Bamberg, Hochstift: Territorium und Struktur

Beschreibung

Das Hochstift Bamberg erwuchs bis ins 14. Jahrhundert aus einer Summe von Hochgerichtssprengeln des Radenzgaues und der angrenzenden Gaugrafschaften sowie heimgefallenen Vogteien. Es umfasste in etwa knapp die Hälfte der Diözese und reichte im Westen in das Würzburger Diözesangebiet. Der Ausbau des Territoriums wurde durch die Finanzkraft des Bistums und das Aussterben hochfreier Geschlechter ermöglicht. Das Hochstift Bamberg war kein geschlossenes Territorium. Seit dem Aufstieg des Stiftsadels in Reichsritterschaft im 16. Jahrhundert war es von zahlreichen, oft protestantischen ritterschaftlichen Herrschaften durchsetzt. Über die 1759 verkauften Besitzungen in Kärnten konnte Bamberg keine Reichsunmittelbarkeit ausbilden. 1802/03 wurde das Hochstift säkularisiert und fiel an das Königreich Bayern.

Die Gründungsausstattung des Bistums Bamberg

König >> (reg. 1002-1024) schenkte im Mai 1007 seinen Besitz in der Grafschaft des Grafen >> und im Volkfeldgau sowie das Gut , seine Güter in der Grafschaft des Grafen >> und im Radenzgau an die in errichtete Kirche. Auf der Frankfurter Synode im November dieses Jahres schuf er durch weitere reiche Stiftungen die wirtschaftliche Grundlage für das neugegründete Bistum. Dazu gehörten Güter im bayerischen Nordgau aus dem Besitz des Markgrafen >> (gest. 1017), in Bayern, Oberösterreich, Kärnten und Schwaben. Fast jährlich gab er weiteren Besitz dazu, darunter Teile des 1009 eingezogenen bayerischen Herzogsgutes.

Die Kristallisationspunkte für die Ausgestaltung des hochstiftischen Territoriums lagen am Westrand des Bistums entlang der Main-Regnitz-Linie, von Hallstadt über Bamberg nach , sowie und im Rangau. Einen zweiten Schwerpunkt bildeten die Königsgüter im bayerischen Nordgau um , , , und . Nur über einen Teil seines Grundbesitzes konnte das Bistum Herrschaftsrechte kumulieren und ihn später zum Hochstift ausbauen.

Wichtige Erwerbungen im 11. und 12. Jahrhundert

Das Hochstift wuchs zusammen aus Bruchteilen der Grafschaften im Radenzgau, Volkfeld, Grabfeld und Rangau. Nach >> (1888-1952) hatte ihm bereits Heinrich II. die Grafschaft im Radenzgau übertragen. Im August 1068 bestätigte König >> (reg. 1056-1106) Bamberg die Grafschaftsrechte im Radenz-, Saale-, Grabfeld- und Volkfeldgau, wobei es sich wohl um Ansprüche oder Besitz einzelner Zenten handelte. Im Oktober 1069 schenkte er Königsgut auf dem Nordgau, im Dezember einen Wildbann mit dem Forchheimer Forst.

Nach dem Aussterben der Markgrafen von Schweinfurt (1057) konnte Bischof >> (reg. 1065-1075) das von >> (gest. 1103), der Tochter Herzog >> (gest. 1057) gegründete, zur Diözese Würzburg gehörende Kloster gewinnen. Bischof >> (reg. 1102-1139) erwarb und , erhielt durch Schenkung Kaiser >> (reg. 1106-1125) im Frankenwald und damit Passstraßen nach Thüringen. Er legte durch seine Erwerbungen und Burgenpolitik die Grundlagen für den Aufbau des Territoriums am Obermain.

Bischof >> (reg. 1139-1146) behauptete 1143 aus dem Vermächtnis der Gräfin >> das Kondominats- und Lehensverhältnis über die Burgen und . Bischof >> (reg. 1146-1170) erwarb 1151 von den Hennebergern die Burg Nordeck mit Allod und den Markt . 1154 erbaute er zum Schutz der Rodungen im "Nortwald" (Frankenwald) die Burg . Außerdem konnte er 1157 die Burg (Diözese Würzburg) erwerben und die Grafenrechte im Rangau sichern. Kaiser >> (reg. 1152-1190) gewährte ihm 1160 das Privileg, alle verliehenen Burgen bei Erledigung nicht mehr als Lehen ausgeben zu müssen.

Die Grafschaft im Radenzgau war zunächst an die Hochstiftsvögte, die Grafen von Abenberg, zu Lehen ausgegeben. Bis 1149 ging die Grafschaft in den Besitz der Grafen von Andechs über.

Die entscheidende Phase 1177-1260: Entvogtung und Andechser Erbe

Das Hochstift entwickelte sich unter drei Bischöfen aus dem Hause Andechs-Meranien: >> (reg. 1177-1196), >> (reg. 1203-1237) und >> (reg. 1237-1242). Während des Pontifikats Ottos II. verpfändete 1189 Graf >> (gest. 1201), der Letzte des Geschlechts, seine Vogteien, darunter über den Markt zu Bamberg, über Hallstadt und Kronach, über die Klöster Banz und Theres, an das Bistum, bevor er zum Kreuzzug aufbrach. Bischof >> (reg. 1196-1202) gelobte 1201 für sich und seine Nachfolger, die Vogtei über die Stadt Bamberg und den Banzer Forst niemals mehr zu Lehen auszugeben. Damit sicherte er den Bischöfen auf Dauer das Stadtregiment. Im 13. Jahrhundert konnten die Bischöfe die Vogteirechte weiterer Edelfreier und Ministerialer gewinnen.

Mit dem Aussterben der Andechs-Meranier 1248 entbrannten Auseinandersetzungen um deren Bamberger Lehen mit den Erben, den Grafen von Truhendingen, den Grafen von Orlamünde und den Burggrafen von Nürnberg. Bischof >> (reg. 1242-1257) konnte die Burgen Niesten und kurzfristig Giech sowie das Landgericht als Bausteine für den Territorialausbau sichern. Erst unter Bischof >> (reg. 1257-1285) endete der Streit mit dem Langenstädter Spruch (1260). Er bestätigte den Bischöfen die Grafschaft im Radenzgau, Kronach und die Veste . Bamberg gewann aus dem Erbe noch den Lehenteil des Hauptsmoorwaldes, die Zent Steinach und die Burg Lichtenfels mit Gerichtssprengel.

Das Landgericht Bamberg

Das Landgericht bildete eine wesentliche Grundlage für die Territorialisierung. Der Adel hatte hier seinen Gerichtsstand für die vier hohen Rügen (Mord, Raub, Diebstahl, Notzucht) und für Erb und Eigen. Das aus dem Grafengericht des Radenzgaues erwachsene Landgericht Bamberg vermochte seine Grenzen nur über die mit Kirchenlehen verbundenen Gerichtssprengel zu behaupten, nicht über die gesamte Diözese. Die Bezeichnung 1249 als "comitatus et iudicium provinciale in dioecesi nostra" durch Bischof Heinrich von Bilversheim blieb ein undurchsetzbarer Anspruch.

Der Tagungsort des Landgerichts wurde im 14. Jahrhundert an die Gerichtsstätte am Roppach bei Hallstadt und im 15. Jahrhundert an den bischöflichen Hof nach Bamberg verlegt. Bischof >> (reg. 1374-1399) erreichte 1384 von König >> (reg. 1376-1400, gest. 1419) die Bestätigung des Landgerichts. Die Landgerichtsreform vom Jahr 1503 ordnete es dem Hofgericht unter.

Die Verfestigung des Territoriums im Spätmittelalter

Seit Ausgang des Andechsischen Erbstreits war die bischöfliche Machtpolitik auf die innere Ausgestaltung des Territoriums gerichtet. Dazu dienten der Bau von Burgen, der Abschluss von Burghutverträgen und die Gründung von Städten (zehn Erhebungen in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts) und Märkten (besonders 15. Jahrhundert). Neben dem Landgericht waren die Grundherrschaft und die Vogtei entscheidend für die Territorienbildung.

Auf dem Nordgau konnte Bamberg nur , dessen Vogtei sich Bischof Berthold 1269 vorbehalten hatte, behaupten. Die übrigen Besitzungen gingen an die Herzöge von Bayern verloren. Außerdem blieb das Hochstift im Besitz von Forst und Burg Veldenstein sowie der Siedlung .

Bis ins 14. Jahrhundert waren fast alle edelfreien Geschlechter des Bistums ausgestorben. Nach dem Tode >> (gest. 1347) übernahmen dessen Gegner die Besitzungen der Edlen von Schlüsselberg. Bischof >> (reg. 1344-1352) erhielt unter anderem Burg und Herrschaft sowie Anteile an den Burgen Neideck, , , . Weitere Besitzungen teilte er mit dem Hochstift . Um die Abfindungskosten für die Allodialerben aufbringen zu können, musste Bischof >> (reg. 1353-1363) 1359 die Hälfte des Veldensteiner Forstes und 1361 Erlangen an Kaiser >> (reg. 1346-1378) verkaufen.

Die würzburgische Hälfte an und ertauschte Lamprecht von Brunn 1390, außerdem erhielt Bamberg die Zent . Er konnte 1390 aus truhendingischem Besitz den Rest des ehemals andechsischen Gebiets im Zentrum des Bistums endgültig gewinnen: die Burgen Giech und mit der Zent , die Burg mit Halsgericht und die Zent , die kirchlich zum Bistum Würzburg gehörte, mit Burg Stufenberg. Von Kloster Langheim wurden 1384 und 1388 dessen Güter zu Leugast und Teuschnitz mit Hochgerichtssprengeln im Frankenwald erworben.

Die Stellung als Reichsfürst, Verhältnis zum Domkapitel

Erst die Belehnung durch den Kaiser machte den erwählten und vom Papst konfirmierten Bischof zum Reichsfürsten. Er war der Träger der Regalien im Hochstift wie Wildbann, Münze, Judenschutz, Zöllen, Bergwerken, Geleit und der hohen Gerichtsbarkeit. Als Grundherr über die Kammergüter standen ihm in der Frühen Neuzeit die vogteiliche Gerichtsbarkeit und die Polizeygewalt zu. Außerdem besaß er die Lehenshoheit über die Mitglieder seines Lehenshofes. Er sorgte für die Einziehung der Reichssteuern und verfügte über die Wehrhoheit. Die Summe dieser Rechte wird von >> (1701-1785) als Landeshoheit bezeichnet.

Auch um den wachsenden Einfluss des Domkapitels zu begrenzen, ließen die Bischöfe >> (reg. 1322-1323) und >> (reg. 1324-1328) die bischöflichen Einkünfte im 1323 angelegten ältesten Bischofsurbar aufzeichnen (Urbar A). Das Urbar von 1328 nennt 27 Ämter, die sich um bischöfliche Burgen und später Städte entwickelt hatten. Bischof Friedrich I. ließ 1348 den liber possesionum (Urbar B) anlegen.

Das Domkapitel verstand sich als Wahrer der hochstiftischen Rechte und Besitzungen, zumal es während der Sedisvakanzen die Regierung führte und den Elekten in der Wahlkapitulation band (grundlegend das statutum perpetuum von 1422). 1475 forderte es die Erbhuldigung neben dem Bischof, worauf es auch in späteren Wahlkapitulationen beharrte.

Das Territorium in der Frühen Neuzeit

Das Hochstift war von fremden Herrschaften und von Mediatbesitzungen des Dompropstes, des Domkapitels und der Klöster durchsetzt, die Landeshoheit war über viele Besitzungen umstritten. Die Hochgerichtsbarkeit, landesherrliche, vogteiliche und lehensrechtliche Obrigkeit über einen Ort konnten im fränkischen territorium non clausum aufgesplittert sein. Im Zuge der Reformation schied der protestantisch gewordene ursprüngliche Stiftsadel aus dem Hochstift aus und verselbständigte sich zur Reichsritterschaft. Zu den Landständen im Hochstift gehörten fortan nur noch Vertreter der Klöster und Stifte sowie der Städte und Märkte.

Das Bamberger Territorium überschnitt sich mit dem Markgraftum Brandenburg-Kulmbach, mit der Reichsstadt Nürnberg, mit dem Hochstift Würzburg und mit der sich ausbildenden Reichsritterschaft. Die Diözese Bamberg verlor durch die Reformation an die zwei Drittel ihres Diözesangebiets, weil die anderen Territorialherren selbst das jus reformandi beanspruchten.

Das Hochstift Bamberg umfasste Ende des 18. Jahrhunderts etwa 65 Quadratmeilen und 150.000 bis 195.000 Einwohner. Neben der Bischofsstadt Bamberg gehörten die Nebenhauptstädte Forchheim und Kronach, 15 weitere Städte und 15 Märkte dazu. Während die Gebiete um Main und Regnitz günstige Voraussetzungen für die Landwirtschaft boten, waren Frankenwald und Jura auf Forstwirtschaft und Bergbau ausgerichtet.

Die Besitzungen in Kärnten

Das Hochstift Bamberg besaß umfangreiche Güter in Kärnten, die wohl auf Schenkungen Kaiser Heinrichs II. zurückgehen. Es handelte sich um einen Komplex bestehend aus der Stadt Villach und dem Land zwischen Drau und Gail mit dem Alpenübergang im Kanaltal sowie das Gebiet im Lavanttal um die Stadt Wolfsberg, den Sitz des Viztums.

Über die Besteuerung dieser Güter, die sowohl in Kärnten wie bei der Aufstellung der Bamberger Reichsmatrikel veranschlagt wurden, und damit über ihre reichsrechtliche Stellung entstanden Auseinandersetzungen mit König >> (reg. 1522-1564) als Herzog von Kärnten. Im Wiener Vertrag von 1535 räumte Bischof >> (reg. 1522-1556) Österreich auf 101 Jahre die oberste Gerichtsbarkeit, das Besteuerungs- und Geleitrecht sowie die Militärhoheit ein. Bambergs Anspruch auf Reichsunmittelbarkeit seiner Kärntner Herrschaften wurde damit praktisch hinfällig, die "landesfürstliche Obrigkeit" aber aufrechterhalten.

Fürstbischof >> (reg. 1672-1683) verzichtete 1674/75 gegenüber Österreich auf die "landesfürstliche Obrigkeit" über die Kärntner Besitzungen. Am 5. Mai 1759 verkaufte Bamberg schließlich seinen gesamten Besitz in Kärnten an das Erzhaus Österreich.

Mediatisierung und Säkularisation 1802

Nach der provisorischen Besitzergreifung der fränkischen Hochstifte erließ Kurfürst >> (reg. 1799-1806, König 1806-1825) am 22. November 1802 das Besitzergreifungspatent über die ihm im fränkischen Kreis zugesprochenen Territorien. Fürstbischof >> (1795-1802, gest. 1805) verzichtete daraufhin am 29. November 1802 auf die Regierung. Die nachträgliche Rechtsgrundlage bildete der Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803.

Quellenlage und Forschungsstand

Seit der Rückführung der Bamberger Urkunden aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv ist die Überlieferung des Hochstifts im Staatsarchiv Bamberg konzentriert. Während die Ausbildung des Territoriums im Hoch- und Spätmittelalter durch Erich Freiherr von Guttenberg untersucht ist, bedarf der Territorialisierungsprozess in der Frühen Neuzeit weiterer Forschungen.

Bayerische Staatsbibliothek