Nürnberg (?), Stadtplan von Jerusalem, um 1475–1500

Bayerische Staatsbibliothek

Beschreibung

Der skizzenhafte Stadtplan von Jerusalem, wohl in das letzte Viertel des 15. Jahrhunderts zu datieren, zeigt die Heilige Stadt aus der Vogelperspektive. Der Blick ist von Osten nach Westen gerichtet, als ob man die Stadt vom Ölberg aus betrachten würde. Unten liegt das Goldene Tor, durch das Christus am Palmsonntag in die Stadt einzog, dahinter der Tempelberg mit dem "templum Salomonis", der heutigen Al-Aqsa-Moschee. Am anderen Ende der Stadt ragt die Grabeskirche auf. Kleine Figuren beleben das Bild: eine Gruppe von Pilgern mit Wanderstöcken, hier und dort Einheimische, und unterhalb der Grabeskirche Christus, der unter dem Gewicht des Kreuzes zu Boden gesunken ist. Auffällig ist die kuriose Vermischung von Italienisch und Latein in den Legenden. Auch Grammatikfehler und Auslassungen von Wörtern lassen vermuten, dass der Zeichner von einer Vorlage kopierte, aber selbst der lateinischen Sprache nicht mächtig war. Laut einer alten Notiz auf der Rückseite stammt die Skizze von Sebald Rieter, Mitbruder von Hans VI. Tucher (1428-1491) auf seiner berühmt gewordenen Pilgerreise ins Heilige Land. Einiges spräche dafür, z. B. die übereinstimmenden Angaben zu den Hl. Stätten und architektonischen Details entlang der Via Dolorosa im Stadtplan wie in den erhaltenen Reiseberichten beider Pilger, nur die Schreiberhand gehört nicht zu Rieter. Unstrittig ist aber die Bedeutung der Zeichnung als eine der frühesten Darstellungen, die Jerusalem in seinen Grundzügen wirklichkeitsnah abbildet. Datum: 2019

Autor

Randall Herz

Rechtehinweis Beschreibung

CC0