Autorenporträt zu Sibylla Schuster

Beschreibung

Sibylla Schuster wird 1639 als Tochter eines Goldschmieds und Siegelschneiders in Memmingen geboren. Sie ist das erste von insgesamt elf Kindern. Die Bibliothek des Großvaters wird ihr zum Hort des Geistes und des Glaubens: Anstatt sich mit ihren Altersgenossen abzugeben, interessiert sich Sibylla lieber für die Bibel und (andere erbauliche) barocke Werke: die Tragödien des Daniel Caspar von Lohenstein, die Dichtungen von Andreas Gryphius, Martin Opitz, >> , Simon Dach und Christian Hofmann von Hofmannswaldau. Ihren Lehrern fällt sie durch ihr „vortreffliches Gedächtnis“ und ihren „tiefsinnigen Verstand“ auf.

Nach dem Tod der Mutter lebt Sibylla zwölf Jahre lang bei ihrer Tante und zieht danach zu ihrer inzwischen verwitweten Cousine, bei der sie sich mit Silber- und Seidenstickerei, Teppichnähen und weiteren Kunstfertigkeiten auszeichnet (vgl. die rühmenden Worte in ihrer Leichenpredigt sowie >> s Cypressen-Kranz). 1678 heiratet sie den Sohn des Memminger Stadtpfarrers Michael Schuster. Das Ehepaar hat zwei Kinder.

Beide ziehen ins oettingische Heroldingen, wo ihr Mann eine Stelle als Pfarrer antritt. Die gemeinsame Neigung zur Dichtkunst wird für das Ehepaar von nun an bestimmend: Geistig-kulturelle Orientierung bieten ihm dabei die „Oettinger Blumengenossen“ am Hofe von Fürst Albrecht Ernst I. zu Oettingen-Oettingen, ein Zirkel aus hauptsächlich reformierten Geistlichen und Lehrern, der, angelehnt an die Nürnberger Pegnitzschäfer, die Pflege der Dichtung zum Mittelpunkt hat.

Mit nur 46 Jahren stirbt Sibylla Schuster nach langer Krankheit. Michael Schuster verarbeitet ihren Tod in dem Langgedicht Unauslöschlicher Liebes-Glanz und unverwelklicher Cypressen-Kranz zu unsterblichen Ehren seiner getreuen Gehülffin S.S. bey dero Grabstatt aufgehengt – bereits 1668 hat er ihr sein Mischspiel Bestraffte Verleumdung und Belohnte Gottesfurcht gewidmet.

Aus ihrem Nachlass veröffentlicht er zudem Sibyllas Trauerspiel Verkehrter, Bekehrter und wider bethörter Ophiletes. Der hierzu entworfene Anhang enthält die offizielle Leichenpredigt, Trauergedichte von Freunden und Verwandten, aber auch Schusters eigenes Gedicht zu Ehren seiner „getreuen Gehülffin“. Das Werk, dem laut Verfasserin eine wahre Geschichte aus Memmingen zugrunde liegt, schildert das Schicksal eines Menschen, der sich mit seinem Blut dem Teufel verschreibt, nach Ablauf von zwanzig Jahren jedoch mit geistlicher Hilfe von dessen Gewalt wieder befreit wird.

Bayerische Staatsbibliothek