Konsoltisch (von zweien) in der Residenz München, Reiche Zimmer, Konferenzzimmer, R.59

Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen

Beschreibung

Der Konsoltisch ist mit einer recht materialdominanten Zarge und einem ebensolchen Steg ausgestattet. Trotzdem wirkt er nicht massiv. Denn die Akanthusranken, die sich entlang des Zargenbogens auffächern, sind mit diesem nur an einzelnen Punkten verbunden, sodass sich eine gewisse Luftigkeit ergibt. Auch das reliefartige, dadurch lebendige Diamantschnittmuster aus senkrecht gestellten Rhomben an der Zarge unterstützt diese Optik, so wie das Gittermuster des Steges, das sich über Akanthusranken mit den Blüten aus beiden Füllhörnern und den Blumengirlanden wellenförmig verbindet. Der Eindruck der „Entmaterialisierung“ wird ebenfalls durch die über Eck gestellten Beine ausgelöst, denn an der Stelle, wo der markante Frauenkopf mit modischem Spitzenkragen und Lorbeerkranz dem Schwung des Tischbeines zu entwachsen scheint, verjüngt sich die Zarge und verliert dadurch an Massivität und Dominanz.

Das Detail zeigt einen vollplastischen Frauenkopf, der gleichzeitig die Ecke der Zarge und das obere Ende des geschwungenen Tischbeines darstellt. Sein modischer Spitzenkragen hat zwei Funktionen: er gilt einerseits als Ornamentabschluss des Tischbeines, von dem sich bis zum Knie Blüten winden. Belegt man ihn andererseits mit Inhalt, bedeutet er Zierrat einer höfischen Dame.

Soll man den leeren Blick der Dame mit dem leicht süffisanten Lächeln mehr der ornamentalen oder mehr der inhaltlichen Ebene zuordnen? Jedenfalls kann man dem Team Cuvilliés/Miroffsky eine ordentliche Portion Witz zuschreiben, vielleicht auch Kritikfähigkeit gegenüber der absolutistischen Hofgesellschaft. Auffallend ist jedenfalls, dass der auswegslose Zustand, wie die Dame im Tischbein fest zu stecken scheint, nur durch den höfischen Kragen kaschiert wird.

Autor

Sabine Seibert

Rechtehinweis Beschreibung

CC BY-SA 4.0