Evangelien in ungarischer Sprache: Quatuor evangelia linguâ Hungaricâ - BSB Cod.hung. 1

Bayerische Staatsbibliothek

Beschreibung

Der 'Münchner Kodex' - wie diese Handschrift gern genannt wird - ist eine der bedeutendsten frühen ungarischen Handschriften und enthält zwei selbständige Einheiten: ein Kalender (auf Pergament) sowie die älteste ungarische Evangelienübersetzung (auf Papier). Letztere ist Teil der um 1436/1439 entstandenen ungarischen Bibelübersetzung, der sogenannten 'Hussitenbibel'. Als Übersetzer gelten Tamás Pécsi (Thomas de Quinque Ecclesiis) und Bálint Újlaki (Valentinus de Ilok) die um 1400 als Studenten in Prag (Böhmen) mit den Lehren des Jan Hus (ca. 1369-1415) in Berührung gekommen waren. Ihre Übersetzung entstand im Exil in Syrmien (Fürstentum Moldau). Von der Hussitenbibel sind lediglich drei Teilstücke bekannt: neben dem Münchner Kodex gibt es den Wiener Kodex in Budapest mit Exzerpten aus dem Alten Testament sowie den Apor-Kodex in Sfântu Gheorghe (Rumänien) mit der Übersetzung der 150 Psalmen. Die Münchner Abschrift wurde laut Kolophon 1466 von György Németi in Târgu Trotus (Moldawien) gefertigt. Sie besteht aus 125 Blättern, die Anfangsseiten der Evangelien sind mit Zierinitialen sowie den Text umfassenden stilisierten Blatt- und Blütenranken geschmückt. Berühmt ist der Codex für seinen Text, aber auch als Sprachdenkmal: Pécsi and Újlaki verwendeten für die Darstellung spezieller Laute erstmals diakritische Zeichen nach Jan Hus. Es ist nicht bekannt, wo sich der Kodex nach seiner Vollendung befand. Anfang der 1550er Jahre gelangte er in den Besitz von Johann Albrecht Widmanstetter (um 1506-1557), der zu dieser Zeit als Kanzler am Wiener Hof von Tamás Nádasdy, dem Stellvertreter des ungarischen Königs, tätig war. Mit Widmannstetters Bibliothek kam der Kodex 1558 in die Münchner Hofbibliothek, die Vorläuferin der heutigen Bayerischen Staatsbibliothek. Datum: 2019

Autor

Bayerische Staatsbibliothek, Abteilung für Handschriften und Alte Drucke

Rechtehinweis Beschreibung

CC0