Hutten, Adelsfamilie

Beschreibung

Seit ca. 1300 nachweisbare fränkische Adelsfamilie, die sich nach dem gleichnamigen Ort in Osthessen benennt. Die Familie teilte sich in mehrere Linien (Steckelberg, Stolzenberg, Gronau, Franken) und verfügte über Besitzungen in Hessen und Unterfranken. Die Hutten entstammten der Ministerialität und gehörten seit dem 16. Jahrhundert zur Reichsritterschaft. Familienmitglieder dienten in hohen geistlichen und weltlichen Ämtern und stellten mehrere Bischöfe und einen Kardinal. Bekanntester Vertreter der Familie war der Humanist Ulrich von Hutten (1488-1523).

Die Ursprünge der Hutten

Als Ort an den Rhönausläufern wird Hutten (Stadt Schlüchtern, Main-Kinzig-Kreis, Hessen) erstmals 1137 urkundlich erwähnt. Vertreter des Geschlechts lassen sich bis um 1300 zurückverfolgen. Als frühester Namensträger wird der 1274 als Zeuge für das Kloster Schlüchtern genannte >> angesehen. Seine Enkel >> (gest. 1363) und >> (gest. 1377) sind die Begründer der Stolzenberger und Steckelberger Stämme.

Die vier Hauptlinien der Familie Hutten: Steckelberg, Gronau, Stolzenberg, Franken

Schon bald fing das Adelsgeschlecht an, sich weithin zu verzweigen und sich nach neu hinzugewonnenen Besitzungen und Burgsitzen zu benennen. Ab dem 14. Jahrhundert teilte sich die Familie in vier Hauptstämme auf:

Hutten-SteckelbergHutten-GronauHutten-StolzenbergHutten-FrankenBesitztümer um Ramholz-Vollmerz (Stadt Schlüchtern, Main-Kinzig-Kreis, Hessen)Sitz in Burggronau (Altengronau, Gde. Sinntal, Main-Kinzig-Kreis, Hessen)Burgen und Schlösser um Soden-Salmünster (Main-Kinzig-Kreis, Hessen)beheimatet in (Lkr. Main-Spessart), (Markt Maroldsweisach, Lkr. Haßberge) und auf dem Vorderen Frankenberg (Gde. Weigenheim, Lkr. Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim)1422 ausgestorben1704 ausgestorbenblüht noch1783 ausgestorben

Hutten-Steckelberg

Als Stammvater der Steckelberger gilt der seit 1346 als hanauischer Amtmann auf Schwarzenfels (Gde. Sinntal, Main-Kinzig-Kreis, Hessen) amtierende Frowin von Hutten. Seine Familie besaß zahlreiche Güter in der Umgebung des Steckelbergs (Stadt Schlüchtern, Main-Kinzig-Kreis, Hessen). Frowins Enkel >> (gest. um 1394) erhielt 1388 den Steckelberg vom Würzburger Bischof zum Lehen und errichtete dort eine neue Burg. Mit Ulrichs gleichnamigem Sohn starb die Steckelberger Linie 1422 im Mannesstamm aus.

Die strategisch wichtige Burg Steckelberg kam durch die mit >> (gest. 1428) vom Gronauer Stamm verheiratete Schwester des letzten Steckelbergers, >> (gest. um 1408), zur Hälfte an die Hutten-Gronau. Die andere Hälfte der Burg fiel zu gleichen Teilen an >> (gest. vor 1431) und >> (gest. 1452), beides Vettern des letzten Steckelbergers. Alle drei Besitzer bildeten noch 1423 eine Ganerbschaft, das heißt sie verwalteten und nutzten den Besitz gemeinsam.

Hutten-Gronau

Die Gronauer gehen auf >> (gest. ca. 1300/1310) zurück, der 1278 den Rotenberg bei Schlüchtern zu Lehen hatte. Mit Trägern des Vornamens Ludwig (Lutz) setzte sich die Stammfolge fort: Zu nennen sind >> (gest. vor 1386), 1374/75 Amtmann in Steinau (Main-Kinzig-Kreis, Hessen), und Ritter >> , der 1384 als Amtmann von Schwarzenfels Erwähnung fand. Von Ludwigs Sohn >> , der die Schwester des letzten Hutten-Steckelberger, Margarete, zur Frau nahm, stammen alle späteren Angehörigen der Gronauer ab. Aus diesem Familienzweig ging der Humanist und Publizist >> (1488-1523) hervor. Sein Bruder >> (gest. 1540) war Amtmann in (Lkr. Bad Kissingen), und ein weiterer, >> (gest. 1552), würzburgischer Amtmann auf (Markt Elfershausen, Lkr. Bad Kissingen). Frowins Sohn >> (gest. 1575) war Domdekan in . Die Linie erlosch 1704 mit >> .

Hutten-Stolzenberg

>> , der Vater und Begründer der Stolzenberger und Steckelberger Linien, fand 1303 mit seinem Stammsitz Erwähnung ("residens in Stolzenberg"). Sein ältester Sohn >> war erst fuldischer Marschall (1329) und wurde in den Jahren 1341/45 kaiserlicher Landvogt in der Wetterau. Aus dessen Ehe mit >> gingen fünf Söhne und zwei Töchter hervor. Der Sohn >> (gest. 1373) gründete den Stamm Hutten-Stolzenberg. Friedrichs Bruder >> (gest. 1387) war der Stammvater der fränkischen Linie. Frowin, der - wie bereits sein Großvater - fuldischer Marschall war, kam in einer Fehde mit >> im Schloss zu Steinau an der Straße zu Tode. Frowins drei Söhne sicherten den Fortbestand der Hutten-Stolzenberger, die sich später in die Unterlinien Hausen, Soden, Salmünster und Steinbach verzweigten.

Hutten-Stolzenberg-Hausen

Frowins Enkel >> (gest. vor 1431) war hanauischer Amtmann auf Stolzenberg und Gründer des Zweiges Hausen (Stadt Bad Soden-Salmünster, Main-Kinzig-Kreis, Hessen). Einer seiner Nachfahren, gleichfalls ein >> (gest. 1529), wurde ein bekannter Ritter: Der Mainzer Erzbischof und Kardinal >> (reg. 1514-1545) machte ihn zu seinem Hofmeister. Kaiser >> (reg. 1486-1519) ernannte ihn zum Geheimen Rat. Seine Beteiligung auf Seiten >> (1481-1523) während der Kämpfe gegen den Kurfürsten von Trier und dessen Verbündete (1522) führte zum Verlust seiner sämtlichen Besitzungen, jedoch erhielt er infolge seiner Beteiligung am Bauernkrieg sein Eigentum zurück. Da Frowin keine männlichen Nachkommen hatte, verkaufte er kurz vor seinem Tod seine Güter an seine fränkischen Vettern, welche diese 1540 an Kurmainz veräußerten.

Ludwig von Hutten-Stolzenberg (gest. 1532) als Stammvater der Unterlinien Salmünster, Soden und Steinbach

>> , Burggraf in Gelnhausen, setzte die Stolzenberger Linie fort. Sein Enkel >> (gest. 1617) hatte drei Söhne:

>> (gest. 1652), Gründer der Unterlinie Salmünster, >> (gest. um 1637), mainzischer Kanzler unter dem schwedischen König >> (reg. 1611-1632) und Gründer der Unterlinie Soden und >> (gest. 1637), Gründer der Unterlinie Steinbach und Stammvater der späteren Erben des Huttischen Grundes um Romsthal.

Die Unterlinie Hutten-Salmünster stellte mit >> (gest. 1691), hanauischer Obrist und Festungskommandant und >> (gest. 1775), würzburgischer Generalfeldmarschall-Leutnant und Kommandant der Stadt und Festung Marienberg, hohe Militärs und starb mit >> 1800 aus. Hingegen bestand der Zweig Hutten-Soden nur eine Generation lang, durch den Rittmeister >> (gest. 1646).

Hutten-Stolzenberg-Steinbach

Der dritte Sohn, Friedrich von Hutten, wurde im Dreißigjährigen Krieg kaiserlicher Oberst in und Hauptmann des Fränkischen Ritterkreises. Durch Heirat gelangte er 1629 in den Besitz von (Stadt Lohr a. Main, Lkr. Main-Spessart) und machte es zu seinem Lebensmittelpunkt. Sein Sohn >> (gest. 1690) war Würzburger Geheimer Rat und Amtmann in (Gde. Schonungen, Lkr. Schweinfurt).

Die Söhne der Steinbacher Hutten hatten als geistliche Würdenträger würzburgische und fuldische Ämter inne: Der älteste Sohn >> (gest. 1728) war Domherr in Würzburg und gab 1691 sein geistliches Amt auf. Der Hofmarschall heiratete 1700 >> (gest. 1755) und setzte die Familie mit 15 Kindern fort. Ein weiterer Sohn Johanns, >> (1673-1729), regierte von 1724 bis 1729 als Bischof von Würzburg. Er tat sich als Förderer seines Hofarchitekten >> (1687-1753) hervor. >> (gest. 1729) konnte in Ämterhäufung Karriere machen: Er war Domkapitular und Oberpropst in (Gde. Bastheim, Lkr. Rhön-Grabfeld), Propst von Neumünster, Rezeptor der Julius-Universität und Kammerpräsident in Würzburg. >> (gest. 1739), mit Klosternamen Bonifaz, gehörte dem Fuldaer Stiftskapitel an und brachte es bis zum Propst auf dem Petersberg (Lkr. Fulda, Hessen).

Die größte Karriere machte Franz Ludwigs Sohn >> (1706-1770), den 1743 das Domkapitel zum Bischof von Speyer wählte. 1761 wurde er zudem zum Kardinal ernannt. Er übersiedelte von Speyer nach Bruchsal (Lkr. Karlsruhe, Baden-Württemberg), ließ das Schloss im Rokokostil umbauen, begann mit dem Wiederaufbau des Speyerer Doms, gründete 1753 in Bruchsal ein Jesuitenkolleg und förderte das Volksschulwesen und die Bildung der Geistlichen.

Die weiteren Söhne waren >> (gest. 1759), Domkapitular in Mainz und Würzburg und promovierter Physiker, >> (gest. 1788), Dompropst, Obereinnahmspräsident und Kanzler der Universität in , und >> (gest. 1757), Domherr in Hildesheim und Speyer. Dieser entsagte dem Segen der Kirche und heiratete >> (gest. 1784), mit der er elf Kinder hatte. Diese finden sich wieder als kirchliche Würdenträger, Diplomaten und hohe Offiziere. Philipp Wilhelms Sohn >> (gest. 1764) und seinem Enkel >> (gest. 1830) verdankt das huttische Geschlecht seinen Fortbestand.

Hutten-Franken

Die fränkische Linie war zwei Jahrhunderte in Arnstein tätig, denn der Würzburger Fürstbischof >> (reg. 1345-1372) verpfändete den Brüdern Conrad und Frowin das Schloss und das Amt Arnstein. Die von Hutten stellten die dortigen Amtmänner, bis 1489 Bischof >> (reg. 1466-1495) die Schuld einlöste und damit die Pfandschaft zurückerhielt. Unter den Enkeln Conrads spaltete sich der Stamm in die Zweige Ober- und Unterhutten auf. Letztere starben im Mannesstamm mit >> 1541 aus. Die Linie Oberhutten verließ in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Arnstein. Sie bildete unter >> (gest. 1517) die Linie Frankenberg, die mit Konrad (gest. 1556) erlosch und unter >> (gest. 1513) die Linie Birkenfeld, die 1783 mit dem Tod des Ritterhauptmanns >> endete.

Soziale Stellung

Die aus der Ministerialität hervorgegangene Ritteradelsfamilie von Hutten zählte seit dem 16. Jahrhundert zur Reichritterschaft und war mit ihren Besitzungen in die Ritterkantone Rhön-Werra, Mittelrhein, Odenwald und Baunach inkorporiert. Das Geschlecht blieb überwiegend der alten Religion zugehörig, obwohl sich in der Reformationszeit verschiedene Zweige der neuen Lehre >> (1483-1546) hinwendeten.

In ihrem gesellschaftlichen Wandel erfuhr die Familie keine Strandeserhöhung. Auch die Eheverbindungen entsprachen meist regionalen Heiratskreisen, die den verwandtschaftlichen Zusammenhang stärkten.

Familiengrablegen

Die Ritter von Hutten hatten sich das Kloster Schlüchtern, die Stiftskirche in Salmünster, die Kirche in Altengronau und das Kloster Himmelspforten in Würzburg zu ihrer Grablege auserkoren. Auch die 1445 erbaute Kirche Maria Sondheim bei Arnstein erinnert mit zahlreichen Grabdenkmälern an Mitglieder der fränkischen Adelsfamilie. Ein Wappenstein bezeugt in seiner Inschrift den jähen Tod des Stallmeisters >> (gest. 1515). Dort ist zu lesen: "...durch Herzog Ulrich von Württemberg unschuldig entleibt". Grund für den Mord war Herzog >> (reg. 1498-1550) Leidenschaft für Huttens schöne und galante Frau >> , eine geborene Thumb von Neuburg, gewesen. >> , der berühmte Humanist und Vetter des Ermordeten, erreichte durch seine offenen und flammenden Anklageschriften die kaiserliche Reichsacht gegen den Herzog.

Wappen

Das Wappen der Hutten zeigt zwei goldene Schrägrechtsbalken auf rotem Grund. Alle Familienstämme behielten den Wappenschild bei. Nur im Helmkleinod finden sich Unterschiede. Während die Steckelberger einen Flug (Flügel) wählten, führten die Stolzenberger und Franken einen wachsenden Männerrumpf, der Profil oder Vorderansicht zeigt.

Bedeutende Familienmitglieder

Ulrich von Hutten (1488-1523), Ritter, Poet, Humanist, Vagant, Publizist, Söldner und medizinischer Schriftsteller, ging aus der Hauptlinie Hutten-Gronau hervor. Als Schriftsteller und Agitator gegen das Papsttum seiner Zeit wurde er gebannt; als Fehdeführer gegen Klöster und Äbte stellte er sich gegen geltendes weltliches Recht. Als Mitherausgeber der "Dunkelmännerbriefe" kämpfte er gegen die Unzulänglichkeit scholastischer Gelehrtheit. Ulrich war ein engagierter Mitstreiter der neuen humanistischen Bildungselite, begeisterter Initiator eines deutschen Nationalbewusstseins. In ihm vereinigten sich viele Tendenzen und Ideen seiner Zeit - einer Zeit der Wende, der Erneuerung und Rückbesinnung. Er war einer derer, die, nicht angepasst, gegen die reale Macht ihrer Zeit angingen und vielleicht deshalb letztlich scheitern mussten.

>> (1503-1552) aus der Birkenfelder Linie war Domherr in Eichstätt, Würzburg und Augsburg. Seine Studienjahre führten ihn an die bedeutendsten Universitäten des deutschsprachigen Raumes und nach Padua. 1530 erhielt er ein Domkanonikat in Würzburg, 1532 in . Nach seiner Bestellung zum Dompropst von Würzburg 1536 wurde er 1539 Fürstbischof von Eichstätt (Weihe 1542). Auf Anordnung Kaiser >> (1500-1558, reg. 1519-1556) leitete er 1546 als Präsident das Religionsgespräch, das zur Wiedervereinigung der getrennten Konfessionen führen sollte. Ihm ist die Sammlung des literarischen Nachlasses seines um die deutsche Einheit kämpfenden Vetters Ulrich von Hutten und die Ausgabe des Arminius-Dialogs zu verdanken. Nach seinem Tod 1552 vermachte er seiner Heimatstadt Arnstein eine Spitalstiftung, die ihm durch den Bau eines barocken Spitalgebäudes (1713-1730) ein bleibendes Denkmal setzte.

>> (1505-1546) entstammte ebenfalls der Birkenfelder Linie. Er war am Hof Kaiser Karls V. erzogen worden und ging 1534 im Auftrag des Augsburger Handelshauses der Welser nach Venezuela. Zweimal hatte er unter Strapazen weite Erkundungsritte bis zu den Anden unternommen, um das sagenhafte Goldland "El Dorado" zu suchen. Bei der Rückkehr fielen er und sein Freund >> (1512-1546) am Karfreitag 1546 dem Angriff eines Spaniers zum Opfer, der Gold bei ihnen vermutete und Philipp den Titel des Generalkapitäns streitig machte. Philipps Bruder Moritz ließ ihm durch den Bildhauer >> (1484/85-1554) ein Epitaph errichten, das von einem tiefen religiösen Ernst geprägt ist. Es zeigt den Bischof und seinen Bruder betend vor dem Kruzifix. Die Darstellung im Hintergrund schildert den Überfall von Indianern auf die Europäer am Orinokofluss.

Die Hutten im 19. und 20. Jahrhundert

1816 wurde die Familie, die heute noch in der Linie von Hutten zum Stolzenberg im Mainfränkischen blüht, in die bayerische Freiherrenklasse immatrikuliert.

Quellenlage und Forschungsstand

In neuerer Zeit wurde die historisch-genealogische Familiengeschichte der von Hutten im Alten Reich durch den Verfasser ausführlich aufgearbeitet und dabei Einsicht in das Familienarchiv und die relevanten Bestände der Staatsarchive Würzburg und Marburg genommen.

Bayerische Staatsbibliothek