters andererseits (mit einem sich erst langsam – seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert – formierenden Reichstag) mit einzelnen Unsicherheiten belastet und kann daher nicht den Anspruch auf Verbindlichkeit erheben. Wesentlich bestimmt wurde die Auswahl zunächst durch drei Ordnungskriterien, die >> (1828-1889), der Herausgeber der ersten Bände der Edition der "Deutschen Reichstagsakten" (RTA), bereits 1867 aufgestellt hatte: (1) die Beschäftigung mit Reichssachen, (2) die Einberufung durch den Herrscher sowie (3) die Teilnahme von Fürsten und städtischen Gesandtschaften (RTA 1, LIV). Mit Blick auf die verfassungspolitische Rolle der Kurfürsten bei der Herausbildung des frühneuzeitlichen Reichstags wurden darüber hinaus im Rahmen dieser Übersicht auch jene Versammlungen berücksichtigt, die namentlich im ausgehenden 14. sowie in der Mitte des 15. Jahrhunderts von den Königswählern einberufen wurden und sich unter Mitwirkung reichsfürstlicher und städtischer Vertreter allgemeinen Reichsangelegenheiten zuwandten (in den "Deutschen Reichstagsakten" werden diese im allgemeinen nur als "Fürsten- und Städte-Tage" bzw. als "Kurfürstliche Reichstage" benannt).
- Die Zeit Kaiser Ludwigs IV. (des Bayern) (reg. 1314–1347)
1314 Oktober Frankfurt/Main und SachsenhausenWahltage (Doppelwahl)1314 NovemberAachen und Bonn Krönungstage1317 Juni Bacharach königlicher Hoftag1322 Oktoberköniglicher Hoftag1323 März/Aprilköniglicher Hoftag1331 [März/]April kaiserlicher Hoftag1331 Dezember/1332 JanuarFrankfurt/Mainkaiserlicher Hoftag1332 Juli/Augustkaiserlicher Hoftag1337 Juni/JuliFrankfurt/Mainkaiserlicher Hoftag1338 August Frankfurt/Mainkaiserlicher Hoftag1338 SeptemberKoblenzkaiserlicher Hoftag1339 März Frankfurt/Mainkaiserlicher Hoftag1340 September Frankfurt/Mainkaiserlicher Hoftag1341 JuniFrankfurt/Mainkaiserlicher Hoftag1342 SeptemberFrankfurt/Mainkaiserlicher Hoftag1344 August/September Frankfurt/Main und Bacharachkaiserlicher Hoftag
- Die Zeit Kaiser Karls IV. (reg. 1346/49–1378)
1346 Juli Rhens Wahltag1346 NovemberBonn Krönungstag1349 Februar Kölnköniglicher Hoftag1349 März/April Speyerköniglicher Hoftag1349 JuniFrankfurt/Mainerneuter Wahltag1349 JuliAachenerneuter Krönungstag1353 Dezember/1354 JanuarMainzköniglicher Hoftag1354 März Metz königlicher Hoftag1355 November/1356 Januarkaiserlicher Hoftag1356 November/1357 JanuarMetz kaiserlicher Hoftag1360 September/OktoberMainzkaiserlicher Hoftag1361 Aprilkaiserlicher Hoftag1362 Märzkaiserlicher Hoftag1366 August/September Frankfurt/Mainkaiserlicher Hoftag1368 Januar/FebruarFrankfurt/Mainkaiserlicher Hoftag1372 Mai/JuniMainz kaiserlicher Hoftag1376 Mai Bacharach kaiserlicher Hoftag1376 JuniFrankfurt/MainWahltag1376 JuliAachenKrönungstag1377 MaiHoftag (König >> )1378 August/Septemberkaiserlicher Hoftag
- Die Zeit König Wenzels (reg. 1378–1400)
1379 Februar/März Frankfurt/Mainköniglicher Tag1379 September Frankfurt/Mainköniglicher Tag1380 April Frankfurt/Mainköniglicher Tag1381 Januar/Februarköniglicher Tag1381 SeptemberFrankfurt/Mainköniglicher Tag1382 Juni/JuliFrankfurt/Mainköniglicher Tag1383 Februar/Märzköniglicher Tag1383 September/Oktober königlicher Tag1384 JuliHeidelberg (Fürsten) und Speyer (Städte) königlicher Tag1387 Juli königlicher Tag1387 Oktober/November Mergentheim (königlicher) Tag1389 April/Mai Eger königlicher Tag1390 September königlicher Hoftag1394 Juli Frankfurt/Main(kur-)fürstlicher Tag1397 MaiFrankfurt/Mainkurfürstlicher Tag1397 JuliFrankfurt/Mainkurfürstlicher Tag1397 September/Oktober königlicher Tag1397 Dezember/1398 JanuarFrankfurt/Mainköniglicher Tag1399 NovemberFrankfurt/Mainkurfürstlicher Tag1400 Mai/JuniFrankfurt/Mainkurfürstlicher Tag1400 August Oberlahnsteinkurfürstlicher Tag/Wahltag
- Die Zeit König Ruprechts I. von der Pfalz (reg. 1400–1410)
1400 DezemberMainz königlicher Tag1401 Januar Köln Krönungstag1401 Februar/März königlicher Tag1401 Maiköniglicher Tag1401 Juni/JuliMainz königlicher Tag1404 Dezember Mainz königlicher Tag1405 OktoberMainz königlicher Tag1406 JanuarMainz königlicher Tag
- Die Zeit Kaiser Sigismunds (reg. 1410/11–1437)
1410 September/Oktober Frankfurt/MainWahltag1411 JuliFrankfurt/Mainerneuter Wahltag1414 Juli Speyerköniglicher Tag1414 NovemberAachenKrönungstag1415 Februar Konstanzköniglicher Tag1417 April/MaiKonstanzköniglicher Tag1420 JanuarBreslauköniglicher Tag1421 Aprilköniglicher Tag1422 Juli/Septemberköniglicher Tag1425 Januar Wienköniglicher Tag1426 Februar/März Wienköniglicher Tag1426 Mai/Juniköniglicher Tag1427 Februar Mainzköniglicher Tag1427 April/MaiFrankfurt/Mainköniglicher Tag1427 November/DezemberFrankfurt/Mainköniglicher Tag1429 DezemberPreßburgköniglicher Tag1430 März/Maiköniglicher Tag1430 August/September königlicher Tag1431 Februar/März königlicher Tag1431 OktoberFrankfurt/Mainköniglicher Tag1433 November/1434 Mai Baselkaiserlicher Tag1434 Mai/AugustUlmkaiserlicher Tag1437 Mai/August Egerkaiserlicher Tag
- Die Zeit König Albrechts II. (reg. 1438/39)
1438 März Frankfurt/MainWahltag1438 Juliköniglicher Tag1438 Oktober/Novemberköniglicher Tag
- Die Zeit Kaiser Friedrichs III. (reg. 1440–1493) und – ab 1486/93 – König Maximilians I. (bis 1495)
1440 Januar/FebruarFrankfurt/MainWahltag1441 Februar/AprilMainzköniglicher Tag1441 November/DezemberFrankfurt/Mainköniglicher Tag1442 Juni AachenKrönungstag1442 Mai/August Frankfurt/Mainköniglicher Tag1443 Februar königlicher Tag1443 November/1444 Januarköniglicher Tag1444 August/Oktoberköniglicher Tag1445 Juni/Juli Frankfurt/Mainköniglicher Tag1446 September/Oktober Frankfurt/Mainköniglicher Tag1447 März königlicher Tag1454 April/Maikaiserlicher Tag1454 September/Oktober Frankfurt/Mainkaiserlicher Tag1455 Februar/April Wiener Neustadtkaiserlicher Tag1456 November/Dezemberkurfürstlicher Tag1460 Märzkaiserlicher Tag1460 September/OktoberWien kaiserlicher Tag1461 JuniFrankfurt/Main (verlegt nach Mainz)kurfürstlicher Tag1461 August kaiserlicher Tag1466 Novemberkaiserlicher Tag1467 Juli/August kaiserlicher Tag1469 Februar/März kaiserlicher Tag1470 September kaiserlicher Tag1471 Juni/August kaiserlicher Tag1473 April/Junikaiserlicher Tag1474 April/Junikaiserlicher Tag1479 Oktoberkaiserlicher Tag1479 Dezemberkaiserlicher Tag1480 Oktober/Novemberkaiserlicher Tag1481 Juli/Augustkaiserlicher Tag1485 Februar Frankfurt/Mainkaiserlicher Tag1486 Februar/April/MaiFrankfurt/Main/Aachen/KölnWahltag/Krönungstag/kaiserlicher Tag1487 Januar/FebruarSpeyerkaiserlicher Tag1487 März/Julikaiserlicher Tag1489 Juni/JuliFrankfurt/Mainkaiserlicher Tag1491 März/Juni/Juli Tag (König Maximilians I.)1492 September/Oktober KoblenzTag (König Maximilians I.)1493 Februar/März ColmarTag (König Maximilians I.)1495 März/August WormsReichstag