De temporum ratione. Mit Kommentar und Glossen - BSB Clm 18158

Bayerische Staatsbibliothek

Beschreibung

Diese Tegernseer Handschrift enthält Federzeichnungen aus dem 11. Jahrhundert, die Monstren darstellen. Jedes der Wesen ist aus Körperteilen verschiedener Tiere zusammengesetzt. Die obere Kreatur hat einen Vogelkopf mit Eselsohren, einen Drachenschwanz, der in einem Pfauenrad endet, einen Flügel mit menschlichem Unterarm und ein Bein mit Huf. Das untere Monstrum trägt auf einem Hundekopf ein Hirschgeweih; seine Menschenarme halten eine Keule und seine Tierbeine sind mit Krallen oder Hufen bewehrt. Die begleitenden Verse und Beischriften erklären diese rätselhaften Darstellungen, indem sie die einzelnen Körperteile als Sinnbilder negativer menschlicher Verhaltensweisen und Eigenschaften interpretieren. So steht der Vogelschnabel gemäß der mittelalterlichen Tiersymbolik für die Geschwätzigkeit; das Hirschgeweih bedeutet Arroganz. Schwer verständlich sind die jeweils dreizeiligen Verse über jeder Zeichnung. In ihnen sind lateinische Wörter unverbunden aneinandergereiht, um Hexameter zu bilden. Der Sinn dieser so genannten versus rapportati wird nur klar, wenn man die Wörter nicht horizontal von links nach rechts, sondern vertikal von oben nach unten liest. Dann ergeben die jeweils untereinander platzierten Wörter einen sinnvollen Satz: "latrans dente mordeo" heißt soviel wie "als bellender [Hund] beiße ich mit dem Zahn", bezieht sich also auf den Hundekopf, der als Allegorie für schlechte Prediger oder Lehrer gedeutet wird. Die Verse und Bilder dienten wohl didaktischen Zwecken im mittelalterlichen Schulunterricht. Datum: 2016

Autor

Bettina Wagner

Rechtehinweis Beschreibung

CC0