Holzschnitt (15./16. Jahrhundert)
Beschreibung
Die in Ostasien entwickelte Holzschnitt-Technik wurde um 1420 nach Europa importiert. Parallel zur wachsenden Handschriftenproduktion erfuhren Holzschnitte im Laufe des 15. Jahrhunderts starke Verbreitung, vor allem als Einblattdrucke, seltener als sog. Blockbücher. Erstmals 1461 in Bamberg wurden Holzschnitte als Illustrationen in gedruckte Bücher integriert. Im späten 15. Jahrhundert erschienen insbesondere in Nürnberg, Augsburg und Ulm zahlreiche mit Holzschnitten illustrierte Bücher. Holzschnitte mit deutlichem künstlerischen Anspruch, wie die von Albrecht Dürer (1471-1528) und Lucas Cranach (1472-1553) oder die 1512-1515 hergestellte Ehrenpforte Kaiser Maximilians (reg. 1486-1519), entstanden in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Seit ca. 1570 wurde der Holzschnitt durch den Kupferstich verdrängt. Vor allem seit der Jahrtausendwende hat sich die Sichtweise auf die Entwicklung des Holzschnitts grundlegend verändert, was bei der Rezeption älterer Literatur unbedingt zu berücksichtigen ist.
Definition
Der Holzschnitt ist eine graphische Hochdrucktechnik. Auf einer vorzugsweise aus Birnbaumholz bestehenden Platte, die parallel zur Faser zugesägt wurde, werden alle nicht zum Bildmotiv gehörenden Elemente mit Schneidewerkzeugen entfernt. Das erhöht stehende, seitenverkehrte Bildmotiv lässt sich mit Farbe einfärben und mittels Druck auf einen Bedruckstoff, meist Papier, übertragen. Der Druck wurde anfänglich durch Abreiben oder Stempeln erzeugt, später nahm man die Buchdruckpresse zu Hilfe.
Das Besondere des Holzschnitts im Vergleich zu anderer Kunst zu Beginn des 15. Jahrhunderts ist der mediale Aspekt – die Möglichkeit der Vervielfältigung und damit der schnellen und weiten Verbreitung (Schmidt 2005).
Differenziert wird zwischen Holzschnitten für Einblattdrucke und für die Buchillustration. Eine Illustrierung im Holzschnitt bot sich an, da auch der für den Text genutzte Bleisatz eine Hochdrucktechnik ist und daher eine gleichzeitige Verwendung in der Buchdruckpresse erlaubt. Eine kurzzeitige Sonderform stellte das Blockbuch dar, bei dem das gesamte Buch inklusive des Textes von Holztafeln gedruckt wurde. Die Anfänge sind umstritten; aufgrund von Papieranalysen kann keines der erhaltenen Blockbücher vor 1450 datiert werden (Stevenson 1991). Der Holzschnitt wurde auch für die Herstellung von Spielkarten genutzt, die sich archivalisch 1430 und materiell ab 1440 belegen lassen. Zu nennen ist auch der Zeugdruck, also die Bedruckung von Stoff, dessen Beginn man in Europa in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts vermutet (Field 2005).
Bei der Betrachtung eines Holzschnitts muss man sich bewusst sein, es mit der Reproduktion einer Vorlage zu tun zu haben: Der Entwurf war erst auf den Druckstock zu übertragen und erhielt durch den Schnitt eine weitere Bearbeitung. Das letztlich zu betrachtende Motiv entsteht jedoch erst durch den Farbabdruck des Holzstocks auf Papier. Das ursprüngliche Motiv unterliegt daher einer mehrfachen Transformation.
Anfänge des Holzschnitts in Europa
Der Grund für die Einführung des in Ostasien erfundenen Holzschnittes in Europa ist nach derzeitiger Forschungslage unklar. Alle bisherigen Erklärungsversuche, um 1400 hätten das Aufkommen von Papier, die Herstellung von Spielkarten und eine aufkommende Frömmigkeit verbunden mit einer Individualisierung des religiösen Verhaltens den Holzschnitt hervorgebracht, lassen sich nach neuerer Forschung komplett widerlegen. Demnach zeichnet sich als Beginn die Zeit nach 1420 ab, da nun die zuvor eingeleiteten Klosterreformen griffen, die sich auch in einem sprunghaften Anstieg der Handschriftenproduktion bemerkbar machen. Ebenso lässt sich das Stereotyp, der Holzschnitt mit seiner einfachen Form wäre für das "einfache Volk" bestimmt, nicht halten. Alle überlieferten Informationen zu Benutzern und Funktionskontexten stammen nicht aus den unteren sozialen Schichten (Schmidt 2005).
Für die ersten Jahre lassen sich nur wenige Holzschnitte zuordnen. Hilfsmittel ist hier die Papieranalyse. So kann beispielsweise das Papier des Holzschnitts "Die Marter des Heiligen Sebastian" (Staatliche Graphische Sammlung München, Inv. Nr. 171 505), für den Zeitraum 1406-1412 belegt werden. Der in einer 1410 datierten Handschrift des Klosters St. Zeno in Reichenhall bei Salzburg eingeklebte Holzschnitt wird um 1410-1420 datiert (Anfänge 2005, Nr. 26). Der Holzschnitt "Tod der Maria" ist auf 1422 in nachgewiesenem Papier Provenienz gedruckt worden und wird "vor 1422?" datiert (Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Inv. Nr. H2; Anfänge 2005, Nr. 84). Weitere Holzschnitte ohne entsprechende Belege werden stilkritisch dieser Periode zugeordnet, was jedoch als problematisch einzustufen ist (s. u.). Dies gilt auch für die Neubewertung des aufgrund der mitabgedruckten Jahreszahl 1423 berühmten "Hl. Christophorus" aus dem Kloster nahe dem schwäbischen (Lkr. Unterallgäu). Die je nach umrissener Objektform unterschiedlichen Linienstärken, die Feinheit des Gewandaufbaus, die detaillierten Gesichtszüge und die Dynamik sieht Schmidt erst bei um 1450 datierbaren Holzschnitten realisiert (Schmidt 2005, Nr. 35), was bei einem Blick auf die obigen frühen Holzschnitte nur schwer nachvollziehbar ist.
Erhalten haben sich die meisten Einblattdrucke, weil sie in Bücher eingeklebt wurden. Bei diesen Büchern lässt sich häufig noch die Provenienz feststellen, die insbesondere in den oberdeutschen Raum weist. Doch wurde durch die Sammelpraxis des 19. Jahrhunderts vielfach der Fundzusammenhang zerstört. Die ältesten bekannten europäischen Holzschnitte weist man dem damaligen deutschsprachigen Südosten zu (Schmidt 2005, Field 2005).
Konsolidierung des Holzschnitts
Mit dem massiven Anstieg der Handschriftenproduktion ab 1440 nahm auch die Produktion von Holzschnitten stark zu. Den größten Anteil hieran hat der "Gulden puchlein-Typus". Hierbei handelt es sich um einen umfangreichen kleinformatigen Holzschnittzyklus des Lebens und Leidens >> , der in Handschriften eingeklebt wurde (Schmidt 2005). Durch die konsequente Reduktion und Standardisierung von Ikonographie und Komposition ließ sich dieser Zyklus vielfach einsetzen, neben der Vita Christi und Passionstraktaten auch für das Marienleben und verschiedene Gebetszyklen. Beispiel hierfür ist eine von dem Nürnberger Dominikaner >> (gest. ca. 1460) geschriebene, als "Gulden puchlein" bezeichnete Handschrift mit dem Text eines Marienlebens, in die 1450 49 Holzschnitte dieses Typus eingeklebt wurden und die wohl für die Schwestern seines Ordens vorgesehen war (Bayerische Staatsbibliothek München, Dauerleihgabe der Staatlichen Graphischen Sammlung München; Schmidt 2005).
Anfänge der Buchillustration
Mit Aufkommen des Typendrucks Mitte des 15. Jahrhunderts bot sich der Holzschnitt aus den oben genannten Gründen als Illustrationstechnik an. Im Gegensatz zu den Problemen der Einblattdrucke sind die als Buchillustration verwendeten Holzschnitte fest integrierte Elemente des gedruckten Buches; damit ist ihre "Überlebenschance" ungleich größer. Ott (1995, 1999) spricht bei den Holzschnitten von "Imitationen von Federzeichnungen". Diese waren in Handschriften des 15. Jahrhunderts allgegenwärtig und damit stilistisches Vorbild für den Buchholzschnitt.
Tatsächlich wurde nur wenige Jahre nach Erfindung des Typendrucks im fränkischen erstmals ein gedrucktes Buch mit Holzschnitten versehen: >> (gest. 1340) "Edelstein" (GW 4839). >> (gest. 1466) hatte es am 14. Februar 1461 fertiggestellt, wobei er den Typensatz und die Holzschnitte noch nacheinander und nicht gleichzeitig druckte, was wohl mit Problemen bei der Farbannahme der unterschiedlichen Druckmaterialien zusammenhing.
Ausbreitung der Buchillustration im oberdeutschen Raum
Es vergingen allerdings weitere zehn Jahre, bis sich der Holzschnitt als Buchillustration zu verbreiten und durchzusetzen begann. Für die Ausbreitung in den 1470er Jahren waren vor allem die schwäbischen Metropolen Ulm und Augsburg entscheidend, wo die Buchdrucker den Holzschnitt für die Buchillustration perfektionierten und zu einer rationalisierteren Formensprache gelangten. Erst jetzt ist auch eine Differenzierung des thematischen Spektrums zu beobachten. So finden sich komplexe Text-Bild-Kombinationen oder didaktische Diagramme (Schmidt 2005).
1471 lassen sich Buchholzschnitte erstmals in >> bei >> (gest. 1478) belegen, der sie im Winterteil der deutschen Ausgabe der "Legenda aurea sanctorum" des >> (wohl gest. 1298) einsetzte (1472 folgte der Sommerteil; HC*9968). Im Winterteil sind 131 Abbildungen enthalten, wobei nur vier Holzstöcke mehrfach verwendet wurden. Sechs der Stöcke setzte Zainer dann auch für die 127 Illustrationen des Sommerteils ein und wiederholte diesmal 24 Stöcke (Ott 1999).
Im schwäbischen Ulm können Buchholzschnitte erstmals 1473 bei >> (gest. um 1523) in >> (1313-1375) "De claris mulieribus" nachgewiesen werden (GW 4483).
Nachdem 1461 bereits in Bamberg Holzschnitte für die Buchillustration verwendet worden waren (s. o.), nutzte sie >> (gest. 1496) in der fränkischen Reichsstadt Nürnberg erst 1472/1473 in "Super arboribus consanguinitatis et affinitatis" von >> (gest. 1348; GW1676).
Altbayern folgte beim illustrierten gedruckten Buch deutlich später als die anderen Landesteile. Die ersten Holzschnitte finden sich hier um 1481/1482 in in einem "Almanach für 1482" (GW1360), gedruckt bei >> (belegt 1480-1482).
Konsolidierung der Buchillustration
Als Hochburgen des mit Holzschnitten illustrierten gedruckten Buchs kristallisierten sich im späteren 15. Jahrhundert Ulm, Nürnberg und vor allem Augsburg heraus. Bei der bildlichen Ausstattung ihrer Werke konnten die Augsburger Drucker auf eine reiche, in der Augsburger Buchmalerei entwickelte ikonographische Tradition zurückgreifen. So folgt >> (gest. nach 1507) 1473 in der bildlichen Ausstattung seiner Ausgabe von Johannes Hartliebs (gest. 1468) Darstellung der "Geschichte von Alexander dem Großen" (GW 884) handschriftlichen lokalen Vorbildern, wobei alle weiteren Drucke wiederum diesen Schnitten folgen (Ott 1995). Andererseits verwendete Bämler auch Motive bekannter Holzschnitte: So nahm er sich für die zweibändige Ausgabe "Der Heiligen Leben" von 1475 (H*9970) die oben genannte "Legenda aurea sanctorum" von Günther Zainer zum Vorbild. Bämlers Stöcke finden sich wiederum 1478 in dem von >> (gest. 1493) gedruckten "Heiligenleben" wieder (H*9972; Ott 1999).
In Ulm ist insbesondere der von >> (1411-1479) bearbeitete "Aesop" hervorzuheben, der 1476/1477 bei Johann Zainer gedruckt wurde (GW 351) und 130 Nachdrucke bis 1500 erlebte (Geck 1982). Eine weitere Besonderheit in Ulm ist die 1482 fertiggestellte "Cosmographie" des >> (um 100-160; HC 13539*). Dies ist die erste Ausgabe in Deutschland; sie wurde von dem Drucker >> (belegt 1482-1492) mit 32 Holzschnitt-Karten versehen. Die Weltkarte hebt erstmals die Anonymität der Formschneider auf, da sich hier ein "Johann Schnitzer von Armsheim" nennt (Geck 1982).
In Nürnberg zeichnen sich weitere Entwicklungen des Buchholzschnittes ab. Zunächst wurden auch hier, wie an anderen Orten, ganze Bilderfolgen aus den Handschriften bis ins Detail für den Holzschnitt kopiert und dabei auch die übliche Kolorierung der Federzeichnungen in Handschriften für die Holzschnitte der Drucke übernommen (Ott 1999). Die Bildkomposition ist in der Regel auf das notwendige, durch kräftige Umrisslinien markierte Handlungspersonal beschränkt. Erst die nachträgliche Kolorierung von Hand organisierte die Komposition (Ott 1999). Die "Heiligenleben"-Ausgabe von >> (ca. 1420-1491) von 1475 (H*9969) zeigt jedoch - im Gegensatz zu der Bämlers in Augsburg desselben Jahres (H*9970) - bereits eine stärkere Strukturierung des Motivs durch die Verwendung von Schraffuren. Diese wurden in der Nürnberger Ausgabe von >> (um 1440-1513) von 1488 (H 9981*; C 6505) noch intensiviert und erforderten eine sehr subtile nachträgliche Kolorierung (Ott 1999). Genau diese versuchte >> (1447-1527/1528) in Augsburg durch die Verwendung des Mehrfarbendrucks zu umgehen. 1485 lässt sich im "Breviarium Augustense" erstmalig der Mehrfarbendruck in der Buchillustration belegen (GW 5265). Der hohe Druckaufwand bot sich bei den liturgischen Drucken mit ihren wenigen Holzschnitten an. 1496 findet sich diese Technik letztmalig im "Missale Augustense" angewendet (H 11261; Reske 2003).
Entwicklungen um 1500
Hatte der Holzschnitt zunächst nur den Zweck, die Inhalte verständlicher zu machen, erhielt nun der künstlerische Aspekt mit namentlich bekannten Künstlern zunehmende Bedeutung: Die Künstler treten aus ihrer Anonymität, wie in der 1493 bei Koberger in Nürnberg gedruckten Schedelschen Weltchronik, deren Kolophonen die Künstler zu entnehmen sind, die für die über 1.800 Abbildungen der am reichhaltigsten illustrierten Inkunabel (lateinische und deutsche Ausgabe) verantwortlich zeichnen: die Nürnberger Maler >> (gest. 1519) und >> (gest. 1494).
Den Höhepunkt erreichte der Holzschnitt im 15. Jahrhundert mit den zwölf ganzseitigen Holzschnitten zur "Apokalypse", die der Nürnberger Künstler >> (1471-1528) 1498 herausbrachte. Dürer zeigt hier eine bis dahin unbekannte Virtuosität der Linienführung, die jegliche nachträgliche Kolorierung obsolet machte. Im weiteren Verlauf setzte sich die Strukturierung des Bildganzen mittels Schraffuren durch, wie dies die Augsburger Ausgabe des "Heiligenleben" von >> (gest. 1516) 1513 in Perfektion zeigt (VD16 H1475/76; Ott 1999).
Der Holzschnitt in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts
Der frühere enge Text-Bild-Bezug weichte zunehmend auf. Es wurde variiert, kopiert, wiederholt, und es wurden Holzstöcke weitergereicht (Ott 1999). Das Titelblatt mit ornamentaler Rahmung setzte sich durch (Kunze 1993). Immer mehr große Künstler bemühten sich um den Holzschnitt und das Buch.
Von Dürer stammen etwa die Vorzeichnungen zu den zwei Widmungsblättern der "Sechs Komödien" der >> (gest. nach 973), die als Teil der "Opera" (VD16 H5278, ZV22183) 1501 von dem Humanisten >> (1459-1508) herausgegeben und in der Druckerei Sodalitas Celtica in Nürnberg gedruckt wurden. Weitere sechs große Holzschnitte, mit denen die Geschichten der Komödien beginnen, stammen von den Nürnberger Künstlern >> (gest. 1520) und >> (gest. 1522; Geck 1982). Mit einem Umfang von 600 Blatt und etwa 1.600 Holzschnitten stellt "Der beschlossen gart des rosenkrantz marie" (VD16 P2806) des Nürnberger Arztes >> (gest. 1518/1519) ein Großprojekt dar. Es wurde 1505 von >> (gest. 1535) auf Pinders Privatpresse in Nürnberg gedruckt. Die Holzschnitte stammen vor allem von dem Augsburger Künstler >> (um 1480/85-um 1539), beteiligt waren aber wohl auch Traut und von Kulmbach sowie mit >> (1484/1485-1545) ein weiterer Augsburger Künstler (Kunze 1993).
Welche künstlerische Bedeutung dem Holzschnitt Anfang des 16. Jahrhunderts zukam, zeigen die ambitionierten Projekte von Kaiser >> (reg. 1486-1519), für die er die namhaftesten Künstler der Zeit beschäftigte. Bei der zwischen 1512-1515 entstandenen, fast 3,5 m hohen "Ehrenpforte", deren Planung auf seinen Hofmaler >> (gest. 1540) und seinen Hofhistoriographen >> (gest. 1522) zurückgingen, wurden die Triumphbögen der römischen Kaiserzeit zitiert. Die Entwürfe der 192 von dem Nürnberger Formschneider und Drucker >> (gest. 1556) geschnittenen Holzstöcke stammen von Dürer, dem Regensburger >> (gest. 1538) und den Nürnbergern Traut und >> (gest. 1540; Lexikon der Kunst 1991; Kunze 1993). Von 1512 bzw. 1516-1518 dauerten die Arbeiten zum 54 m langen "Triumphzug", dessen Planung ebenfalls bei Kölderer und Stabius lag. Die Hälfte der 136 Stöcke wurde von dem Augsburger >> (1473-1531) entworfen, der Rest von Altdorfer, dem Augsburger >> (um 1480-1542), dem seit 1515 in Passau tätigen >> (um 1480-1553) sowie Schäufelein und Springinklee. Der Druck erfolgte erst 1526, sieben Jahre nach dem Tod des Kaisers, mit einem Triumphwagen von Dürer, der den eigentlich vorgesehenen, sog. großen Triumphwagen bereits 1522 selbständig veröffentlicht hatte (Lexikon der Kunst 1991). Bei seinem Hofbuchdrucker >> in Augsburg ließ Maximilian 1517 seinen Versepos "Theuerdank" drucken (VD16 M1649, ZV22337, ZV17067, 2. Ausgabe 1519: M1650, M1651). Die 118 von den Formschneidern >> (gest. um 1544) und Heinrich Kupferwurm geschnittenen Holzschnitte stammen vor allem von Beck, 13 von Burgkmaier und 20 von Schäufelein (Geck 1982; Kunze 1993). Mit diesen Holzschnitten löst sich der Buchholzschnitt endgültig aus seiner dienenden Funktion und wird zur autonomen graphischen Gattung (Ott 1999).
In Augsburg kann noch ein weiterer bedeutender Künstler für den Buchholzschnitt gefasst werden: der sog. Petrarcameister. Er war von 1518-1522 für die Offizin von >> (um 1480-um 1530) und >> (gest. wohl 1521) tätig und schuf unter anderem die bemerkenswerten, äußerst malerisch wirkenden Holzschnitte zu >> (1304-1374) "Arznei beider Glück". Gedruckt wurden sie erst 1532 von >> (gest. 1548), der die Stöcke aufgekauft hatte (VD16 P1725; Ott 1999, Geck 1982). Bei Steiner finden sich aber noch ältere Stöcke wiederverwendet: So nutzte er für seine Ausgabe des "Heldenbuchs" von 1545 (VD16 H1567) 168 der ursprünglich 229 von Schönsperger 1491 erstmals eingesetzten Holzstöcke, die ihrerseits ihre Vorbilder in einer Ausgabe des Straßburger Druckers >> (gest. 1510) aus dem Jahr 1479 fanden (Ott 1999).
Im Zuge der Reformation wurde der Holzschnitt auch propagandistisch eingesetzt, vor allem in Flugblättern. Zentrum war Wittenberg, wo der aus dem oberfränkischen Kronach stammende Künstler >> (1472-1553) mit seiner Werkstatt sehr erfolgreich tätig war. Kaum ein Buch erschien hier ohne Illustrierung (Geck 1982). Nürnberg konnte seine Stellung in der Kunst behaupten. So sind die Arbeiten für den Holzschnitt der Nürnberger Künstler >> (gest. 1550), >> (gest. 1546) sowie >> (1500-1550) und >> (1502-1540) nach wie vor herausragend. Dies zeigt "Das Kunst und Lehrbuchlein Sebalden Behams, malen vnd Reissen zu lernen, nach rechter proporcion, mass und austheilung des circkels, angehenden Malern vnd kunstbaren werckleuten dienlich", das 1546 in Frankfurt am Main erschien (VD16 B1476) und bis 1605 acht Auflagen erlebte (Kunze 1993).
Der Holzschnitt in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
Nach der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde im Zuge der Gegenreformation das zuvor nur vereinzelnd auftretende Gnadenbild als Wallfahrtsmotiv Hauptgegenstand der Druckgraphik (Schmidt 2005). Die Neigung zum Dekorativen und zum Beiwerk trat verstärkt auf; die Motive zeigten nun Lebenslust und Freude (Kunze 1993). Doch zeichnete sich bereits eine Verflachung des Holzschnitts ab. Nur noch wenige Künstler ragten heraus, wie der Nürnberger >> (gest. 1562). Er gehörte zu den sog. Kleinmeistern, die sich auf kleinformatige Illustrationen spezialisierten (Kunze 1993). Von ihm stammen die Holzschnitte der 1560 in Frankfurt gedruckten "Biblischen Figuren des Alten und Neuen Testaments" (VD16 S6973). Seine Werkstatt führte >> (1539-1591) fort, der unter anderem die Holzschnitte der Karte von Bayern schuf, bei denen er sich 1567 an den Aufzeichnungen des Mathematikers, Geographen und Druckers >> (1531-1589) orientierte, der sie 1568 in als "Bairische Landtaflen. XXIII." druckte (VD16 A3114, ZV662; 1569 ZV663). Die insbesondere bei Amman zu findenden, überladenen Titelblattgestaltungen sind typisch für die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts, doch werden diese ab etwa 1570 zunehmend durch den Kupferstich realisiert (Kunze 1993). Die Ablösung des Holzschnitts durch den Kupferstich als primäres graphisches Verfahren hatte begonnen.
Forschungslage
In der wissenschaftlichen Betrachtung der Frühzeit des Holzschnittes hat sich in den letzten Jahren ein Wandel vollzogen. Im Bewusstsein, dass Kopieren innerhalb des Genres Holzschnitt völlig gängig war und durch die Vervielfältigung ein Motiv schnell und weit verbreitet werden konnte, lässt sich eine kunsthistorische Kategorie wie "Lokalstil" - also Elemente einer Formensprache, die man regional zuordnen zu können glaubt - nicht wissenschaftlich fundiert anwenden (Schmidt 2005). Das bedeutet, dass die umfängliche lokale Zuordnung von Holzschnitten durch die Stilkritik, wie sie die bis in die Gegenwart rezipierte Fachliteratur vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts vorgenommen hat, in Frage zu stellen ist.
Die Datierbarkeit von frühen Holzschnitten ist ebenfalls problematisch, da Kompositionen über längere Zeit tradiert wurden. So ergab beispielsweise eine Papieranalyse des bisher aus stilistischen Gründen in die Zeit zwischen 1420 und 1430 datierten sog. Tegernseer Kruzifix, dass das Papier aus dem Jahre 1486/87 stammt. Hier wurde anscheinend in den 1480er Jahren ein altes Motiv kopiert (Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Inv. Nr. H5583; Schmidt 2005; Anfänge 2005, Nr. 38).
Über den Berufsstand der ersten Formschneider oder eine mögliche Arbeitsteilung zwischen Entwerfer und Formschneider ist nichts bekannt. Ende des 15. Jahrhunderts berichten archivalische Quellen über die Arbeitsteilung bei der Herstellung von Holzschnitten in Nürnberg. Einer Kostenaufstellung des Jahres 1497 ist zu entnehmen, dass ein Maler den Entwurf erstellte, den ein Reißer auf den Stock übertrug, den wiederum ein Formschneider bearbeitete. Dabei erhielt der Reißer dreimal mehr Geld und der Formschneider sogar 12,5-mal mehr Geld als der Entwerfer, und für 1493 kann auch die Auflagenbeständigkeit eines Holzstocks mit 25.000 Abdrucken belegt werden (Reske 2009).