Giech, Herren/Grafen von

Beschreibung

Seit dem 12. Jahrhundert nachgewiesenes oberfränkisches Adelsgeschlecht, das 1938 ausstarb. Ihren Namen hat das ursprünglich wohl edelfreie, dann in die Ministerialität abgestiegene Geschlecht von der Burg Giech in Oberfranken. Die niederadelige Familie gehörte bis ins 16. Jahrhundert zur bambergischen Stiftsritterschaft und schloss sich dann der Reichsritterschaft, Kanton Gebirg, an. 1564 trat sie zusammen mit den Herren von Künsberg zu Wernstein das Erbe der Förtsch zu Thurnau an. 1680 wurde die Familie in den Reichsfreiherrenstand und 1695 in den Reichsgrafenstand erhoben. Bis Ende des alten Reiches gehörten die Giechs dem Fränkischen Grafenkollegium als Personalisten an. Zentren ihrer Herrschaft waren Thurnau, Buchau und Wiesentfels.

Erstes Auftreten im 12. Jahrhundert

Die Herren von Giech sind nicht mit >> (erw. ab 1130) verwandt. Auf verschlungenen Erbwegen hatte dieser über seine Frau >> die Besitzmassen der 1057 ausgestorbenen Schweinfurter Grafen um - erhalten. Reginboto nannte sich zwar nach der Burg Giech (Lkr. Bamberg, Gde. Scheßlitz), er gehörte aber zur Familie der Grafen von Wertheim.

Die hier zu behandelnde Familie sind Nachkommen eines Ministerialen >> des Grafen Reginboto. Eberhard trat erstmals 1137 auf und nannte sich ebenfalls nach der Burg Giech (Giechburg). Vermutlich von den Edelfreien von abstammend, waren die Giech 1149 Ministeriale der Andechs-Meranier. Sie standen aber auch in Diensten der Bischöfe von .

Die Familie im Spätmittelalter

Nach dem Aussterben der Herzöge von Andechs-Meranien erschienen Vertreter der Familie auch im Dienste der Grafen von Truhendingen. Dominierender Bezugspunkt der Familie wurde aber das Bistum Bamberg.

Seit ca. 1300 waren Familienmitglieder im Domkapitel zu Bamberg vertreten. >> (gest. 1321) war seit 1315 Dompropst und wurde 1318 gegen den letztendlich erfolgreichen >> (gest. 1322) zum Bischof von Bamberg gewählt. Im ausgehenden 14. Jahrhundert wurden die Giech auch zum Würzburger Domkapitel zugelassen. >> (gest. 1501) wurde 1495 auch Dompropst zu .

Die Giech waren Mitglied der bambergischen Stiftsritterschaft und gehörten den bambergischen Landständen an. Sie standen daher auch vorwiegend im Dienst der Bischöfe von Bamberg. So war >> (erw. 1424/60) 1458 bambergischer Landrichter in Kärnten. Einige Familienmitglieder gehörten zum Kreis der adeligen Räte des Bamberger Bischofs und hatten als Schultheißen und Landrichter wichtige Ämter in der Hochstiftsverwaltung inne (z. B. >> , erw. 1306/57, als Schultheiß; >> , gest. 1501, ebenfalls Schultheiß).

Stammsitze und Linienbildung im 15. und 16. Jahrhundert

Auf der namengebenden Burg waren die Giech nur Ministerialen. Im Zuge der Auseinandersetzungen um das Erbe der Herzöge von Andechs-Meranien verließen sie 1255 die Burg.

Ihre im Spätmittelalter greifbaren Besitzungen lagen hauptsächlich östlich von Bamberg mit einer Häufung im Raum Scheßlitz (Lkr. Bamberg), also nahe der , und (Lkr. Lichtenfels). Weiteren Besitz gab es auch im Steigerwald bei (Lkr. Bamberg).

Wichtige Sitze waren im 14. Jahrhundert Ellern (, Gde. Scheßlitz, Lkr. Bamberg), (Gde. Ebensfeld, Lkr. Lichtenfels) und (Stadt Weismain, Lkr. Lichentfels). Im Tausch gegen Ellern erhielten die Giech 1437 (Markt Mainleus, Lkr. Kulmbach), das ein bedeutendes Zentrum der Familie wurde. Als weitere wichtige Sitze traten im 15. Jahrhundert (Gde. Schönbrunn i. Steigerwald, Lkr. Bamberg) und (Gde. Hollfeld, Lkr. Bayreuth) hervor. Auch in der Oberpfalz wurden die Giech im 15. Jahrhundert ansässig.

Im 15. Jahrhundert hatte sich die Familie in fünf Linien geteilt:

Giech zu Zettmannsdorf, erloschen in der zweiten Hälfte des 16. JahrhundertsGiech zu Brunn (Oberbrunn) und Wipfer, erloschen 1563.Giech zu (Gde. Kemnath, Lkr. Tirschenreuth), (Gde. Scheßlitz, Lkr. Bamberg) und Rackenstein (, Gde. Vohenstrauß, Lkr. Neustadt a. d. Waldnaab), erloschen um 1640.Giech zu Wiesentfels und Giechkröttendorf, erloschen 1632.Giech zu Buchau und (Lkr. Kulmbach), erloschen 1622.

In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts überlebte nur eine Seitenlinie der Giech zu Wiesentfels, die sich dann zu Buchau und Thurnau nannte.

Wappen

Als Stammwappen führten die Giech zwei rote Schafscheren in Silber. 1482 vermehrte Kaiser >> (1415-1493, reg. 1440-1493) das Wappen noch um den Schwan. Weitere Wappenmehrungen folgten in der Frühen Neuzeit.

Aufstieg in die Reichsritterschaft und Konfessionswechsel

Im Laufe des 16. Jahrhunderts schlossen sich die Giech der sich formierenden Reichsritterschaft, Kanton Gebirg, an. Außerdem bekannten sie sich zur Reformation. Damit schieden die Giech allmählich aus der bambergischen Stiftsritterschaft aus. Noch >> (1521-1613) war, obwohl evangelisch, Rat des Bamberger Bischofs >> (reg. 1583-1591). Sein Nachfolger, der strikte Gegenreformator >> (reg. 1591-1598), entließ Hans Georg und lud 1596 letztmalig die Giech zusammen mit der übrigen Ritterschaft auf einen Landtag, dem diese allerdings fernblieben.

Die Giech und Thurnau

Hans-Georg von Giech heiratete 1562 >> (gest. 1588), Erbtochter des >> (gest. 1564). Nach dem Aussterben der Herren von Förtsch 1564 traten Hans Georg von Giech und >> (gest. 1621) gemeinsam das Erbe an. Sie übernahmen den Allodialbesitz und kauften die heimgefallenen brandenburgischen und bambergischenLehen.

Kern des Erbes war die Herrschaft , die bis 1731 ein Kondominat der Giech und Künsberg blieb. Weitere Besitzungen, wie (Gde. Kasendorf, Lkr. Kulmbach) und Obermenchau (Markt Thurnau, Lkr. Kulmbach) kaufte Hans Georg von Giech noch im 16. Jahrhundert den Künsberg ab.

Nachdem bis Ende des 17. Jahrhunderts Buchau Hauptsitz der Giech war, wurde Thurnau in der Folgezeit Herrschaftszentrum. Weitere wichtige Sitze waren (Markt Thurnau, Lkr. Kulmbach), Peesten, (Gde. Hollfeld, Lkr. Bayreuth) und Wiesentfels.

Auseinandersetzungen mit Brandenburg-Bayreuth

Mit der Herrschaft Thurnau übernahmen die Erben auch die Auseinandersetzungen um Bestand und Ausdehnung der Centgerichtsbarkeit. Diese war teilweise mit Bamberg umstritten, besonders aber mit dem Fürstentum Kulmbach-Bayreuth, das über die hohe Gerichtsbarkeit auch die Landeshoheit beanspruchte.

Der Erhalt der kleinen Herrschaft „zwischen Tür und Angel zweier mächtiger Fürstentümer" (Lebensabriss Graf Christian Carl I) wurde neben der wirtschaftlichen Sanierung nach den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges die Lebensaufgabe von >> (1641-1695). Gegen das bedrängende suchte er sich zuerst über die Reichsritterschaft zu wehren. 1677 wurde er zum Ritterhauptmann des Kantons Gebirg gewählt. Er sanierte diesen zwar während seiner 18-jährigen vorbildlichen Amtszeit finanziell und organisatorisch, konnte aber in dieser Funktion nichts gegen die Markgrafen ausrichten.

Standeserhöhungen 1680 und 1695

Um die Unabhängigkeit Thurnaus doch noch zu sichern, versuchte Christian Carl dies über eine Mitgliedschaft im fränkischen Reichsgrafenkollegium. Bereits 1680 in den Reichsfreiherrenstand erhoben, wurde der Familie Giech 1695 als einem der wenigen oberfränkischen Adelsgeschlechter die Reichsgrafenwürde verliehen.

Die Bildung einer reichsunmittelbaren Grafschaft durch Eximierung der in der Reichsritterschaft inkorporierten Giechschen Güter misslang. Die Giech konnten 1726 nur als Personalisten in das Grafenkolleg einziehen.

Ausgleich mit Bayreuth 1699

>> (1670-1729) nutzte die Geldnot von Markgraf >> (reg. 1655-1712) und erwarb im Rezess von 1699 für 26.000 Gulden die hohe und fraischliche Obrigkeit, sowie Cent und Blutbann als Reichsafterlehen. Damit waren die Zwistigkeiten beigelegt.

Die gräfliche Herrschaft im 18. Jahrhundert

Graf Carl Gottfried konnte sich in vorbildlicher Weise dem Ausbau von Verwaltung und Wirtschaft sowie der Förderung der seit 1552 bestehenden Thurnauer Lateinschule widmen. Ihr bedeutendster Schüler war >> (1693–1743), Sohn eines Thurnauer Amtmanns, Nestor der deutschen Frühgeschichtsforschung. Im bescheidenen Rahmen wurde eine Hofhaltung eingeführt, u. a. mit der Anlage einer Baille-Maille-Lindenallee 1706.

Verwaltet wurde der Giechsche Besitz durch eine Regierungskanzlei in Thurnau sowie von drei Ämtern in Thurnau, Buchau und Wiesentfels, die 1696 in drei wichtigen Rittergütern eingerichtet wurden. Ein eigenes Konsistorium entstand 1678. Sein bedeutendstes Mitglied als Inspektor und Konsistorialrat war Magister >> (1668–1722). Er gab der Lateinschule eine neue Ordnung, verfasste mehrere Lieder für das Thurnauische Gesangbuch und veranlasste den Neubau der Thurnauer Kirche (1701–1706), an deren Decke er seine pietistische Haltung in Zwickelgemälden durch den aus wegen radikaler pietistischen Anschauungen vertriebenen Maler >> anbringen ließ.

1731 kaufte Graf >> (1695–1748) den Künsbergschen Anteil der Herrschaft. Damit endete das mit zahlreichen Spannungen verbundene Kondominat.

Sein Nachfolger, >> (1729–1779), förderte die schönen Künste, u. a. den Maler >> (1715-1768), Bayreuther Stuckateure und den Hildburghauser Bildhauer >> . Er verkehrte auch mit dem benachbarten markgräflichen Hof in Bayreuth.

Zusammen mit den Abgaben an das Grafenkolleg und die Reichsritterschaft überstieg dies die finanziellen Möglichkeiten der Herrschaft. Die entstandenen Schulden trugen die nächsten drei Grafen ab ( >> [1763-1818], >> [1791-1846], >> [1795-1863]).

Im Zuge der Hardenbergschen Revindicationspolitik wurde die Herrschaft Thurnau 1796 von Preußen annektiert. Die Assecurationsakte vom 10. November 1796 gestand den Grafen jedoch die modifizierte Landeshoheit zu; sie behielten die Reichsstandschaft.

Unter bayerischer Oberherrschaft

Nach dem Übergang an die Krone Bayern (1810) wurde den Grafen Giech nach Art. XV der deutschen Bundesakte von 1815 die Eigenschaft eines standesherrlichen Hauses zuerkannt. Zwischen 1822 und 1848 besaßen die Giech ein eigenes Herrschaftsgericht I. Klasse. An seine Stelle trat 1852 ein staatliches Landgericht/Amtsgericht, das 1929 der Staatsvereinfachung zum Opfer fiel. Bis 1847 unterhielten die Giech als eine von zwei standesherrlichen Familien Bayerns ein eigenes Konsistorium.

Im Jahre 1819 erwarben die Giech vom bayerischen Staat die verfallene Giechburg. Pläne zu einem Wiederaufbau scheiterten aber. 1932 wurde die Burg verkauft.

Im 19. Jahrhundert gehörte Graf Carl von Giech zu der kleinen Gruppe bayerischer Standesherren, welche das vormärzliche Gedankengut von Verfassung und deutscher Einheit bejahten und sich für Reformen und den rechtzeitigen Verzicht auf überlebte Privilegien einsetzten. Kritik an Missständen in der Verwaltung und am König im sog. Kniebeugestreit führten 1840 zu Giechs Rücktritt als Regierungspräsident von Mittelfranken. Nach dem Tod seines Bruders 1846 Standesherr geworden, setzte sich Giech für Reformen der Kammer der (bayerischen) Reichsräte ein. Er wurde 1848 Mitglied des Vorparlamentes und im Oktober 1848 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung. Als Mitglied des Casino vertrat er einen gemäßigt liberal-nationalen Kurs. Im Ringen um die deutsche Einheit und die Durchsetzung der Verfassung unterstützte Giech – bei aller Loyalität gegenüber der Krone Bayern – schließlich das preußische Erbkaisertum.

Aussterben 1938

Das Geschlecht erlosch 1938 mit >> (1883-1938), der 1924 von Thurnau nach Wiesentfels umgesiedelt war. Über dessen Schwester >> (1881-1968) gelangte der Giechsche Besitz an die Freiherren Hiller von Gaertingen. Die Freiherren übergaben das Schloss 1972 an die Gräflich Giechsche Spitalstiftung, die es an die Universität Bayreuth verpachtete.

Archivsituation und Forschungsstand

Das Giechsche Archiv wird seit 2003 im Staatsarchiv Bamberg verwahrt. Im Landeskirchlichen Archiv in sind die Unterlagen des Thurnauer Konsistoriums überliefert.

Eine Gesamtdarstellung der Familiengeschichte fehlt. Behandelt sind bisher nur Einzelaspekte, vor allem bis zum 14. Jahrhundert und für das 18. und 19. Jahrhundert. Die Stammtafel des Geschlechts ist vor allem im 15. und 16. Jahrhundert mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.

Bayerische Staatsbibliothek