United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA)

Beschreibung

Die United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) wurde als Welthilfsorganisation am 9. Oktober 1943 in Atlantic City (New Jersey, USA) gegründet, am 29. November 1943 von 44 Nationen bei einem Treffen im Weißen Haus bestätigt und 1945 von der UNO übernommen. Die UNRRA sah ihre zentrale Aufgabe in der Erfassung, Betreuung und Repatriierung der aus den Mitgliedsstaaten der UNO stammenden Personen, die verschleppt oder deportiert worden waren. Dies umfasste Konzentrationslagerhäftlinge, Zwangsarbeiter und Personen, die während des Zweiten Weltkriegs freiwillig mit den sich zurückziehenden deutschen Truppen nach Deutschland oder in andere europäische Länder gekommen und als Displaced Persons anerkannt waren.

Einsatz in Deutschland

Vorgesehen war, dass die United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) unmittelbar nach der Befreiung von der NS-Diktatur in Deutschland zum Einsatz kommen sollte. Die Militärbehörden in den westlichen Besatzungszonen zögerten aber, zivile Organisationen zuzulassen. Sie zogen es vor, die Betreuung der Displaced Persons (DPs) zunächst selbst zu übernehmen, da sie befürchteten, Hilfsorganisationen würden die schwierigen Verhältnisse im Nachkriegsdeutschland noch weiter verkomplizieren. Schon bald allerdings mussten die Besatzungsbehörden erkennen, dass die Betreuung so vieler Menschen ihre Kapazitäten überstieg. Die UNRRA, die der Befehlsgewalt des Supreme Headquarters Allied Expeditionary Forces (SHAEF), dem Oberkommando der Alliierten Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg, unterstand, wurde aufgefordert, entsprechende Teams bereitzustellen, war aber aus Mangel an Personal nur in der Lage, sieben bis zehn Mitarbeiter für 8.000 bis 10.000 DPs einzusetzen. Nach kam das erste UNRRA-Team im Juli 1945. Nachdem anfangs entsprechend ausgebildetes Personal fehlte, gelang es mit der Zeit, vor allem Sozialarbeiter aus Frankreich, England, den Niederlanden, Norwegen und Polen zu rekrutieren. Sie hatten die Schrecken des Krieges selbst erlebt und verstanden die Probleme der DPs. Damit besserte sich auch das anfänglich häufig spannungsgeladene Verhältnis zwischen Betreuern und Betreuten.

Ihr Hauptquartier für Deutschland richtete die UNRRA im September 1945 in Höchst ein, verlegte es aber bereits im Dezember 1945 nach Arolsen (Lkr. Waldeck-Frankenberg, Hessen) bei Kassel. Zum ersten Deutschland-Direktor wurde Sir >> (1894-1967) ernannt. Dem Hauptquartier unterstanden drei Zonenzentralen: München-Pasing für die US-Zone, Haslach (Ortenaukreis, Baden-Württemberg) für die französische Zone und Lemgo (Kreis Lippe, Nordrhein-Westfalen) für die britische Zone. Die Zentrale in Pasing, die von John H. Whiting geleitet wurde, betreute vier Distrikte: Stuttgart, Wiesbaden, und München. Eines der Münchner UNRRA-Teams (Team 108) ließ sich im August 1945 im Deutschen Museum nieder und gab den "DP-Express" heraus - eine Zeitung, in der Artikel in den verschiedensten Sprachen erschienen. Am 11. April 1946 eröffnete das Team dort ein eigenes Café für die DPs.

Aufgaben und Tätigkeitsfelder

Die UNRRA übernahm die Versorgung der Displaced Persons mit Nahrungsmitteln, Kleidung, Kraftstoff und Medikamenten aus den Beständen der Besatzungsbehörden, leistete Hilfe bei der Einrichtung von DP-Lagern, bei der statistischen Erfassung, der Seuchenprävention, den Gesundheitsprogrammen, bei Wohlfahrtsangelegenheiten und bei der Berufsausbildung. Ferner war die UNRRA bei der Repatriierung von Personen in ihre Heimatländer behilflich und richtete einen Suchdienst ein, den bis heute in Arolsen bestehenden International Tracing Service (ITS). Vor allem förderten die UNRRA-Mitarbeiter die "Hilfe zur Selbsthilfe". Seit 15. November 1945 oblag der UNRRA die Verwaltung der DP-Lager in der amerikanischen Besatzungszone; Anfang März 1947 wurde ihr auch diejenige der britischen Besatzungszone übertragen. Explizit ausgenommen von den Hilfsprogrammen waren die deutsche Bevölkerung bzw. Flüchtlinge, die nicht unter DP-Status fielen. Etwa die Hälfte der Kosten des UNRRA-Programms trugen die Vereinigten Staaten.

Die UNRRA-Universität in München

Am 16. Februar 1946 eröffnete die UNRRA eine eigene Universität in den beschlagnahmten Museums- und Bibliotheksräumen sowie im Kongresssaal des Deutschen Museums in München, wo die US-Militärbehörden bereits kurz nach Kriegsende ein Durchgangslager für Displaced Persons, das "Transient and Information Center", eingerichtet hatten. Einzelne Hochschulkurse und Vorträge wurden bereits seit September 1945 angeboten; daraus entwickelte sich schließlich die Idee, eine Hochschule einzurichten, die im Februar 1946 ihre Arbeit aufnahm. Direktorin wurde die polnisch-amerikanische UNRRA-Sozialarbeiterin Halina G. Gaszynska. Anlässlich der offiziellen Eröffnung der Universität am 16. Februar 1946 im Münchner Bürgerbräukeller betonte der Kommandierende General der 3. US-amerikanischen Armee >> (1895-1965), dass die neue Einrichtung die enge Beziehung zwischen den alliierten Befreiern und den Opfern der NS-Tyrannei symbolisiere. Bis zu 2.000 Studenten aus 30 Nationen (die größte Gruppe aus der Ukraine) wurden in der Hochphase des Universitätsbetriebs (Sommer 1946) von etwa 150 Professoren und Dozenten vorwiegend in englischer Sprache in Maschinenbau, Bauwesen und Architektur, Natur- und Wirtschaftswissenschaften, Mathematik, Veterinärmedizin und Rechtswissenschaften unterrichtet. Zusätzlich wurde ein Abiturkurs angeboten, der es jenen DPs, die durch die Kriegsfolgen keinen Schulabschluss erlangen konnten, ermöglichte, die Zulassungsvoraussetzungen für ein Studium zu erfüllen. Das Examen an der Universität berechtigte zu einem weiterführenden Hochschulstudium. Finanziert wurde der Lehrbetrieb zum größten Teil aus Mitteln der UNRRA (Verwaltung, Unterbringung und Verpflegung der Lehrenden und Studenten). Sofern studierende DPs privat untergebracht waren, musste die Stadt München einen Teil der Mietkosten übernehmen. Das Lehrpersonal erhielt Zuwendungen aus Hörergeldern und Spenden von Studenten. Weitere Personalkosten sollte eigentlich die Stadt München tragen, kam dieser Aufforderung aber nur sehr unzureichend nach.

Am 31. Mai 1947 wurde der Lehrbetrieb endgültig eingestellt; die Studenten wurden auf bayerische Universitäten verteilt. Ein Antrag der Universitätsleitung und der Studenten, die UNRRA-Hochschule zu einer internationalen Universität umzufunktionieren, war gescheitert. Die Schließung war erforderlich geworden, weil die UNRRA seit Ende 1946 damit begonnen hatte, ihr Personal drastisch zu reduzieren, und am 30. Juni 1947 ihre Arbeit in Deutschland beendete. Die Nachfolgeorganisation, die International Refugee Organization (IRO), konnte nicht sofort tätig werden; sie übernahm erst im Juli 1947 die Aufgaben der UNRRA, führte aber die Universität nicht weiter.

Bayerische Staatsbibliothek